Hörenswert:Verfrickelte Vielfalt

Salewski stellt sein zweites Album "Chansons" vor

Von Martin Pfnür

Er sei "schon eher ein Slacker, also einer, der die Dinge gern passieren lässt, als eine Arbeitsbiene", antwortet der Drummer und Synthie-Aficionado Salewski auf die Frage, warum denn neun Jahre zwischen seinen beiden Solo-Alben verstrichen. Das mag nach einer recht zurückgelehnten Arbeitshaltung klingen, und dennoch: Untätig war der im Westend wohnhafte Musiker im Verlauf seiner gut 30-jährigen Laufbahn gewiss nicht.

Wo er in den Neunzigern am Schlagzeug vor allem das rhythmische Fundament für den tanzbaren digital-analogen Sound der Münchner Indie-Formation Merricks bildete oder später als Live-Drummer mit dem Elektronik-Duo Dakar & Grinser durch die Clubs zog, fand er mit dem Engagement von Schorsch Kamerun, dem Frontmann der Hamburger Punk-Formation Die Goldenen Zitronen, an den Münchner Kammerspielen seinen Weg zum Theater. Es begann eine hochproduktive Zeit mit einer ganzen Reihe an Theatermusik, für die Salewski zusammen mit dem Komponisten Carl Oesterhelt verantwortlich zeichnete. Sie mündete in dem vortrefflich durchgeknallten Kunstlied-Album "Der Mensch lässt nach", welches Kamerun mit Oesterhelt und Salewski aus dem besagten Theater-Kontext heraus einspielte und 2013 unter seinem eigenen Namen veröffentlichte.

Dass mit den "Chansons" nun ein neues Salewski-Album vorliegt, darf man auch den veränderten Bedingungen im Theaterbetrieb zuschreiben. Da die meisten Regisseure mittlerweile ihre eigenen Musiker mitbrächten, hätte sich nach seiner jüngsten Produktion am Residenztheater, für das Weihnachtskinderstück "Robin Hood" vor zwei Jahren, leider nichts mehr ergeben, sagt Salewski. Umso schöner also, dass der bis heute komplett offline Lebende vor diesem unguten Hintergrund wieder Muse fand, den feinen Synthesizer-Kompositionen seines selbstbetitelten Instrumental-Debüts von 2009 neue Musik folgen zu lassen. Er wurschtle im Grunde fast täglich zuhause an seinen analogen Synthies vor sich hin, erzählt er. So sei über die Jahre ein stattlicher Fundus an Tracks zusammengekommen, aus denen er neun auswählte und sie einem Kreis an engen Freunden zukommen ließ, auf dass diese sie mit ihren Stimmen in Chansons verwandelten. Vorgaben habe er den fünf Gästen dabei fast keine mitgegeben, denn "der Reiz des Chanson-Formats, der liegt ja gerade in der Freiheit im Vortrag".

Entsprechend weit gestreut geriet denn auch das musikalische, gesangliche und sprachliche Spektrum der neun Chansons. Sie reichen etwa von der kühl und perkussiv groovenden Electronica, mit der die britische bildende Künstlerin Anna McCarthy auf Englisch einen Geisterfahrer mit gebrochenem Herzen besingt, über leichtfüßig-verspulte Quasi-Easy-Listening-Klänge, zu denen die Theatermusikerin Manuela Rzytki ihren Beitrag auf Französisch einspricht, bis hin zum elektronisch verfrickelten Bossa Nova der albanischen Universalkünstlerin Inida Kreuz oder dem tollen spanischen Auto-Tune-Geleier von Federico Sánchez aka Pico Be, das augenzwinkernd auf die Künstlichkeit moderner Pop-Produktionen verweist. Ergänzt durch Klangabstraktionen, die in Zusammenarbeit mit der Songwriterin Rosalie Eberle alias Rosalie und Wanda oder dem Video- und Noise-Künstler Anton Kaun entstanden, der hier in Form eines Geräuschsamples vertreten ist, ergibt das ein wunderbar vielfältiges Album, dessen Live-Umsetzung im Heppel & Ettlich man keinesfalls verpassen sollte.

Salewski, Dienstag, 20. November, 21 Uhr, Heppel & Ettlich, Feilitzschstraße 12

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