"Hate Crimes" in den USA:Der Hass führt zu immer mehr Gewalt

"Hate Crimes" in den USA: Protest und Trauer nach dem jünsten Amoklauf in Pittsburgh

Protest und Trauer nach dem jünsten Amoklauf in Pittsburgh

(Foto: AP)
  • Das FBI hat einen Bericht zu "Hate Crimes" in den USA veröffentlicht.
  • 2017 stieg die Anzahl der Verbrechen erneut um 17 Prozent auf 7175 Fälle an.
  • Organisationen schätzen die tatsächlichen Zahlen um ein Vielfaches höher.

Von Beate Wild, Austin

Jene Nacht im August 2017 wird den Amerikanern noch lange in Erinnerung sein. In Charlottesville im US-Bundesstaat Virginia kommt es bei einer Kundgebung von Rechtsextremisten zu einer Auseinandersetzung mit Gegendemonstranten.

Die Situation eskaliert, als plötzlich ein silbergrauer Dodge in einer engen Straße auf die Demonstranten zurast. Am Steuer der 20-jährige Rechtsextreme James Alex Fields Jr. Menschen werden durch die Luft geschleudert. Die 32-jährige Demonstrantin Heather Heyer wird dabei getötet, 33 weitere Menschen verletzt.

Später wird bekannt, dass die Neonazis am Vorabend bereits einen Marsch durch Charlottesville abgehalten hatten. Das Filmmaterial zeigt junge, weiße Männer mit Fackeln in der Hand. Sie skandieren: "Juden werden uns nicht ersetzen."

Die Gewalteskalation in Charlottesville ist nur eines von insgesamt 7175 Hassverbrechen, die sich in 2017 in den USA ereignet haben. Um 17 Prozent sind die "Hate Crimes" im vergangenen Jahr laut einem neuen FBI-Bericht gestiegen. Eine deutliche Zunahme, und das bereits im dritten Jahr in Folge. 2016 waren es noch 6121 Hassverbrechen gewesen.

Von einem "Hate Crime" sprechen Ermittler, wenn ein Opfer wegen seiner Rasse, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Herkunft, seines Geschlechts, seiner sexuellen Orientierung oder seiner körperlichen oder geistigen Behinderung ausgewählt wird. Als Motiv für das Gewaltverbrechen geben die Täter stets Hass auf die jeweilige Gruppe des Opfers an.

Zu den mehr als 7000 im vergangenen Jahr gemeldeten Vorfällen zählten 2013 schwarze Amerikaner und 938 jüdische Amerikaner. Nach Angaben des FBI machten Vorfälle, bei denen Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung zum Opfer fielen, 1130 Hassverbrechen aus. Der amtierende Justizminister Matthew Whitaker sagte, die neuen Zahlen seien "ein Aufruf zum Handeln". Die oberste Priorität des Justizministeriums sei die Verringerung der Gewaltkriminalität in Amerika, und Hassverbrechen seien Gewaltverbrechen. "Sie sind auch verachtenswerte Verstöße gegen unsere Grundwerte als Amerikaner", sagte er.

Antisemitische Hassverbrechen stiegen um 37 Prozent

Besonders besorgt zeigte sich Whitaker über die Zunahme der antisemitischen Hassverbrechen, die in den USA bereits die häufigste Form religiöser "Hate Crimes" darstellen. Sie stiegen 2017 um alarmierende 37 Prozent an.

Der neue FBI-Bericht kommt wenige Wochen nach der tödlichsten antisemitischen Attacke der US-Geschichte. Erst Ende Oktober war in Pittsburgh ein Bewaffneter in eine Synagoge eingedrungen und hatte dort elf amerikanischen Juden erschossen. Der Schütze hatte jüdische Mitbürger davor schon im Internet attackiert und nach der Tat als Motiv angegeben, er wolle alle Juden vernichten.

Das Southern Poverty Law Center (SPLC), eine Organisation, die extremistische Gruppen wie den Ku-Klux-Klan oder die Neo-Confederates überwacht, hat 2017 in den USA insgesamt 953 "Hate Groups" gezählt.

Die Dunkelziffer an "Hate Crimes" sei in Wahrheit noch wesentlich höher als die vom FBI veröffentlichten Fälle, so das SPLC. Eine Vielzahl von Ermittlungsbehörden melden Hassverbrechen aus ihrem Bezirk nicht - auch, weil "Hate Crimes" oft nicht als solche erkannt und dokumentiert werden.

Das SPLC warnte bereits in der Vergangenheit davor, dass US-Präsident Donald Trumps aufwieglerische Rhetorik den Hass im Volk weiter anschüren könnte. Trump habe "die radikale Rechte elektrifiziert". Für "den akuten Anstieg des weißen Nationalismus" müsse Trump die Verantwortung übernehmen, forderte die Organisation nach der Eskalation in Charlottesville. Trump hatte sich nach dem Vorfall geweigert, rechtsextreme Gruppen zu verurteilen und gesagt, "beide Seiten" seien Schuld an dem Gewaltausbruch.

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