European Games:Kostbares Geschenk

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Eine „Mini-Olympiade“ im Olympiapark: Das ist die Vision von OMG-Chefin Marion Schöne. (Foto: Foto Claus Schunk, Montage SZ)

Der Olympiapark wünscht sich zum 50. Geburtstag der Sportstätte die European Championships. Die Anlagen für die Multi-EM wären vorhanden, aber 130 Millionen Euro sind für die Stadt allein zu teuer.

Von Ralf Tögel

Es ist ja noch ein bisschen Zeit bis 2022, sollte man meinen. Nicht aber, wenn große Ereignisse vorzubereiten sind, dann nämlich vergeht die Zeit wie im Flug. Und Marion Schöne wünscht sich eine besonders große Sache für 2022, wenn der Olympiapark München seinen 50. Geburtstag feiert. "Das wäre natürlich ein Traum, zum Jubiläum eine internationale Sportveranstaltung stattfinden zu lassen", sagt die Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH (OMG).

Welche? Auch da hat die OMG-Chefin schon eine konkrete Vorstellung. "Eine kleine Mini-Olympiade, was Teilnehmerzahl und Sportarten anbelangt", schwebt Schöne vor, genauer: die European Championships, jenes Cluster an kontinentalen Meisterschaften in verschiedenen Sportarten, die im August in Berlin und im schottischen Glasgow ihre Premiere mit Bravour bestanden hatte.

"Es gab eine große Begeisterung in Berlin", sagt Schöne, auch die TV-Zahlen seien beeindruckend gewesen. Diese Europäische Meisterschaft, die in den sieben Sportarten Schwimmen, Triathlon, Radsport, Rudern, Turnen und Golf ausgetragen wird, sei prädestiniert dafür, die altehrwürdige Sportstätte im Gedenken an die Spiele 1972 in entsprechend großem Stil wiederzubeleben, findet die Olympiapark-Chefin. Zumal die Sportanlagen und die Infrastruktur ja vorhanden sind. Im Gegensatz zum vergangenen Sommer, als nur die Leichtathletik-Wettbewerbe in Berlin ausgetragen wurden, die anderen Sportarten aber in der schottischen Metropole am Clyde, stellt sich Schöne vor, dass München sich erst einmal mit allen Sportarten bewirbt: "Wir wollen bei unserem Slogan von '72 bleiben, Spiele der kurzen Wege zu veranstalten." Wofür die ein oder andere Stätte ertüchtigt werden müsste, im Olympiastadion etwa das Flutlicht und die Laufbahn, die derzeit nur aufgemalt ist.

CSU und Freie Wähler erklären im Koalitionsvertrag die Absicht, das Event nach Bayern zu holen

Das ergäbe angesichts der für den Herbst 2022 angesetzte Stadion- Generalsanierung einen hübschen Synergieeffekt. Oder "Startanlage und Zielturm draußen in Oberschleißheim", sagt Schöne, auch die Ruderregattastrecke könnte etwas Instandsetzung vertragen, zumal Kanu als Sportart eventuell zu den Championships hinzukäme. Die Radwettbewerbe müssten wohl ausgelagert werden, denn das alte Radstadion musste für die neue Multifunktionshalle weichen, die dem EHC Red Bull München und den Basketballern des FC Bayern eine neue Heimat werden soll. Nach aktuellem Plan könnte diese 2021 bereits bespielbar sein. Schöne bringt für die Radwettbewerbe Nürnberg ins Spiel, wo ein neues Velodrom entstehen soll: "Es wäre natürlich auch eine Möglichkeit, die ein oder andere Sportart in Kombination mit einer anderen bayerischen Stadt auszurichten, aber das muss sich erst einmal konkretisieren."

Den schönen Plänen steht allerdings eine recht garstige Zahl im Weg: Auf "um die 130 Millionen Euro" taxiert Schöne die Kosten für die Titelkämpfe. Man habe sich intensiv mit den Zahlen aus Berlin auseinandergesetzt. Über Tickets und Sponsoren wären seriös geplant etwa 30 Millionen zu erwirtschaften, glaubt Schöne. Blieben rund 100 Millionen Euro, welche die Landeshauptstadt aufbringen müsste. Denn die müsse sich bewerben, "wie bei allen internationalen Sportveranstaltungen". In "engen Gesprächen" mit der Politik versuche man nun die Überzeugung zu vermitteln, "dass es das wert ist".

Natürlich sei ihr klar, dass 100 Millionen Euro für die Stadt allein schwer darstellbar seien; Freistaat und Bund müssten helfen. Das sieht Stadtrat Thomas Ranft, der auch im Aufsichtsrat der OMG sitzt, ähnlich: "So eine gewaltige Summe sei "den Bürgern nur schwer zu verkaufen". Es ergebe wenig Sinn, "gegen eine Grundstimmung in der Bevölkerung" - die gescheiterte Olympia-Bewerbung dürfte noch nachhallen. "Ohne Partner wird das nicht zu stemmen sein", sagt Ranft. Umso besser, dass es im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern eine Absichtserklärung gebe, diese Großveranstaltung nach Bayern zu holen, sagt Schöne.

München "hat Hunger auf solche internationalen Sportfeste", sagt OMG-Chefin Schöne

Die OMG-Chefin hofft auf ein positives Signal der Stadt. Die überraschend große Nachfrage nach Handball-Tickets für die bevorstehenden WM-Gruppenspiele im Januar (bereits 70 Prozent aller Karten sind vergriffen) habe bewiesen, dass "München Hunger auf solche internationalen Sportfeste hat."

Bereits im kommenden April soll verkündet werden, wer für die Championships 2022 den Zuschlag bekommt. Entschieden wird darüber von der EBU, dem Zusammenschluss aller wichtigen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Europa, sowie den europäischen Sportverbänden und einer Marketinggesellschaft, die zu diesem Wettbewerb die Idee hatte, erklärt Schöne. Detaillierte Informationen zum Bewerbungsverfahren seien demnächst zu erwarten.

Neben München könnten auch Hamburg und Berlin ihren Hut in den Ring werfen, glaubt die OMG-Geschäftsführerin, allerdings müssten die Hanseaten mangels eines Leichtathletikstadions Partner präsentieren. Berlin beherbergt im kommenden Jahr bereits die sogenannten "Finals" in der Stadt: Erstmals werden deutsche Meisterschaften von neun Sportverbänden gleichzeitig an einem Ort ausgetragen. Zudem will sich die Bundeshauptstadt um die Austragung der Special Olympic Summer Games 2023 bemühen.

Für die Landeshauptstadt spräche neben dem Gelände auch das erklärte Ziel der Organisatoren, die Meisterschaften bei der zweiten Auflage kompakter zu halten. Marion Schöne hofft auf einen positiven Bescheid aus dem Stadtrat. Möglichst bald, sagt sie noch, bis 2022 ist es nicht mehr lange hin. Wenn man groß denkt.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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