Georgien:Siegerin im zweiten Anlauf

In Georgien erringt erstmals eine Frau das höchste Staatsamt. Salome Surabischwili verdankt ihren Sieg aber weniger ihrer eigenen Popularität, als der Unbeliebtheit von Ex-Präsident Michail Saakaschwili, dessen Außenministerin sie einst war.

Von Silke Bigalke, Moskau

Zum ersten Mal ist in Georgien eine Frau zur Präsidentin gewählt worden. Salome Surabischwili gewann die Wahl am Mittwoch mit knapp 60 Prozent deutlich, allerdings erst im zweiten Anlauf. Bei der ersten Abstimmung im Oktober war die 66-Jährige ihrer Favoritenrolle nicht gerecht geworden war, das Ergebnis fiel nicht eindeutig genug aus. Ihren Sieg verdankt sie nun wohl weniger ihrer eigenen Popularität als der Unbeliebtheit eines anderen: des früheren Staatspräsidenten Michail Saakaschwili, dessen Außenministerin sie einst war und zu dessen schärfster Kritikerin sie seither geworden ist.

Salome Surabischwili kam erst im Alter von 36 Jahren erstmals nach Georgien. Ihre Großeltern waren von dort vor den Kommunisten geflohen, sie selbst wurde in Paris geboren, machte Karriere als französische Diplomatin. Ihr Job führte sie 2003 als Botschafterin nach Tiflis. Nur ein Jahr später wurde sie Außenministerin in der Regierung von Saakaschwili. Nach einem weiteren Jahr löste sie sich von ihm und wechselte in die Opposition. Michail Saakaschwili wurde später wegen Amtsmissbrauchs verurteilt und ging ins Exil. Er lebt heute in den Niederlanden, von wo aus er sich lautstark in den Wahlkampf einmischte. Dem Kandidaten seiner früheren Partei, Salome Surabischwilis Kontrahenten, hat das wohl eher geschadet. Der hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs Saakaschwili zu begnadigen. Gegen diesen Vorstoß von Surabischwilis Widersacher hatten daraufhin Zehntausende Menschen demonstriert.

Salome Surabischwili ist als unabhängige Kandidatin angetreten, wird aber von der jetzigen Regierungspartei "Georgischer Traum" unterstützt. Die Opposition wirft der Partei nun vor, die Wahl zugunsten der früheren Diplomatin beeinflusst zu haben. Auch Wahlbeobachter der OSZE kritisierten, dass staatliche Angestellte für den Wahlkampf eingesetzt worden seien. Die Beobachter sprachen zwar von einem freien Wettbewerb, aber auch vom "negativen Charakter" des Wahlkampfs. Dieser war erbittert geführt worden, mit Protesten und derben Beschimpfungen auf beiden Seiten. Dabei ging es bei dieser Wahl um vergleichsweise wenig, dem Präsidenten sind nach einer Verfassungsänderung vor allem repräsentative Aufgaben geblieben. Die Abstimmung gilt aber auch als Testlauf für die Parlamentswahlen in zwei Jahren.

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