Zölle:Trump umgarnt Autobosse

Trump arrives to visit the first lady at Walter Reed National Military Medical Center in Bethesda, Maryland

Er kommt, spricht und sorgt oft für Aufregung: US-Präsident und Dealmaker Donald Trump ist ein Meister eines spaltenden Verhandlungsstils.

(Foto: Jonathan Ernst/Reuters)

Statt mit der EU will der US-Präsident offenbar direkt mit den Chefs von BMW, Daimler, VW verhandeln. Doch die halten nichts davon und verweisen auf die EU-Kommission.

Von Markus Balser, Max Hägler und Claus Hulverscheidt

Es war eine überraschende Nachricht aus den USA: "Die Chefs deutscher Autokonzerne sind zu Gesprächen ins Weiße Haus geladen", titelte in der Nacht zu Mittwoch die US-Agentur Bloomberg in einem Artikel. Der Dealmaker und US-Präsident Donald Trump wolle Harald Krüger (BMW), Dieter Zetsche (Daimler) und Herbert Diess (Volkswagen) treffen, um einer Einigung im Handelsstreit näherzukommen. Seit bald zwei Jahren droht Trump damit, deutsche Autos höher zu besteuern, um damit die eigene Autoindustrie zu stärken; in wenigen Wochen soll Trump ein Gutachten dazu vorgelegt werden.

Die Drohung von Strafzöllen versetzt die deutschen Unternehmen immer wieder in Aufregung. Jetzt also eine Verhandlung auf kurzem Dienstweg zwischen dem mächtigen Präsidenten und den mächtigen Auto-Männern? Ganz so einfach ist es offenbar nicht. Denn bisher liegt noch keine formale Einladung in Stuttgart, München oder Wolfsburg vor. Kein Konzern bestätigte jedenfalls den Eingang eines Schreibens. Zudem ist zweifelhaft, was ein Gespräch bewirken könnte.

"Wir sind in stetigem Dialog mit den USA, in Abstimmung mit der Bundesregierung", erklärte ein Volkswagen-Sprecher in der Nacht zu Mittwoch. Aber eine Reise sei noch nicht avisiert. BMW teilte ebenfalls mit, dass kein Firmenjet gebucht sei für eine Reise. Bloomberg hatte von einer Einladung kurz nach Thanksgiving berichtet, einem US-Festtag an diesem Donnerstag. Grundsätzlich sei man natürlich gesprächsbereit, wenn man eingeladen würde, heißt es aus der deutschen Autoindustrie nun zu den Gerüchten. Allerdings gelte das, was seit Monaten gesagt werde: "Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren in Europa." Tatsächlich scheinen die deutschen Unternehmen extrem geschlossen zu sein: Natürlich habe man ein "vitales Interesse", diese Bedrohungslage aus Zöllen und Gegenzöllen beizulegen. Doch die EU-Kommission unter Cecilia Malmström verhandele das - und kein Autokonzern, sagen die Automanager.

Aus einer deutschen Konzernzentrale hieß es in der Nacht zu Mittwoch sogar sehr zurückhaltend: Alle Argumente seien eigentlich ausgetauscht, etwa dass deutsche Hersteller für viele Arbeitsplätze in ihren US-Werken sorgen. "Was soll man da noch groß reden?" Vielmehr müsse man in dieser Lage stets das Primat der Politik im Blick behalten und keinesfalls das Handeln der deutschen Bundesregierung und der EU-Kommission desavouieren. Deshalb könne man nicht einfach ohne Abstimmung zu einem solchen Termin fliegen. Klar müsse sein, heißt es aus der Autoindustrie: "Die deutschen Autohersteller sind hier nur Spielball in einem Handelsstreit, in dem es um weit mehr geht, etwa im Agrarsektor." Einiges deutet tatsächlich darauf hin, dass die US-Seite diesen möglichen Termin durchgestochen hat, um den Druck auf die europäische Politik zu erhöhen. Zuletzt hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel erklärt, dass die Bundesregierung eine Lösung anstrebe, etwa eine Null-Prozent-Politik bei Zöllen. Trump droht seit Monaten damit, zusätzliche Einfuhrzölle in Höhe von 25 Prozent auf den Import europäischer Pkw zu verhängen. Vor allem die Bundesrepublik ist ihm ein Dorn im Auge, denn Mercedes, BMW und Volkswagen liefern Jahr für Jahr erheblich mehr Autos in die USA als von dort aus nach Deutschland verschifft werden. Das trägt maßgeblich zum immensen Exportüberschuss der Bundesrepublik gegenüber den Vereinigten Staaten bei. Der US-Präsident verlangt zudem, dass die Europäer ihre restriktiven Vorgaben für die Einfuhr amerikanischer Agrarprodukte beseitigen, viele davon genverändert.

Im Sommer hatte Trump schon einmal versucht, die deutschen Automanager auf seine Seite zu ziehen. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Richard Grenell, lud Zetsche, Diess und Krüger zu einem Gespräch ein und schlug ihnen überraschend vor, dass sowohl die USA als auch die EU-Staaten künftig komplett auf alle Autozölle verzichten. Dass weder die einzelnen Regierungen der EU-Länder, geschweige denn die Chefs großer Autokonzerne überhaupt ein Mandat haben, mit ihm und seinen Abgesandten zu verhandeln, ignorierte der US-Präsident geflissentlich. In Europa ist allein die EU-Kommission für Handelsfragen zuständig.

Allerdings rückte Trump von der Null-Lösung zwischenzeitlich auch inhaltlich wieder ab. Offenbar hatte ihn jemand darauf hingewiesen, dass zwar die EU den Import amerikanischer Pkw mit zehn Prozent belastet, während die USA umgekehrt von europäischen Firmen nur 2,5 Prozent Zoll verlangt. Bei der Einfuhr der in Amerika besonders begehrten Pick-up-Trucks in die USA, eine Art SUV mit großer Ladefläche, werden jedoch 25 Prozent fällig. Eine Abschaffung aller Zölle hätte somit auch diesen Spezialschutzwall für die US-Autokonzerne beseitigt und den europäischen Firmen ein interessantes neues Geschäftsfeld eröffnet.

In den jetzt geplanten Gesprächen mit den deutschen Autobossen will Trump offenbar einmal mehr versuchen, die Phalanx der Europäer zu sprengen. So könnte er beispielsweise erneut mit Zöllen drohen, damit Zetsche, Krüger und Diess ihrerseits in Berlin und Brüssel vorstellig werden und größere Zugeständnisse der EU einfordern. Dass ein solches Manöver gelingt, ist allerdings kaum vorstellbar.

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