USA:Der Präsident will endlich einen loyalen Justizminister

William Barr

Der frühere US-Justizminister William Barr soll den Posten nach dem Willen von Präsident Donald Trump erneut ausüben.

(Foto: dpa)

Dabei gilt William Barr, den Trump für den Posten nominiert hat, in erster Linie als unbestechlicher Jurist. Trumps Zorn könnte ihn bald treffen - wie gerade den ehemaligen Außenminister Rex Tillerson.

Analyse von Thorsten Denkler, New York

William Barr weiß hoffentlich, auf was für ein Abenteuer er sich da einlässt. US-Präsident Donald Trump hat den 68 Jahre alten Juristen als Nachfolger des ungeliebten Jeff Sessions für das Amt des Justizministers der USA nominiert. Barr muss noch vom Senat bestätigt werden. Aber das scheint nur eine Formsache zu sein.

Erstmal ist gar nicht viel gegen den Mann vorzubringen. Er hat sich mal negativ über die Russland-Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller geäußert. Das ist deshalb pikant, weil er als Justizminister die Aufsicht über die Ermittlungen führen wird. Und er hat das ein oder andere Mal Verständnis dafür gezeigt, dass Trump neue Ermittlungen gegen Hillary Clinton wegen ihrer E-Mail-Affäre fordert.

Juristen halten Barr für eine bessere Wahl als Sessions

Ansonsten gilt Barr als außerordentlich erfahren, was auch Demokraten anerkennen. Er war schon unter dem gerade verstorbenen Präsidenten George H.W. Bush Justizminister. Von 1991 bis 1993. Damals hat er die Arbeit von gleich zwei Sonderermittlern beaufsichtigt. Er galt als unbestechlich und unparteiisch.

"Barr war ein sehr guter Justizminister", schreibt Benjamin Wittes, Chefredakteur des angesehenen "Lawfare Blog" auf Twitter. Er sei ohne Zweifel ein Konservativer. Aber einer, der die "Traditionen des Ministeriums" hochhält. In jedem Fall sei Barr gegenüber Sessions die mit Abstand bessere Wahl.

Die Entscheidung hätte auch eine andere sein können. Für das nicht ganz unwichtige Amt des UN-Botschafters hat sich Trump zum Beispiel Heather Nauert ausgesucht. Sie ist seit April 2017 Pressesprecherin des Außenministeriums. Für Schlagzeilen sorgte sie, als sie erklärte, dass der D-Day in der Normandie ein Beweis für die enge Freundschaft zwischen den USA und Deutschland sei. Nauerts Kernqualifikation scheint zu sein, dass sie vor ihrer Blitzkarriere im Außenministerium eine Trump-treue Moderatorin von Trumps Lieblingssendung "Fox and Friends" war.

Jeff Sessions gab die Aufsicht über die Russland-Ermittlungen ab

Was alles zusammen die Frage provoziert, warum ein Mann wie Barr für Trump arbeiten will. Wenn stimmt, was Wittes schreibt, dann verkörpert Barr nämlich das genaue Gegenteil von dem, was Trump gerne hätte: unbedingte Loyalität.

Wie es einem ergeht, der diese Loyalität nicht aufbringen kann, musste Jeff Sessions erfahren. Der hatte im Frühjahr 2017 anständigerweise wegen Befangenheit die Aufsicht über die Russland-Ermittlungen an seinen Stellvertreter Rod Rosenstein übergeben. Seit dem musste er sich von Trump praktisch durchgehend beleidigen, beschimpfen und demütigen lassen.

Sessions hat das ausgehalten, weil das Amt die Erfüllung seines Lebenstraumes war. Nach den Midterm-Wahlen hat Trump ihn gefeuert. Er nämlich konnte nicht aushalten, dass sich der Mann, der ihn vor den Ermittlungen schützen sollte, dieser Aufgabe einfach entzogen hat.

Trump bestraft illoyales Verhalten sofort

Trumps Rache für illoyales Verhalten kommt stets umgehend und ungefiltert. Am Donnerstag etwa hat es seinen im März gefeuerten Außenminister Rex Tillerson getroffen. Also den Mann, den Trump selbst für das wichtigste Ministeramt auserwählt hatte. Tillerson, schreibt Trump am Freitag auf Twitter, sei "dumm wie ein Stein" und "faul wie Hölle". Er habe ihn nicht schnell genug loswerden können.

Was Tillerson verbrochen hat? Er hat am Donnerstag auf einer Podiumsdiskussion erstmals offen über seine Zeit mit Trump gesprochen. Es sei als Chef des Ölkonzerns ExxonMobil aus einem in höchstem Maße prozessorientierten Unternehmen gekommen. Es sei deshalb eine große Herausforderung gewesen, "für einen Mann zu arbeiten, der ziemlich undiszipliniert ist, der nicht gerne liest, der keine Akten liest, der es nicht mag, in die Details zu gehen, und der lieber sagt: Schau, das ist es, was ich glaube. Du kannst versuchen mich von etwas anderem zu überzeugen. Aber in der Regel wirst du das nicht schaffen."

Tillerson durchbricht die Mauer der Anonymität

Und oft, wenn Trump mal wieder gesagt hat, was er will und wie er es umgesetzt sehen will, da habe er, Tillerson, eingreifen und Trump erklären müssen: "Herr Präsident, ich verstehe, was Sie vorhaben, aber das können Sie so nicht machen. Es würde gegen das Gesetz verstoßen." Das habe Trump sehr frustriert. "Ich glaube er ist meiner überdrüssig geworden, weil ich der Typ war, der jeden Tag ankam und ihm sagte: Das kannst Du nicht tun."

Das sind alles keine große Neuigkeiten. Die entnervende Schlichtheit des US-Präsidenten wurde oft beschrieben. Allerdings fast immer von anonymen Quellen. Tillerson durchbricht jetzt diese Mauer der Anonymität.

Nimmt Barr seine Rolle so ernst, wie er es offenbar unter George H.W. Bush getan hat, dann ist der Konflikt mit Trump programmiert. Dann wird er die Ermittlungen von Mueller nicht zu behindern oder zu steuern versuchen. Dann wird er Mueller einfach arbeiten lassen, wie schon damals, als Mueller unter Barr die Kriminal-Abteilung im Justizministerium geleitet hat. Dann wird Barr die Unabhängigkeit seines Ministeriums verteidigen. Vor allem gegen Trump. Der hat in Hunderten von Tweets die Mueller-Ermittlungen als Hexenjagd gegen ihn verteufelt. Und neben Mueller und Sessions auch führende Mitarbeiter des Ministeriums bezichtigt, im Grunde von den Demokraten gesteuert zu sein.

Stabschef John Kelly könnte Trumps nächstes Opfer werden

Vermutlich wird sich Barr also irgendwann genauso von Trump beschimpfen lassen müssen, wie Sessions oder Tillerson oder die vielen anderen, die in Ungnade gefallen sind oder die Trump einfach nicht mag.

John Kelly könnte der nächste sein. US-Medien spekulieren, dass Trump seinen Stabschef noch an diesem Wochenende entlassen könnte. Der hochdekorierte General hält das Weiße Haus mehr schlecht als recht zusammen. Was vor allem am Präsidenten liegt. Kelly ist angeblich ziemlich unglücklich. Weswegen sich seit Monaten Gerüchte halten, dass sein Absprung kurz bevor steht. Vielleicht wird auch er eines Tages offen reden. So wie Tillerson. Trumps Rache dürfte ihm sicher sein.

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