Soziales Engagement:Wo sich Menschen treffen

Nachbarschaftsprojekte werden mit Salvator-Preis prämiert

Von Linus Freymark

Neuaubing ist nicht gerade für seine florierende Cafészene bekannt. "Es gibt ein paar Bäcker, aber besonders attraktiv ist das nicht", sagt Judit Grünwald über ihr Viertel. Und weil sie und ihre Freundinnen Sabine Mayer und Tilla Wiederspahn der Meinung sind, dass unter dem fehlenden kulinarischen Angebot auch der Nachbarschaftsgeist der Neuaubinger leidet, haben sie sich dazu entschlossen, ein eigenes Café aufzumachen. Von April bis Oktober ziehen sie mit einem ausrangierten Dönerwagen freitags durch die Parks des Viertels und verkaufen Kaffee für einen Euro und Waffeln für 1,50. Denn das Aloha ist nicht dazu gedacht, Gewinn abzuwerfen - es soll ein Nachbarschaftstreffpunkt sein, für so viele Menschen wie möglich. Und ein Mitmachcafé: Wer möchte, ist eingeladen mitzuhelfen.

Mit ihrem Projekt sind die Neuaubingerinnen nun unter den vier diesjährigen Gewinnern des Paulaner Salvator-Preises. 80 000 Euro hat die Brauerei für die Förderung sozialen Engagements bereitgestellt, in diesem Jahr lautete das Motto "Auf gute Nachbarschaft". Mit dem Projekt wolle man Initiativen fördern, die Menschen in ihren Vierteln zusammenbringen, erklärt Burkhard Rüdiger, Pressesprecher von Paulaner.

So wie die Hofgesellschaften von Anne Taylor und René Götz. Die beiden wollen unkompliziert die Bewohner eines Stadtteils zusammenbringen, im Idealfall bringt jeder etwas zu den von Götz und Taylor vorbereiteten Sachen mit: Das Mikadoset, den Apfelkuchen, die Gitarre. Und dann sollen Menschen, die sich vielleicht mal im Treppenhaus über den Weg gelaufen sind, aber nie wirklich Kontakt hatten, zusammen im Hof sitzen, spielen und singen. "Es ist halt total einfach", sagt Anne Taylor über ihr Projekt. Für sie sind die Hinterhöfe als Veranstaltungsort eher Neuland, René Götz dagegen tourt schon länger durch Münchner Höfe: Er ist der Organisator der Hofflohmärkte.

Auch in Perlach sollen sich Nachbarn öfter über den Weg laufen. Im Wohnheim für geflüchtete Frauen an der Nailastraße sollen sich alteingesessene und neu ins Viertel gezogene Frauen näherkommen. Bei "Tee und mehr" laden die Geflüchteten in ihre Unterkunft ein, es gibt Tee und oft entwickeln sich in der Runde weitere Ideen, was man zusammen machen könnte. "Wir hoffen, dass daraus längerfristige Kontakte entstehen", sagt Asylsozialbetreuerin Rebecca Schreiber. Gemeinsam mit Kolleginnen von Condrobs, Pro Familia und der Frauenhilfe München hat Schreiber das Teeprojekt organisiert.

Gesellschaftliche Teilhabe im Alter hat sich das Projekt "Silberfilm" auf die Fahnen geschrieben. Sabine Distler und Sonja Arnold organisieren ab März im Rio-Filmpalast Kinonachmittage für Senioren. Vor allem Menschen, die sonst nicht mehr unter Leute kommen würden, weil das zu beschwerlich ist, sind eingeladen. In Nürnberg läuft das Projekt bereits erfolgreich. Jetzt soll damit in München ein Netzwerk für Menschen "plus minus 100", wie Distler und Arnold gerne sagen, aufgebaut werden.

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