Nahverkehr:Wer selten fährt, zahlt künftig mehr

Einstiegslotsen am S-Bahnhof Hauptbahnhof

In jedem Fall wird das Tarifsystem etwas übersichtlicher.

(Foto: Florian Peljak)

Monatstickets sollen mit der MVV-Tarifreform aber günstiger werden. Eine erste Analyse, was sich für wen ändert.

Von Tom Soyer

Wer den Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) regelmäßig nutzt, soll vom 15. Dezember 2019 an meist günstiger fahren. Wer gelegentlich Einzelfahrscheine oder Tagestickets kauft, muss mehr zahlen. So sehen es die geplanten neuen Tarife vor, denen die MVV-Gesellschafter am Freitag zugestimmt haben. Oberbürgermeister Dieter Reiter und die Landräte waren begeistert vom "Durchbruch" und hoffen auf die Zustimmung des Stadtrats und der Kreistage rund um München. Ohne die treten die Neuerungen nicht in Kraft. Was soll sich für Nutzer von Bussen, Tram, U- und S-Bahn ändern und was sagt der Fahrgastverband Pro Bahn? Eine erste Analyse.

Wird es übersichtlicher?

Ja, eindeutig. Das bisherige System von vier Innenraum- und zwölf Außenraum-Ringen wird vereinfacht. Der Innenraum wird zur M-Zone, der Außenraum nur noch in sechs Tarifzonen aufgeteilt. Das Preistableau, das bisher von der Kurzstrecke für 1,40 Euro (per Streifenkarte) bis zum Gesamtnetz-Jahresabo für 2256 Euro reichte (zwölf Monate zum Preis von zehn), reicht künftig von 1,40 bis 2016 Euro. Nicht jeder Nutzer profitiert gleich, aber dank des neuen 35-Millionen-Euro-Jahreszuschusses vom Freistaat hat sich gegenüber früheren Tarifentwürfen viel Gutes getan.

Faires Angebot für Senioren?

Nach den früheren Reformvorschlägen liefen Senioren Sturm, deshalb wurde kräftig nachgebessert: Zwar bleibt es dabei, dass die bisherige IsarCard 60 durch eine IsarCard 65 ersetzt wird, die es erst ab 65 Jahren gibt, und nicht ab 60, wie bisher. Dafür aber entfällt künftig die Einschränkung, erst ab neun Uhr fahren zu dürfen. Zudem gilt eine Übergangsregelung: Wer vor dem nächsten Tarifwechsel bereits eine IsarCard 60 im Abo hat, darf diese in neuen Geltungsbereichen und zu neuen Preisen weiter abonnieren, bis er 65 wird und er zur 65er-Card wechseln kann. Für diese Verlängerungs-Fälle gilt die 9-Uhr-Beschränkung weiterhin. Das bedeutet für Senioren, die im Herbst 2019 bereits 60 Jahre alt, aber noch nicht 65 sind: Rechtzeitig vor dem 1. Dezember 2019 noch ein IsarCard-60-Abo abschließen und günstig fahren. 48,10 Euro kostet jenes Innenraum-Abo derzeit, 69,10 Euro sind es fürs Gesamtnetz. Die IsarCard 65 soll für die M-Zone 46,40 Euro und für das Gesamtnetz 71,30 Euro kosten.

Einzel- und Streifenkarten

Die Streifenkarte soll weiterhin 14 Euro (zehn Streifen) kosten. Die Fahrt in der M-Zone gibt es für zwei Streifen, für jede Außenraumzone muss ein Streifen entwertet werden. Preislich ändert sich hier also nichts. Kinder fahren weiterhin pauschal für einen Streifen, egal wie weit. Teurer werden die Einzelfahrkarten - für eine Fahrt innerhalb Münchens etwa um 40 Cent auf 3,30 Euro. Das ist ein Plus von knapp 14 Prozent. Um gut 16 Prozent teurer wird die Single-Tageskarte Innenraum/M-Zone (von 6,70 auf 7,80 Euro). Wenn eine fünfköpfige Gruppe mit der Gruppen-Tageskarte von Ebersberg nach Wolfratshausen reist, sinkt der Preis von jetzt 24,30 auf nur noch 19,60 Euro (Tarif M+3, minus 19 Prozent), fährt die Gruppe aber im Außenraum von Feldmoching nach Mainburg, so nimmt der MVV nach künftigem Tarif 21,90 statt 12,80 Euro, also satte 71 Prozent mehr.

Was sich für Pendler und Azubis ändert

Was bringt die M-Zone?

Die IsarCard kostet als Monatskarte in der M-Zone künftig 55,20 Euro. Also genau so viel, wie bisher für zwei der vier Innenraum-Ringe zu zahlen sind. Wer in der M-Zone unterwegs ist - und die zieht der MVV tariftechnisch bis Karlsfeld, Feldmoching, Feldkirchen, Haar, Ottobrunn, Taufkirchen, Höllriegelskreuth, Planegg, Harthaus, Aubing und Lochhausen -, kommt weiter fürs selbe Geld, aus 79,10 Euro für alle vier Innenraum-Ringe würden dann 55,20 Euro je Monat.

Wie sind die Tarife für Pendler?

Da muss man individuell rechnen, in seltenen Fällen wir es teurer (um maximal 18 Prozent), einige sparen künftig bis zu 30 Prozent. Ein paar Beispiele: Wer von ganz außen nach München pendelt, also etwa von Mainburg oder Buchbach (Tarif M+6, sprich: Gesamtnetz), darf sich zu Weihnachten 2019 vermutlich über einen Preisnachlass von knapp 6 Prozent freuen: Aus 2142 werden im Abo dann bei jährlicher Zahlung genau 2016 Euro. Wer von Grafing, Erdweg, Possenhofen oder Holzkirchen nach München (oder umgekehrt) pendelt und bisher im Jahresabo 1446 Euro ausgibt, überweist für den M+3-Tarif in Zukunft 1308 Euro (jährliche Zahlung).

Fahren Auszubildende günstiger?

Ganz klar: Ja. Richtig gut profitiert, wer bisher nur einen Ring im Innenraum für monatlich 38,60 (bis 14 Jahre) oder 41,40 Euro (ab 15 Jahre) nutzt, denn der fährt künftig fürs gleiche Geld in der gesamten M-Zone. Die Preisstaffel reicht bisher fürs Gesamtnetz bis 94,60 (bis 14) und 169,20 Euro (ab 15); nach der Reform werden das 92 beziehungsweise 159,30 Euro (im Jahresabo dann jeweils noch verbilligt). Preise also ähnlich, aber mehr Möglichkeiten.

Was sagt Pro Bahn?

Die ärgsten Klippen, so sagt Pro-Bahn-Sprecher Andreas Barth, seien beseitigt worden. Am meisten profitierten die Bewohner der Stadt München. Schwierig findet Barth aber, dass gerade Touristen bei den nun oftmals teureren Einzelfahrkarten immer noch mit zu vielen verschiedenen Wahlmöglichkeiten konfrontiert würden. Außerdem hat er noch eine konkrete Anregung: Die Stadt Garching mit dem Forschungszentrum hätte noch in die M-Zone integriert werden sollen.

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