Verkehr:Zweite Stammstrecke: Auftrag für Rohbau des westlichen Abschnitts vergeben

Baustelle für zweite S-Bahn-Stammstrecke in München, 2018

Viele glauben nicht, dass die Verzögerungen bei der zweiten Stammstrecke einzig und allein an der U 9 liegen.

(Foto: Robert Haas)
  • Die Deutsche Bahn hat die Tunnelbauarbeiten rund um den Hauptbahnhof an eine private Bietergemeinschaft vergeben.
  • 676 Millionen Euro kostet der westliche Abschnitt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke im Rohbau.
  • Das Baulos umfasst die unterirdische Station am Hauptbahnhof samt ihrem großzügig dimensionierten Zugangsbauwerk, dem sogenannten Nukleus, sowie die Tunnelröhren zwischen Donnersbergerbrücke und Marienhof.

Von Dominik Hutter

Nach gut zwei Jahrzehnten Dauerdebatte um den Ausbau der Münchner S-Bahn wird es nun konkret: Die Deutsche Bahn hat die Tunnelbauarbeiten rund um den Hauptbahnhof an eine private Bietergemeinschaft vergeben. 676 Millionen Euro kostet der westliche Abschnitt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke - im Rohbau, denn nur dafür sind die Firmen Wayss & Freytag Ingenieurbau, Max Bögl, Züblin und Bauer Spezialtiefbau vorerst zuständig. Das Baulos umfasst die unterirdische Station am Hauptbahnhof samt ihrem großzügig dimensionierten Zugangsbauwerk, dem sogenannten Nukleus, sowie die Tunnelröhren zwischen Donnersbergerbrücke und Marienhof.

Dass es bald losgeht, ist an der Fassade des aus den Fünfzigerjahren stammenden Bahnhofsgebäudes bereits deutlich zu sehen: Im Oktober haben Arbeiter die charakteristische Uhr sowie das hinter der Glasfront montierte "Alpenmosaik" des Künstlers Rupprecht Geiger abgenommen und zwischengelagert - beide werden später in den Neubau integriert. Im Frühjahr beginnen nach Auskunft der für die Stammstrecke zuständigen Bahn-Sprecherin Inge Miethaner die Vorbereitungen für den Bau des Nukleus, der inmitten der heutigen Schalterhalle 40 Meter in die Tiefe reichen soll. Zunächst soll eine Schallschutzwand errichtet werden. Dann müssen das nierenförmige Vordach, das "Schwammerl", sowie Teile der Glasfassade und der Schalterhalle weichen - die Buddelei selbst beginnt im Sommer. Zunächst wird nur ein Teil des grün-silbernen Bahnhofsriegels abgebrochen. Über kurz oder lang fällt aber das gesamte Bauwerk und weicht einer gläsernen Neukonstruktion mit sieben Ober- und zwei Tiefgeschossen.

Die Tunnelvortriebsmaschinen rücken erst in etwa zwei Jahren an. Anders als die Stationen werden die beiden separaten Streckenröhren bergmännisch gebaut. Start ist jeweils an den späteren Tunneleinfahrten, also an der Donnersbergerbrücke sowie nahe dem Ostbahnhof. Die vier Giganten treffen sich nach vollbrachter Tat am Marienhof, wo ebenfalls ein großer Kreuzungsbahnhof entsteht, an dem die Fahrgäste später zur U 3 und U 6 sowie zu den Zügen der ersten Stammstrecke umsteigen können. Für den Bau dieser Station läuft aktuell ein Bieterwettbewerb, der in den kommenden Wochen entscheiden wird. Über die Rohbauarbeiten für den östlichen Streckenabschnitt sowie die Station am Ostbahnhof wird erst später entschieden - wie auch über Innenausbau sowie technische Installationen. Die zweite S-Bahn-Röhre soll 2026 in Betrieb gehen.

Mit dem Nukleus beginnt der auf viele Jahre angelegte Neu- und Umbau des Hauptbahnhofs - neben dem neuen Empfangsgebäude und der S-Bahn-Röhre ist auch der Starnberger Flügelbahnhof mit im Paket. Die Gleishalle hingegen bleibt bestehen. Der Nukleus, der 2024 fertig werden soll, dient als Verbindung zwischen den beiden S-Bahn-Stammstrecken sowie den U-Bahn-Stationen von U 1/U 2 und U 4/U 5. Der neue S-Bahnhof in 40 Metern Tiefe, der wie bei der alten Stammstrecke separate Ein- und Ausstiegsbahnsteige erhalten soll, wurde vor wenigen Monaten bei einer Optimierung der Baupläne um 80 Meter nach Westen verschoben. Auf den Nukleus hat diese Planänderung keine Auswirkungen, betroffen ist Miethaner zufolge nur die Bahnsteig-Ebene. Die Änderung ist vom Eisenbahn-Bundesamt noch nicht abgesegnet. Geht das schief, will die Bahn nach den alten, bereits genehmigten Plänen vorgehen.

Mit dem Bau der 3,8 Milliarden Euro teuren Stammstrecke sollen vor allem die Pendlerverbindungen ins Umland attraktiver werden. Dichtere Takte sind auf der bestehenden Strecke nicht mehr möglich, die Röhre aus den Siebzigerjahren ist längst ausgelastet. Die Planungs- und Entscheidungsphase wurde von erbitterten Variantendiskussionen begleitet - zahlreiche Experten halten bis heute den Ausbau des oberirdisch verlaufenden DB-Südrings für sinnvoller. Untersuchungen, deren Wert von den Projektgegnern stets angezweifelt wurden, haben jedoch den parallel zur bestehenden Stammstrecke verlaufenden Tunnel als die bessere Variante ausgemacht. Um Kosten zu sparen, verschwanden im Laufe des langen Planungsprozesses die ursprünglich diskutierten Stationen am Arnulfpark, an der Maximilianstraße sowie am Max-Weber-Platz aus den Unterlagen.

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