Eklat auf Trump-Pressekonferenz:"Es reicht!" - "Hinsetzen!" - "Mikro weg!"

Lesezeit: 3 min

US-Präsident Trump müsste nach seinem "historischen Wahlsieg" eigentlich bei bester Laune sein. Stattdessen beschimpft er einen CNN-Reporter.

Von Thorsten Denkler, Washington

Donald Trump hätte eigentlich mit bester Laune in seine Pressekonferenz am Tag nach den Midterms gehen können. Er hat schließlich am Dienstag einen - in seinen Augen - historischen Wahlsieg eingefahren. Und außerdem, das kam eine Stunde nach der Pressekonferenz heraus, hat der von ihm hochverachtete Justizminister Jeff Sessions hingeschmissen. Der Mann also, den Trump im Kern dafür verantwortlich macht, dass im Mai 2017 ein Sonderermittler die Untersuchungen in der Russland-Affäre weiterführte. Obwohl er doch zuvor FBI-Chef James Comey gefeuert hatte.

Umso erstaunlicher also, wie schlecht gelaunt Trump am Mittwoch vor die Presse trat. Zumindest gemessen an seiner Interpretation der Wahlergebnisse vom Dienstag müsste dies ein Jubeltag sein. Die Midterms hätten ihm einen klaren und "fast" vollständigen Sieg beschert, sagt der Präsident. Für den natürlich er die Hauptverantwortung trägt.

Nach Zwischenwahl
:US-Justizminister Sessions tritt zurück

Der oberste Chefankläger verlässt auf Bitten von Trump seinen Posten in der Regierung. Er war schon vor längerer Zeit bei dem US-Präsidenten in Ungnade gefallen.

Die Daten sehen etwas anders aus: Im Senat haben die Republikaner eine Handvoll Sitze hinzugewonnen. Das Repräsentantenhaus aber haben die Demokraten zurückerobert. Noch ist nicht alles ausgezählt, aber die Demokraten werden den Republikanern wohl deutlich mehr als 30 Sitze abnehmen. 23 wären nötig gewesen, um die Mehrheit zu erlangen.

Den Verlust des Repräsentantenhauses verkauft Trump als Sieg

Trump aber sagt, sein Vorgänger Barack Obama hätte noch viel schlimmer verloren in seinen ersten Zwischenwahlen. Und im Senat hätten noch nie so viele Republikaner gesessen. Seit vielen Jahren hätten die Republikaner nicht mehr so viele Sitze im Senat hinzugewonnen. Außerdem hätten die Republikaner wichtige Gouverneurswahlen gewonnen. In Texas zum Beispiel oder in Georgia.

Was Trump vergisst zu erwähnen: Die Tatsache allein, dass diese Rennen in den republikanischen Hochburgen Texas und Georgia so knapp waren, ist schon ein Riesenerfolg für die Demokraten.

Und den Verlust des Repräsentantenhauses kann er ja schwerlich als Sieg verkaufen, oder? Doch, er kann. Zum einen, indem er Verantwortung für die Niederlage im Repräsentantenhaus weit von sich weist. Schuld hätten all jene republikanische Kandidaten, die ihre Wahlkreise nicht gewinnen konnten, weil diese angeblich nicht hinter ihm oder seiner Agenda gestanden hätten. Wer es vorgezogen hat, sich zu distanzieren, der hat verloren, sagt Trump. Er nennt sogar einige beim Namen. In der Trump-Partei wirkt das wie ein Bannstrahl.

Außerdem will er der Öffentlichkeit weismachen, dass für ihn das Regieren leichter werden könnte, weil er mit den Demokraten jetzt ordentlich verhandeln kann. Er sieht allerdings immer noch nicht so aus, als wäre er darüber wirklich glücklich.

Trumps Problem ist nämlich, dass er, wenn er auf Gesetzesebene überhaupt noch etwas erreichen will, künftig mit den Demokraten zusammenarbeiten muss. Wie wenig Lust er darauf hat, davon zeugt das vergiftete Lob, das er für Nancy Pelosi übrig hat - die Führerin der Demokraten im Repräsentantenhaus. Im Wahlkampf war sie eine seiner wichtigsten Zielscheiben. Wer Demokraten wählt, bekommt Pelosi, war seine Botschaft, als wäre sie der Antichrist in Person. Und jetzt verkündet Trump, gerne mit Pelosi zusammenarbeiten zu wollen, als hätte er einen Sack Kreide gefressen.

Einen CNN-Reporter greift Trump persönlich an

Seinen ganzen Unmut lässt er dann an Jim Acosta aus, CNN-Korrespondent im Weißen Haus. Die beiden mögen sich kein bisschen. Acosta versucht das stets professionell zu verbergen. Trump nie.

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Acosta hat seine Frage noch gar nicht gestellt, da unterbricht ihn der US-Präsident schon mit grimmiger Miene. Es geht um den Flüchtlingszug von mehreren Tausend Menschen aus Südamerika, die gerade auf dem Weg zur US-Grenze sind, und die Trump als "Invasion" bezeichnet hatte. Es geht um die Frage, ob der US-Präsident diese Menschen zu Wahlkampfzwecken dämonisiert. "Ganz ehrlich, Sie sollten mich das Land führen lassen. Und Sie sollten CNN führen. Wenn Sie das gut machen würden, wären Ihre Einschaltquoten besser."

"Es reicht! Es reicht!"

Als Acosta noch eine Frage loswerden will, fährt Trump ihn an: "Es reicht! Es reicht! Legen Sie das Mikrofon weg!" Acosta fragt doch noch nach den Russland-Ermittlungen. Trump hat genug, er verlässt das Pult, tritt ein paar Schritte zu Seite, wie ein Bulle, der noch kurz durchschnauben muss, bevor er auf den Torero zu rennt. Acosta wird das Mikro abgenommen, der Journalist setzt sich kopfschüttelnd.

So feiert der US-Präsident den in seinen Augen größten Wahlsieg der Geschichte.

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