Umzugspläne:Richter richten offenen Protestbrief an Justizminister Bausback

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In dem Brief argumentieren die Richter vor allem mit der Bürgernähe. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Richter am Landgericht München I protestieren mit einem offenen Brief an Justizminister Winfried Bausback gegen den Umzug von 16 Zivilkammern nach Ramersdorf.
  • Von 209 Richtern des Landgerichts haben mehr als 160 den Brief unterschrieben.
  • Das Ministerium hatte die Umzugspläne bislang vor allem damit begründet, dass die Behörde selbst mehr Raum benötigt und auch das wieder errichtete Bayerische Oberste Landesgericht untergebracht werden muss.

Von Stephan Handel, München

Die Richter am Landgericht München I haben sich in der Diskussion um den Auszug ihrer Zivilkammern aus dem Justizpalast nach Ramersdorf mit einem offenen Brief an Justizminister Winfried Bausback (CSU) gewandt. In dem Brief, der am Mittwochabend an das Ministerium übergeben wurde, protestieren die Richter gegen den Umzug von 16 Zivilkammern und schlagen stattdessen vor, Teile des Ministeriums - das ebenfalls im Justizpalast sitzt - auszulagern.

Von 209 Richtern des Landgerichts haben mehr als 160 den Brief unterschrieben, darunter auch welche, die nicht am Stachus arbeiten, sondern am Lenbachplatz oder im Strafjustizzentrum an der Nymphenburger Straße. Auf einer eigenen Liste haben zudem mehr als 70 Richter des Oberlandesgerichts und des Amtsgerichts per Unterschrift ihre Solidarität mit den Kollegen im Justizpalast bekundet.

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In dem Brief argumentieren die Richter vor allem mit der Bürgernähe: "Wir am Landgericht", schreiben sie, "arbeiten, ob in den Sitzungen oder bei Mediationen, direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die bei uns Recht und Lösungen suchen. Diese Bürgernähe würden wir gerne erhalten." Sie zitieren unter anderem Andreas Voßkuhle, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts - er hatte Ende September beim Deutschen Juristentag in Leipzig gesagt, Gerichte "sprechen Recht vor Ort und müssen ebenda fest verankert sein". Nicht zitiert in dem Brief ist der darauf folgende Satz aus Voßkuhles Rede: "Justiz sollte sichtbar und präsent sein."

Das Ministerium hat die Umzugspläne bislang vor allem damit begründet, dass die Behörde selbst mehr Raum benötigt und auch das wieder errichtete Bayerische Oberste Landesgericht untergebracht werden muss - es arbeitet derzeit in einem Provisorium an der Schleißheimer Straße. In einem Schreiben an die Personalvertretung der Richter am Landgericht, den Richterrat, hat Minister Bausback unter dem Datum vom 2. November die Argumente für den Umzug dargelegt. Er verweist unter anderem darauf, dass das Landgericht selbst schon im Jahr 2016 zusätzlichen Platzbedarf angemeldet habe, 1700 Quadratmeter, von denen 1400 anerkannt worden seien. Pikant daran ist: 2016 war Hans-Joachim Heßler Präsident des Landgerichts, mittlerweile steht er dem Bayerischen Obersten vor, würde also in den Justizpalast zurückkehren, wenn die Pläne verwirklicht werden.

Bausback preist in seinem Brief den geplanten neuen Standort in höchsten Tönen, die Erreichbarkeit, die Ausstattung, das Umfeld - "so finden sich ausreichend Restaurants oder Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs in der Umgebung", heißt es da. Jedoch schreibt er auch, andere Modelle als der Umzug der Zivilkammern "waren und sind ebenfalls denkbar".

Eine letztgültige Entscheidung ist also noch nicht gefallen, zunächst haben Personalvertretungen und Verbände wie etwa der Anwaltsverein bis zum 23. November Gelegenheit zur Stellungnahme. Bausback sichert dem Richterrat in seinem Brief zudem zu, sie würden "in diesen Prozess weiterhin eng eingebunden werden". Das gilt allerdings offenbar nicht für kommende Woche: Am 13. November ist im Ministerium erneut ein Gespräch zu dem Thema angesetzt. Der Richterrat ist dazu nicht eingeladen.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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