Islamkonferenz:Seehofer umwirbt Muslime

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Der Bundesinnenminister betont: Sie haben "selbstverständlich die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten wie alle Bürger im Land". Damit relativiert er frühere, islamkritische Aussagen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Deutschlands Muslime dazu aufgefordert, entschlossener für die Unabhängigkeit ihrer Gemeinden einzutreten. Gleichzeitig suchte er eigene islamkritische Aussagen zu relativieren. "Muslime gehören zu Deutschland", sagte Seehofer beim Auftakt der Deutschen Islamkonferenz in Berlin. "Muslime haben selbstverständlich die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten wie alle Bürger im Land." An dieser Aussage könne es "keinen vernünftigen Zweifel geben". Den Satz "der Islam gehört nicht zu Deutschland", mit dem Seehofer bei Amtsantritt scharfe Kritik provoziert hatte, wiederholte er nicht.

Die Deutsche Islamkonferenz, die 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufenen wurde, tagt in diesem Jahr zum vierten Mal und versteht sich als Dialogforum zwischen Mehrheitsgesellschaft und Muslimen in Deutschland. Während Seehofers Vorgänger insbesondere den Kontakt zu den meist konservativen Islamverbänden in Deutschland suchten, kündigte der amtierende Innenminister einen "neuen Ansatz" an. Künftig sollen mehr verbandsunabhängige Organisationen eingeladen werden, Frauen und Männer aus säkularen Initiativen, aber auch Islamkritiker.

Deutschland brauche "Islam in, aus und für Deutschland", sagte Seehofer. Notwendig sei dafür "ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und gegenseitigen Vertrauens" zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Er hoffe aber auch auf einen offenen Dialog der Muslime untereinander. In Deutschland gebe es "viele Beispiele gelungener Integration", aber auch "Fremdheit" zwischen den Kulturen. Maßstab gegenseitiger Annäherung sei die Achtung der Grundwerte, die "Nutzung der deutschen Sprache" und soziale Verwurzelung, etwa durch ein Ehrenamt. Seehofer regte eine bessere Selbstorganisation der Muslime an. Es dürfe nicht sein, dass Moscheevereine und ihre Prediger aus dem Ausland finanziert und gesteuert würden.

Nach Angaben aus dem Bundesinnenministerium hat allein die Türkei rund 900 Imame nach Deutschland entsandt. Vielen fehlten Sprachkenntnisse und der Bezug zu demokratischen Werten. Auch deutsche Muslime beklagen den wachsenden Einfluss ausländischer Regierungen auf die Moscheegemeinden im Land. Seehofer forderte die Mitglieder auf, Organisation und Finanzen selbst in die Hand zu nehmen und in Deutschland ausgebildete Geistliche predigen zu lassen. Der Staat werde die Gemeinde bei Integrationsmaßnahmen so weit wie möglich unterstützen.

Innenstaatssekretär Markus Kerber kündigte eine bessere Ausbildung von Imamen an. Mehr Geld dafür gibt es allerdings nicht. "Wer als Moscheeverband Teil von Deutschland sein will, kann nicht Teil von Ankara bleiben", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU). Nötig sei der Umbau der Vertretung von Muslimen in Deutschland. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, kritisierte den schleppenden Fortgang. Die Bundesländer täten sich schwer beim Abschluss von Staatsverträgen mit den Islamverbänden.

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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