DFB-Urteil:Ein bisschen Kollektivstrafe

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Fans von Borusia Dortmund. (Foto: Martin Meissner/AP)
  • Das DFB-Sportgericht hat Borussia Dortmund wegen eines Plakates gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp zu 50 000 Euro Geldstrafe verurteilt.
  • Zudem verhängte das Gericht eine Strafe auf Bewährung gegen die BVB-Fans.
  • Sollte sich so ein Vorfall wiederholen, muss Dortmund bis 2022 in Sinsheim auf eigene Fans verzichten.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Kurz bevor sich das dreiköpfige Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zur finalen Beratung der delikaten Dortmunder Angelegenheit zurückzog, sah sich der Vorsitzende Hans E. Lorenz noch zu einem Beitrag in eigener Sache veranlasst. "Ich habe irgendwo gelesen, die Sportgerichtsbarkeit sei ein zahnloser Tiger", teilte er mit. Er sieht die Sache hingegen so: "Wir haben Zähne, wir beißen halt nur nicht immer zu."

Am Freitagnachmittag hat es jedenfalls nicht richtig zugebissen. Es verurteilte Borussia Dortmund wegen der Beleidigungen gegen Hoffenheims Klub-Mäzen Dietmar Hopp zu einem Zuschauer-Auswärtsbann auf Bewährung. Falls es erneut zu solchen Schmähungen kommt, bleibt der BVB-Gästeblock in den kommenden drei Jahren bei allen Pflichtspielen bei der TSG Hoffenheim gesperrt. Außerdem muss der Verein 50 000 Euro Geldstrafe bezahlen und sind Banner sowie größere Fahnen in den nächsten drei Jahren bei allen Spielen gegen die TSG verboten. "Wir waren bemüht, ein Urteil zu finden, das sehr spezifisch auf die Situation bei Spielen von Hoffenheim gegen Dortmund abzielt", sagte Lorenz.

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Laut eines Berichts des Magazins "Der Spiegel" soll bald eine bindende Absichtserklärung unterzeichnet werden. Der FC Bayern soll einen Ausstieg aus der Bundesliga geprüft haben.

In der Partie zwischen Hoffenheim und Dortmund am 22. September hatten die Zuschauer im Gästeblock ein zehn mal zehn Meter großes Banner hochgehalten, auf dem Hopp in einem roten Fadenkreuz ("Hasta la vista, Hopp") zu sehen war. Außerdem gab es drei weitere beleidigende Spruchbänder und Schmähgesänge. Die konkreten Täter konnte Dortmund bisher nicht ausfindig machen, ebenso wenig eine Erklärung vorlegen, wie das Banner ins Stadion kam. Der Klub sprach davon, dass etwa 80 Personen an diesem "schändlichen Verhalten" beteiligt gewesen seien, insgesamt waren zirka 2800 BVB-Fans im Block.

Der BVB wollte sich zu dem Urteil zunächst nicht äußern. Laut TSG-Geschäftsführer Frank Briel bleibe die Frage, ob die Sanktionen "von den betroffenen Gruppen tatsächlich als Zeichen angesehen werden, diese wiederholten Schmähungen in Wort und Bild zu unterlassen".

Das Urteil ist freilich nicht nur für die beiden Klubs bedeutsam, sondern auch für die Positionierung der Sportgerichtsbarkeit generell. Denn es berührt die Debatte um die umstrittene "Kollektivstrafe". In den vergangenen Jahren war es häufiger vorgekommen, dass es bei Fehlverhalten einzelner Zuschauer zu Sperrungen eines ganzen Blockes kam. Im August 2017 empfahl ob des anhaltenden Konfliktes mit den Fans jedoch DFB-Präsident Reinhard Grindel dem Sportgericht, die Kollektivstrafe auszusetzen. Man habe das unterstützt, aber man habe nicht feststellen können, dass dies zur Beruhigung gedient habe, sagte Lorenz.

In der Tat wird sich die Sportgerichtsbarkeit bald mit weiteren Vorfällen beschäftigen, in denen es um gravierendes Fehlverhalten von Zuschauern geht. Das betrifft etwa das Bundesligaspiel zwischen Dortmund und Hertha BSC oder die Pokalpartie zwischen Wehen und Hamburg. Lorenz versuchte sich zwar an einer Erklärung, dass das Urteil keine Rückkehr zur Kollektivstrafe sei. "Wir haben den Teil-Ausschluss nicht verhängt. Die Fans von Dortmund haben jetzt die Möglichkeit, sich selber auszuschließen", sagte er. Aber das Urteil ist doch ein Fingerzeig. Der DFB-Vorstand will sich am 7. Dezember mit dem Thema befassen.

Zudem plädierte Lorenz für eine andere Form der Sanktion. So sollen Schiedsrichter bei beleidigenden Bannern oder Gesängen schneller ein Spiel abbrechen. "Ich bin sicher, wenn das zwei, drei Mal passiert ist, wird das die gewaltbereiten Fans eher disziplinieren als wir das tun können."

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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