Ausbildung:Vom Meister zum Berufsbachelor

Nicht nur für Meister: Wer bekommt eigentlich Aufstiegs-Bafög?

Der Tischlermeister darf künftig auch den Titel "Berufsbachelor" führen.

(Foto: dpa-tmn)

Bildungsministerin Karliczek will die berufliche Bildung aufwerten. Abschlüsse wie "Berufsbachelor" sollen praxisnahe Alternativen zum Studium sein. Das gefällt nicht jedem.

Von Jutta Pilgram

Eine Berufsausbildung dauert zwei oder drei Jahre, manchmal auch dreieinhalb. Wer seine Fertigkeiten anschließend perfektionieren will, kann Meister werden. Und sonst? In Deutschland gibt es unzählige Möglichkeiten der beruflichen Fortbildung, bei denen Hunderte verschiedene Abschlüsse verliehen werden. Doch kaum jemand kann diese Abschlüsse richtig einordnen. Was genau ist ein Servicetechniker, wie wird man Fertigungsplanerin, Prozessmanager, Betriebswirt oder Fachkauffrau? Und wie viel sind diese Ausbildungen wert? Um den Wust an Bezeichnungen zu ordnen, will Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nun drei neue, übergeordnete Abschlüsse in der beruflichen Bildung einführen.

"Berufsspezialist" darf sich nennen, wer eine Lehre absolviert hat. Der "Berufsbachelor" entspricht dem Meister, Techniker oder Fachwirt und ist dem akademischen Bachelor gleichgestellt. Der "Berufsmaster" fasst weitere Aufstiegsfortbildungen zusammen und ist einem Master von der Hochschule ebenbürtig. Bisherige Begriffe wie etwa "Meister" sollen nicht abgeschafft, sondern aufgewertet werden.

"Es muss ganz deutlich werden: Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertige Karrierewege", sagte Karliczek bei einer Tagung Anfang der Woche in Berlin. "Nichts spricht dagegen, nach einer Ausbildung zum Beispiel als Anlagenmechaniker später an einer Hochschule Versorgungstechnik zu studieren. Und mancher Wirtschaftsstudent sehnt sich nach mehr Praxis und möchte vielleicht lieber eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann machen." Da sei es nur angemessen, wenn sich der Kfz-Meister künftig zusätzlich "Berufsbachelor in Kfz-Technik" nennen dürfe.

Können die neuen Abschlüsse tatsächlich zu mehr Chancengerechtigkeit führen - oder schaffen sie eher Verwirrung? Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Peter-André Alt, warnt vor Gleichmacherei: "Die angestrebten Bezeichnungen Berufsbachelor und Berufsmaster bergen große Verwechslungsgefahr - bei jungen Menschen in der Berufsorientierung wie auch bei Unternehmen, da völlig unterschiedliche Kompetenzen fast identisch etikettiert werden sollen."

Die angestrebte Umbenennung ziele genau in die falsche Richtung, wenn die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung verdeutlicht werden solle, erklärt der HRK-Chef. "Berufs- wie Studienabschlüsse sollten in ihrem je eigenen Charakter klar erkennbar sein und daher auch eindeutig benannt werden."

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat sich dagegen schon mit den geplanten Bezeichnungen angefreundet. "Berufsspezialist, Berufsbachelor und Berufsmaster unterstreichen nicht nur die Praxisnähe und besonderen Fähigkeiten von Menschen mit höherer Berufsbildung", sagt Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer. Sie betonten auch den Markenkern der höheren Berufsbildung und könnten noch mehr junge Menschen für den Weg der praxisnahen Bildung begeistern. "Klare Bezeichnungen nützen aber nicht nur den Absolventen, sondern auch vielen Unternehmen, die händeringend beruflich qualifizierte Fachkräfte suchen", sagt Dercks.

Eine Verwechslungsgefahr mit den ähnlich klingenden Hochschulabschlüssen sieht Dercks nicht. Die neuen Abschlüssen seien klar zu unterscheiden und machten gleichzeitig "auch sprachlich deutlich, dass es sich um gleichwertige Abschlüsse auf unterschiedlichen Wegen handelt". Berufsbachelor und Berufsmaster seien ein zusätzlicher Hebel, um Jugendlichen eine Karriere in der beruflichen Bildung als echte und praxisnahe Alternative zum Studium schmackhaft zu machen. "Diese Alternative zahlt sich im Übrigen aus", sagt Dercks. "Anders als oft bekannt verdienen Berufsbachelor und Berufsmaster gutes Geld, häufig sogar mehr als Akademiker, und sie sind noch seltener arbeitslos als Hochschulabsolventen."

Ein ganz anderes Argument führt der Generalsekretär des Zentralverbands Gartenbau (ZVG), Bertram Fleischer, ins Feld. Namensänderungen allein würden die berufliche Bildung nicht attraktiver machen, sagt er. Von einer Gleichstellung könne erst die Rede sein, wenn die Fortbildung an den Fachschulen etwa für Gärtner genauso wie das Studium durchgängig durch Aufstiegs-Bafög gefördert würde. "Außerdem muss auf Gebühren bei der Meister- und Technikerprüfung verzichtet werden", fordert Fleischer. "Im Studium werden auch keine Prüfungsgebühren erhoben."

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