CD:Gary Hoffman

Lesezeit: 1 min

Repro: SZ (Foto: Repro: SZ)

Von Harald Eggebrecht

Dass dieser grandiose Cellomeister nicht ständig bei allen hiesigen Philharmonien gastiert, nicht regelmäßig mit Solorecitals glänzt, bleibt eine unverzeihliche Unterlassungssünde von Orchesterintendanten und Veranstaltern. Wenigstens gehört Gary Hoffman zu den prägenden Lehrergestalten der hochrenommierten Kronberg Academy. Wer Hoffman noch nicht erlebt hat, weiß nicht, wie edel, farbenreich, ausdruckssatt, dabei unsentimental und prägnant ein Cello klingen kann, noch dazu jenes herrliche 1662 von Nicolo Amati gebaute Instrument, auf dem Hoffman spielt. Der 1956 in Vancouver geborene Cellist studierte bei Karl Fruh und János Starker, gewann 1986 den Rostropovitsch-Wettbewerb und wurde mit 22 jüngster Professor an der legendären Musikhochschule in Bloomington, Indiana. Heute lebt er in Paris, ist Professor an der Chapelle Musicale Reine Elisabeth in Brüssel und konzertiert rund um die Welt. Es gibt nicht viele CD-Aufnahmen dieses phänomenalen Virtuosen, dem es wohltuend fremd ist, mit Grimassieren, Hampeln, Wälzen und anderen Unarten vermeintliche Empfindungen publikumswirksam vorzugaukeln. Hoffman geht es um Musik, nicht um plakative Ich-Ausstellung.

Jetzt hat er zwei Stücke mit dem vorzüglichen Liège Royal Philharmonic Orchestra unter dem hellwachen Christian Arming eingespielt, deren Melancholien und Verzweiflungen oft zu ordinären Vibratoexzessen und ungehemmter Sentimentalität missbraucht werden: Ernest Blochs hebräische Rhapsodie "Schelomo" und Edward Elgars Cellokonzert (la dolce volta). Beide Werke entstanden unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs, Blochs "Schelomo" 1915/16, Elgars Konzert 1917/18. Hoffman vermag unvergleichlich nobel die herbe Bitternis und den ohnmächtigen Zorn des Predigers dem aufbrausenden Orchestervolk entgegenzustellen, ohne Hysterie und Weinerlichkeit. Elgars letztes Instrumentalwerk wird bei ihm zum schwermütigen Abschied von einer versunkenen Welt. Endlich einmal kann man hören, dass Schmerz, Wehmut und Trauer sich in Haltung, Kraft, Kontur und klarster Artikulation ausdrücken. Gerade durch diese Gefasstheit der Gefühle wirkt die Botschaft dieses Stückes unmittelbar.

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: