Verein Lebensmut:Wenn Mama oder Papa an Krebs erkrankt

Pressekonferenz zum zehnjährigen Bestehen des Vereins Lebensmut, Poliklinik München, 21.11.2018.

Den Verein Lebensmut gibt es nun seit zehn Jahren. Von links nach rechts: Thomas Jansing von den Sternstunden, Regine Sixt, Beraterin Claudia Mück, Patientin Birgit Härle und Bischöfin Susanne Breit-Keßler.

(Foto: Jan A. Staiger)

Der Verein Lebensmut hat eine neue Beratungsstelle für betroffene Familien eröffnet. Vor allem um die Kinder möchte man sich hier kümmern.

Von Linus Freymark

Im Februar 2017 bekommt Birgit Härle ihre Diagnose. Schon länger hat sie ein ungutes Gefühl im Brustkorb gespürt, das Ziehen beim Atmen hat sich irgendwie anders angefühlt als bei einer Erkältung, die ihre Hausärztin ihr bescheinigt hat. Härle lässt sich im Krankenhaus untersuchen. Die Ärzte stellen Lungenkrebs fest. Kurz darauf entdecken sie Metastasen im Gehirn.

"Man setzt Krebs immer direkt mit Tod gleich", sagt sie über das Gefühl nach der Diagnose. Härle ist es zunächst schwer gefallen, sich nach dem Schock, den die Nachricht von der Erkrankung auslöst und der Therapie, die fast alle Kräfte beansprucht, auch noch um ihre Kinder zu kümmern. Wie soll man mit ihnen über die Krankheit reden? Wie viel soll man ihnen erzählen? Wie viel müssen sie wissen, um zu verstehen, warum die Mutter so schwach ist und warum ihr die Haare ausfallen?

Härle wendet sich an den Verein Lebensmut. Die Initiative unterstützt Familien, in denen ein Elternteil an Krebs erkrankt ist. Vor allem um die Kinder der Betroffenen will man sich hier kümmern. "Viele Kinder haben Schuldgefühle", erzählt Claudia Mück, die in Beratungsstunden über den Umgang mit der Krankheit aufklärt. Häufig würden die Familien, die zu ihr kommen, nur ein paar Informationen einholen wollen, sagt sie: "Viele kriegen die Zeit alleine gestemmt."

In anderen Fällen dagegen ist eine psychologische Betreuung oder eine anderweitige Begleitung notwendig, auch darum kümmern sich Mück und ihre Kollegen. "Die Patienten werden mittelbar unterstützt, wenn wir ein bisschen auf die Kinder schauen", sagt sie. Gemeinsam mit dem Verein Sternstunden e.V. und der Regine Sixt Kinderhilfe hat Lebensmut nun zum zehnjährigen Bestehen einen zweiten Standort in der Poliklinik an der Pettenkoferstraße eröffnet. Bisher war man ausschließlich im Klinikum Großhadern vertreten, jetzt gibt es mit dem neuen Angebot auch eine zentralere Beratungsstelle.

Viele Mediziner beziehen bei ihrer Behandlung zwar mittlerweile auch die Angehörigen ein, allerdings sehen sich die Krankenkassen nicht für diese zusätzlichen Kosten zuständig. Für die Patienten sei die anstrengende Behandlung oft einfacher zu ertragen, wenn sie ihre Partner und Kinder in ihrer Nähe hätten, erklärt Thomas Jansing von Sternstunden: "Es ist ein wichtiger Ansatz, die Familie des Erkrankten mit einzubeziehen." Die Nähe der Familie trage zur Genesung bei. In der Poliklinik soll es deshalb neben einem Zimmer für die Beratungsstunden künftig einen Schmuseraum geben, in dem sich die Familien im Krankenhaus treffen und ungestört sein können.

Birgit Härle sagt, sie sei nach ihrer Diagnose schnell durch das Hilfsangebot von Lebensmut aufgefangen worden. Ihr habe es geholfen, mit jemandem zu sprechen und ihre Fragen loswerden zu können. Und andere Betroffene kennenzulernen. "Es macht viel aus, zu sehen, dass man nicht allein ist", sagt sie. Mittlerweile spricht sie sehr viel und offen mit ihren Kindern über den Krebs. Es sei wichtig, dass sie verstehen, was die Krankheit bedeutet, glaubt sie. Und dass die Kinder verstehen, dass die Diagnose nicht bedeutet, dass man zwangsläufig sterben muss. Sondern dass es durch den medizinischen Fortschritt mittlerweile vieles zwischen dem Krebs und dem Tod gibt.

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