Flughafen München:"Natürlich enttäuschend für uns in der Region"

Dritte Startbahn München

Nun ist die dritte Startbahn für weitere fünf Jahre auf Eis gelegt.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Viele haben darauf gebaut, dass mit der Regierungsbeteiligung der Freien Wähler die Pläne für die dritte Startbahn endgültig beerdigt werden. Das Moratorium empfinden sie als Betrug.

Von Gudrun Regelein, Petra Schnirch und Alexandra Vettori, Freising

Die dritte Startbahn liegt die nächsten fünf Jahre auf Eis, das ist das Ergebnis der Koalitionsvereinbarung zwischen CSU und Freien Wählern. Was danach passiert, weiß niemand. Immerhin sollen bis 2023 auch keine weiteren Planungen stattfinden und die Flughafengesellschaft darf keine weiteren Grundstücke für das Großprojekt kaufen. In der Flughafenregion überwiegt dennoch die Enttäuschung.

Die Ersten, die deutliche Worte fanden, waren am späten Sonntagnachmittag die Mitglieder des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt". Sprecherin Helga Stieglmeier: "Wir hatten große Hoffnung und Vertrauen, dass bei einer Regierungsbeteiligung der Freien Wähler das Thema dritte Startbahn endgültig beerdigt wird." Dass nur ein Moratorium ausgehandelt wurde, sei für sie eine Enttäuschung - und Betrug am Wähler. "Im Wahlkampf ist das von den Freien Wählern noch anders versprochen worden - wir haben sie auch deshalb unterstützt. Ich habe mir mehr erwartet", so Stieglmeier. Für die betroffenen Bewohner gebe es weiterhin keinerlei Sicherheit, die Zitterpartie dauere an. "Aufgemuckt" aber werde bestehen bleiben: "Der Kampf gegen die dritte Startbahn geht weiter."

Mit dem Moratorium nicht zufrieden ist auch der Freisinger Landrat Josef Hauner (CSU): "Ich hätte mir gewünscht, dass sich das Thema dritte Startbahn endgültig erledigt. Darum bin ich enttäuscht von der Vereinbarung." Es sei die Chance vertan worden, ein deutliches Zeichen gegen Flächenversiegelung und für Klimaschutz zu setzen. Hauner hatte zuletzt innerhalb der Partei noch dafür geworben, ganz auf eine dritte Piste im Erdinger Moos zu verzichten. Den Menschen vor Ort, die schon jetzt massiv betroffen seien und seit dem Jahr 2005 nicht wüssten, wie es weitergeht, sei es nicht zuzumuten, weiterhin keine Gewissheit zu haben. Das gelte auch für die umliegenden Kommunen, deren Planungen zur Weiterentwicklung eingeschränkt seien. "Es war offenbar nicht möglich, die beste Lösung für unsere Region zu erreichen. Das müssen wir akzeptieren. Doch das ist nicht das, was der Freisinger Kreistag einfordert", so Hauner. Kreistag und Landrat des Landkreises Freising stehen weiter zu den bestehenden Beschlüssen zur Ablehnung einer dritten Startbahn. Das vertiefte bayerische Flughafenkonzept, das laut Koalitionsvertrag erarbeitet werden soll, begrüßt der Landrat ausdrücklich, denn ein abgestimmtes Handeln der Flughäfen in Bayern mache eine dritte Startbahn am Münchner Airport überflüssig.

Unter dem Strich ein positives Ergebnis für die Region sieht dagegen Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU), der mit am Verhandlungstisch saß. Es sei nun klar, dass in den nächsten Jahren nicht gebaut werde und die Planungen nicht weiter vorangetrieben würden. Und Herrmann glaubt, dass eine Realisierung des Projekts auch über die fünf Jahre hinaus "sehr unwahrscheinlich ist". Er verweist dabei auf das geplante gesamtbayerische Flughafenkonzept und weitere Untersuchungen zu den Belastungen durch den Flughafen. Auch die Position der Landeshauptstadt, einer der drei Gesellschafter der Flughafengesellschaft, dürfte sich nicht ändern. Inwieweit er in den Gesprächen selbst gegen die Startbahn Position bezogen hat, dazu will sich Herrmann nicht äußern. Über die Verhandlungen sei Stillschweigen vereinbart worden. Nur so viel sagt er noch: Er habe sich "im Sinne der Region" eingebracht.

"Wir hatten gehofft, dass jetzt das endgültige Aus kommt"

"Natürlich enttäuschend für uns in der Region", nennt dagegen auch Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte) den Inhalt der Koalitionsvereinbarung zur dritten Startbahn. "Wir hatten gehofft, dass jetzt das endgültige Aus kommt. Es ist besonders enttäuschend, weil im Vorfeld suggeriert wurde, dass das möglich ist." Er empfinde es darüber hinaus als ungut, "dass eigentlich schon nach der ersten Verhandlungsrunde fest stand, dass es auf ein Moratorium hinaus läuft. Da hat man irgendwie das Gefühl, dass nicht wirklich darum gerungen wurde." Eschenbacher hofft jetzt, dass die dritte Startbahn wenigstens aus dem Landesentwicklungsprogramm gestrichen wird. Das sei zwar nicht so verbindlich, "aber es wäre ein Zeichen über das Moratorium hinaus."

Mehr erhofft hatte sich auch der Bürgerverein Freising. Vorsitzender Reinhard Kendlbacher spricht ebenfalls von einer "großen Enttäuschung". Damit müsse man jetzt leben, immerhin "haben wir jetzt fünf Jahre Pause". Zurücklehnen will sich der Bürgerverein in dieser Zeit nicht. Im Gegenteil: Die Infopolitik zum Thema Ultrafeinstaub-Belastung und zur fehlenden Notwendigkeit einer dritten Startbahn soll laut Kendlbacher weiter intensiviert werden. Hoffnung setzt er nun darauf, dass der neue Umweltminister aus den Reihen der Freien Wähler kommen soll. "Die CSU hat sich mit unserem Problem gar nicht auseinandergesetzt."

Das eigentliche Ziel sei nicht erreicht worden, bilanziert Manfred Pointner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Erding-Nord, Freising und Umgebung sowie ehemaliger FW-Landtagsabgeordneter. Koalitionen müssten aber immer Kompromisse schließen. Fünf Jahre lang dürfe nun in Sachen Startbahn überhaupt nichts gemacht werden. Mit einer entsprechenden Koalition würde sich daran auch in der folgenden Legislaturperiode nichts ändern. "Irgendwann wird die CSU dann vielleicht aufgeben", hofft er.

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