Steinmeiers Revolution:Ein Lichtblick

Der Bundespräsident folgt der Wegweisung eines großen Vorgängers: Er holt die Revolution von 1918 ans Licht.

Von Heribert Prantl

Es war eine gute, eine kluge, eine exzellente Rede. Es war eine bewegende geschichtliche Stunde im Bundestag, auch eine Geschichtsstunde. Der Bundespräsident holte die deutsche Revolution von 1918 heraus aus der Abstellkammer der Demokratiegeschichte. Alle Abgeordneten - alle, auch die der AfD! - haben ihm stehend Beifall gezollt. Das war und ist nicht selbstverständlich, weil Steinmeier kein Blatt vor den Mund genommen hat, was die Lehren aus der Geschichte betrifft. Es war ein kleines Wunder. Dieses Wunder hat eine wunderbare Rede bewirkt.

Steinmeier hat angeknüpft an einen großen Vorgänger: Gustav Heinemann wollte schon vor bald vierzig Jahren die deutschen Freiheitsbewegungen "stärker als bisher im Bewusstsein unseres Volkes verankert wissen". Er sprach damals vom "ungehobenen Schatz in der Vergangenheit" und eröffnete 1974, vier Tage vor dem Ende seiner Amtszeit, in Rastatt die "Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte". Steinmeier folgt nun dieser Wegweisung. Er hat in seiner Rede das Fundament für die deutsche Demokratie neu gefestigt: stolz sein auf die Traditionen von Freiheit und Demokratie, ohne den Blick auf den Abgrund der Schoah zu verdrängen.

In den Jahren nach 1918 ist so vieles falsch gelaufen. Es darf nicht nochmals falsch laufen. Die Demokraten dürfen sich nie mehr einschüchtern lassen. Diese Botschaft, die Steinmeier-Botschaft des 9. November, trägt auch eine zweite Amtszeit.

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