Kratzers Wortschatz:Lieber pumperlgsund als sterbatskrank

Es ist ein erfrischender Wesenszug des Bairischen, Adjektive bildlich zu verstärken, - so wie in den Worten pumperlgsund oder sterbatskrank.

Von Hans Kratzer

sterbatskrank

Eine Frau hat neulich im Zug ihrer Sitznachbarin erklärt, sie habe jetzt drei Tage lang nicht in die Arbeit fahren können, sie sei sterbatskrank gewesen. Diese anrührende Einlassung entbehrt nicht der Ironie, denn im wörtlichen Sinne wäre ein Mensch, der sterbatskrank ist, bereits dem Tode geweiht. Aber es ist ja ein erfrischender Wesenszug des Bairischen, Adjektive bildlich zu verstärken, damit der Zuhörer nur ja nicht am Wahrheitsgehalt des Gesagten zu zweifeln beginnt. Ein blasser Mensch wird deshalb als kasweiß beschrieben, ein dicker Mensch gilt als zeckerlfett, der Eidotter ist gackerlgelb, und wenn eine Sache einen günstigen Verlauf nimmt, dann ist das pfenningguat. Das Präfix sterbats- dient ebenfalls der Verstärkung der Aussage: "Mei, des is ja sterbatslangweilig!" Sterbatskrank ist quasi das Gegenteil von pumperlgsund (kerngesund). In diesem lustigen Adjektiv schwingt ein österreichisches Element mit, dort wird das pochende Herz Pumperl genannt.

beinander

Der November bietet ideale Voraussetzungen, um sterbatskrank zu sein. Viren schwirren herum, viele Menschen fühlen sich unwohl. Ein Kollege klagte soeben: "Ohje, ich bin so schlecht beinander!" Das Grundwort lautet eigentlich beieinander, umgangssprachlich sind aber die Formen beinander und beinand gebräuchlich. Auch der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat diese Wendung im Repertoire. Als er im Landtag noch in der Opposition verweilte, forderte er: "Repariert unsere Straßen!" Nachdem er von einer Deutschlandreise zurückgekehrt war, sagte er, es sei eine Katastrophe, wie "unsere Straßen beinander sind." Er beklagte damit den schlechten Zustand der Verkehrswege. Das Wort wird auch beim Grüßen verwendet: "Servus beinand!" Wenn jemand einen ausgeprägten Körperbau hat, dann heißt es, der oder die sei gut beinand (gut genährt, beleibt). Gefährlich wurde es einst für Kinder, wenn die Mutter sagte: "Jetzt hast es gnau beinander!" Dann drohte eine zügige Bestrafung.

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