CDU:Das sind die Kandidaten für die Parteispitze

Kandidaten für den CDU Bundesvorsitz

Sie kandidieren für den CDU-Vorsitz (v.l.): Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn.

(Foto: dpa)

Auf acht Regionalkonferenzen stellen sich Merz, Kramp-Karrenbauer und Spahn im Rennen um den Parteivorsitz der CDU-Basis. Was unterscheidet sie? Wer hat warum gute Chancen? Ein Überblick.

Von Jana Anzlinger und Clara Lipkowski

In knapp drei Wochen wählen 1000 Delegierte auf dem Hamburger Parteitag der CDU die Nachfolge von Angela Merkel als Parteivorsitzende. Die prominentesten Kandidaten sind Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn. Sie stellen sich an diesem Donnerstag in Lübeck bei der ersten von acht Regionalkonferenzen der Parteibasis vor. Was sie unterscheidet und wer warum Chancen hat:

Friedrich Merz

Wer ist das? Merz ist ein alter Bekannter: Der heute 62-Jährige stand von 2000 bis 2002 an der Spitze der Bundestagsfraktion von CDU und CSU - bis Merkel ihn aus diesem Amt drängte. Die Steuererklärung auf dem Bierdeckel und die Debatte um den Begriff Leitkultur - dafür ist er vielen bis heute in Erinnerung. 2009 verkündete Merz, er werde eine "Polit-Pause" einlegen. Diese könnte bald zu Ende gehen.

Was macht der? Die Zeit nach seinem Rückzug aus der Politik hat Merz als Jurist und Finanzexperte in einer Kanzlei und als Berater verbracht und dabei enorm viel Geld verdient. Zur Zeit sitzt er in fünf Aufsichtsräten, unter anderem in dem der deutschen Abteilung der Bank HSBC. Seit Frühjahr 2016 leitet Merz den Aufsichtsrat der deutschen Abteilung des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock. Für den Fall, dass Merz Parteivorsitzender wird, hat er den Rückzug von diesen Posten angekündigt.

Wofür steht er? Zwar fremdelte er nach seinem Konflikt mit Merkel 2002 mit der CDU, doch sein Herz brennt bis heute für christdemokratische Werte. Zudem bezeichnet er sich selbst als "überzeugten Europäer und Transatlantiker". Merz gilt als wirtschaftsliberal und unternehmensfreundlich. In dieser Woche formulierte er den Anspruch, Wähler der AfD zur Union "zurückzuholen". Die AfD nannte er "offen nationalsozialistisch".

Warum kann er sich Chancen ausrechnen? Von früher haben ihn viele CDU-Mitglieder noch in guter Erinnerung. Nach knapp zehn Jahren Pause von der Politik sehen viele CDUler Merz als geeigneten Quereinsteiger, der frischen Wind in die von schlechten Wahlergebnissen und Koalitionsstreitereien gebeutelte Partei bringen könnte. In seiner Heimat, bei der Hochsauerland-CDU, wo er noch viele Freunde hat, stieß seine Kandidatur auf Zuspruch. Wegen seiner neoliberalen Einstellung ist er der Wunschkandidat vieler Wirtschaftsvertreter. Merz war zudem Mitglied im sogenannten Andenpakt, einem Bund männlicher CDU-Mitglieder, die sich gegenseitige Unterstützung zusicherten. Zwar ist der Pakt inzwischen wohl inaktiv, Freundschaften von früher könnten ihm nun aber wieder helfen.

Diskutiert wird zur Zeit, ob seine Tätigkeit bei Blackrock oder HSBC ihm zum Verhängnis werden können. Beide könnten am Fiskus vorbei Geschäfte gemacht haben. Dass Merz selbst mit illegalen Geschäften zu tun gehabt hat, gilt als unwahrscheinlich, dennoch könnten ihm Parteikollegen vorhalten, dass er eine Tätigkeit bei den Konzernen nicht ausschlug. Die Ermittlungen gegen die Unternehmen laufen.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Wer ist das? Schon auf der Sitzung des Vorstands, kurz nach Merkels Ankündigung, erklärte die 56-jährige Annegret Kramp-Karrenbauer, was alle schon geahnt hatten: Auch sie will kandidieren. Sie ist die Frau, die den Schulz-Zug gestoppt - oder zumindest den Bremsvorgang eingeleitet hat: Im Frühjahr 2017 gewann Kramp-Karrenbauer auf dem Höhepunkt der SPD-Euphorie um Kanzlerkandidat Martin Schulz die Landtagswahl im Saarland. Ein paar Monate später trat sie das erkämpfte Amt wieder ab und wechselte nach Berlin. Hier gehört "AKK" zur engsten Führungsriege um Merkel.

Was macht die? Seit Februar 2018 ist Kramp-Karrenbauer CDU-Generalsekretärin. Sie hatte die Berliner Luft 1998 schon einmal geschnuppert, als sie für wenige Monate im Bundestag saß. Von 1999 bis 2018 saß die Politikwissenschaftlerin und Juristin im saarländischen Landtag - von 2000 bis 2011 als Ministerin in verschiedenen Ressorts (Inneres, Bildung, Soziales) und dann fast sieben Jahre lang als saarländische Regierungschefin.

Wofür steht sie? Die erst zweite CDU-Generalsekretärin überhaupt setzt sich schon lange für die Frauenquote ein. Allgemein steht sie in der Sozialpolitik eher am linken Rand ihrer Partei. Mehrfach hat die 56-Jährige schon CSU-Chef Horst Seehofer brüskiert, etwa als sie sagte, dass "die Muslime in Deutschland mit ihrem Glauben, dem Islam, zu unserem Land gehören". Im Asylstreit hat sie an CDU-Mitglieder einen Brief geschrieben, der Seehofer übel aufstieß. Darin warnte sie, der Plan der CSU zur Zurückweisung von Flüchtlingen direkt an der Grenze berge die Gefahr, "Europa weiter zu spalten und zu schwächen". In Sachen EU hat sie sich inzwischen für eine europäische Armee ausgesprochen und will dafür notfalls auch den Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze zurückfahren.

Warum kann sie sich Chancen ausrechnen? Auch wenn Angela Merkel offen keine Präferenz für einen Kandidaten zugibt - dass sie Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin nach Berlin holte, haben viele bereits als Nachfolgevorbereitung verstanden. Zudem hat Kramp-Karrenbauer den CDU-Landesverband im Saarland sicher auf ihrer Seite. In ihrer Heimat ist "AKK" äußerst beliebt. Allerdings entsendet das Saarland gerade einmal 34 der 1000 Delegierten zum Bundesparteitag (Aus NRW, der Heimat von Merz und Spahn, kommen 259 Delegierte). Schwierig werden könnte für Kramp-Karrenbauer, dass sie für viele als Merkel-Vertraute nicht für den Neuanfang steht, den viele in der CDU herbeisehnen. Dennoch hat sie Beobachtern zufolge schon öffentlich Distanz zu Merkel aufgebaut, indem sie die vergangenen Monate unter ihrer Parteiführung als "bleierne Zeit" bezeichnete.

Jens Spahn

Wer ist das? Als dritter Kandidat für die Merkel-Nachfolge ist Spahn, 38, gleichzeitig auch "der größte Merkel-Kritiker", "umstrittener Star der Union", "innerparteilicher Oppositionsführer" - so oder ähnlich wird er gerne beschrieben. Tatsächlich bildet Spahn mit Agrarministerin Julia Klöckner und Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann eine Art Anti-Merkel-Troika. Spahn kommt aus dem Münsterland und kann sich dort treuer Gefolgschaft sicher sein: Die Mitglieder des Kreisverbands Borken wählten ihn einstimmig zum Kandidaten für den CDU-Vorsitz.

Was macht der? Spahn ist mit 22 Jahren als jüngster direkt gewählter Abgeordneter der Geschichte in den Bundestag eingezogen. 16 Jahre später ist er immer noch da und inzwischen Gesundheitsminister. Außerdem ist der gelernte Bankkaufmann und Politikwissenschaftler Mitglied des Parteivorstands.

Wofür steht er? Jens Spahn gehört zum konservativen Flügel und steht als offen schwul lebender Mann gleichzeitig für eine modernere Lebensweise bei den Christdemokraten. Mit Klöckner und Linnemann macht er Krach, wenn es um Flüchtlingspolitik und Muslime geht. Er befürwortet Fallpauschalen, mit denen Krankenhäuser Operationen und Untersuchungen wie Produkte abrechnen. Außerdem verteidigt er das Informationsverbot zu Abtreibungen. Für Empörung sorgte seine Aussage, Hartz IV bedeute keine Armut, sondern sei "die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut". Auch Spahn befürwortet eine europäische Armee und ist dafür bereit, das Entscheidungsrecht des Parlaments, das Auslandeinsätze billigen muss, einzuschränken.

Warum kann er sich Chancen ausrechnen? Unverhohlener Ehrgeiz treibt Spahn an, der sich sicher noch höhere Ämter erhofft. Er steht für einen konservativen Wandel, bisher galt: Wer Merkel satt hat, unterstützt Spahn. In der Jungen Union ist er bestens vernetzt und genießt hohes Ansehen, bei JU-Veranstaltungen wird er vor allem für seine Kritik an Merkels Asylpolitik gefeiert.

Wer will sonst noch kandidieren?

Jeder mit CDU-Parteibuch kann sich um den Vorsitz bewerben. Allerdings sind die Chancen von eher unbekannten Parteimitgliedern auf den Posten extrem gering.

Andreas Ritzenhoff, 61, kündigte seine Bewerbung bereits vor dem Rückzug Angela Merkels an. Seine Bewerbung solle ein Signal sein, dass sich die CDU von innen heraus erneuern müsse, sagte der Marburger Unternehmer. Er ist erst seit Anfang des Jahres CDU-Parteimitglied und forderte eine Urwahl für den Parteivorsitz.

Jan-Phillipp Knoop ist 26, Jura-Student und Social-Media-Beauftragter im CDU-Ortsverband Kleistpark in Berlin. Knoop sagte, er wolle in der Flüchtlingspolitik "endlich Kontrolle über die Situation" bekommen. Seine Vorbilder sind nach eigenen Angaben Helmut Kohl und Konrad Adenauer.

Detlef Felix Hartmann kommt aus Hamburg. Er kandidierte 2011, mit 63 Jahren, erfolglos um den Landesvorsitz der Hamburger CDU.

Jörg Paulusch, ist Leiter der Ortsfeuerwehr und Stadtrat im sächsischen Hirschbach.

Friedhelm Kölsch kandidierte 2015 erfolglos als OB-Kandidat der CDU in Essen. Er ist nach eigenen Angaben "überzeugter Christ".

Außerdem wollen sich Norbert Stegner, Sabine Herrenbruch und Christian Fleisinger zur Wahl stellen.

Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet waren als mögliche Kandidaten im Gespräch. Sie haben aber in den vergangenen Wochen erklärt, sich nicht um den CDU-Vorsitz bewerben zu wollen.

Zur SZ-Startseite
CDU

Merkel-Nachfolge
:Die CDU muss jetzt Vorbild sein

Angela Merkel hat den Weg zum CDU-Vorsitz frei gemacht. Nun trägt die Partei eine große Verantwortung: Sie muss vorleben, wie ansteckend Demokratie sein kann.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: