Sicherheit:"Angst-Raum" Hauptbahnhof? Macht mal halblang!

Hauptbahnhof in München teilweise gesperrt

Mehr als eine halbe Million Menschen passieren täglich die große Halle des Hauptbahnhofs.

(Foto: dpa)

In der politischen Debatte wird der Eindruck erweckt, die dortigen Zustände seien grauenhaft. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

Kommentar von Martin Bernstein

Der Hauptbahnhof ist bestimmt keine Wohlfühloase. Bei mehr als einer halben Million Menschen, die Tag für Tag durch die große Halle zwischen Arnulfstraße, Bahnhofsplatz und Bayerstraße eilen, die dort warten, herumstehen, einkehren, einkaufen, das eine oder andere Geschäft verrichten, kann das kaum anders sein. Aber ist der Hauptbahnhof deswegen der "Angst-Raum", zu dem er immer wieder hochstilisiert wird?

Auf den ersten Blick könnte man die Sicherheitslage für dramatisch halten. Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle fordert ein Rund-um-die-Uhr-Alkoholverbot für den Bereich um den Bahnhof - wegen der vielen Gewalttaten dort, die ganz klar mit Alkohol in Verbindung stünden. Und erst am Donnerstag sahen Polizei, Zoll und Stadt sich zu einer großen gemeinsamen Kontrollaktion veranlasst. Die Zahlen freilich, auf die auch Böhle sich stützt, sprechen eine ganz andere Sprache. Ebenso wie die Aktion vom Donnerstag. Da kontrollieren 200 Beamte in 16 Stunden 460 Menschen im Bahnhofsviertel. Die übersichtliche Bilanz: 60 Platzverweise und ein paar Anzeigen. "Angst-Raum" Bahnhof? Macht doch mal halblang.

Keine Frage, seit 2011 stieg die Zahl der sogenannten Sicherheits- und Ordnungsstörungen im und am Hauptbahnhof. Niemand weiß das besser als die dort eingesetzten Bundes- und Landespolizisten. Doch genauso bemerkenswert ist seit 2017 der deutliche Rückgang in nahezu allen Kriminalitätsbereichen. Das heißt: Die Polizei macht ihren Job und sie macht ihn gut. Im Bahnhof selbst gibt es zwei Polizeiwachen, Bundes- und Landespolizisten gehen gemeinsam auf Streife. Es gibt Einsätze geschlossener Einheiten und der Kriminalpolizei auch gegen Rotlichtkriminalität im Bahnhofsviertel. Es gibt einen "Runden Tisch". Und es gibt die Resultate: Im vergangenen Jahr ging die Zahl der Delikte am Hauptbahnhof um 15 Prozent zurück - im Rest der Stadt betrug der Rückgang 6,5 Prozent.

Polizei und Stadt schmücken sich gern mit dem Titel der sichersten Millionenstadt Deutschlands. Ähnliches sollte auch einmal über den Münchner Hauptbahnhof gesagt werden. Etwa 200 Millionen Menschen durchqueren ihn im Jahr. 99,99 Prozent von ihnen völlig gefahrlos. Der Münchner Hauptbahnhof ist kein menschenverschlingender Moloch im Herzen der Stadt. Er ist einfach ein Hauptbahnhof.

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