Mobiles Bezahlen:Apple Pay startet in Deutschland

  • Wer ein Smartphone von Apple besitzt, erhält jetzt eine Alternative zum Portemonnaie an der Ladenkasse.
  • In anderen Ländern ist das schon länger möglich, doch Apple und die Banken konnten sich lange nicht darauf einigen, wer wie viel an einer Kartentransaktion verdient.

Von Felicitas Wilke und Nils Wischmeyer

Der Bezahldienst Apple Pay wird an diesem Dienstagmorgen auch in Deutschland starten. Kunden könnten den Bezahldienst "ab sofort" nutzen, teilte der Tech-Konzern am Dienstagmorgen mit.

Folgende Geldhäuser kooperieren dabei mit Apple: Comdirect, Deutsche Bank, American Express, Boon, Bunq, Fidor Bank, Hanseatic Bank, Hypo Vereinsbank/Unicredit, N26, O2 Banking, Ticket Restaurant Edenred, Vimpay.

Wer ein Smartphone von Apple besitzt, erhält mit dem Bezahldienst eine Alternative zum Portemonnaie an der Ladenkasse. Bislang streikte das iPhone bei der gängigen mobilen Bezahlweise, der Funkübertragung über die sogenannte Near Field Technology (NFC).

Bereits im Sommer hatte Apple-Chef Tim Cook verkündet, Apple Pay komme "noch dieses Jahr" nach Deutschland. In vielen anderen Staaten, darunter in Nachbarländern wie Frankreich, Dänemark oder Polen, können Verbraucher bereits seit Monaten, teils Jahren mit Apple Pay bezahlen.

Hierzulande haben sich der US-Konzern und die Banken lange nicht darauf geeinigt, wer wie viel an einer Kartentransaktion verdient. Experten berichten, dass Apple einen hohen Prozentsatz verlangt, gegen den sich viele Banken lange wehrten. In der Folge gab Apple die NFC-Schnittstelle an seinen Geräten nicht für die Banken und andere Bezahl-Apps frei.

So lässt sich der Dienst aktivieren

Immerhin jeder fünfte Smartphone-Besitzer in Deutschland nutzt ein Gerät von Apple. Um ab sofort auf den konzerneigenen Dienst zugreifen zu können, reicht es allerdings nicht, ein Handy oder ein anderes Gerät mit Apfel im Logo zu haben. Man muss auch Kunde bei einer der teilnehmenden Banken sein.

Wer dort ein Konto besitzt, kann in der Apple-Wallet, so heißt die digitale Brieftasche auf den Geräten, seine Kreditkarte oder Debitkarte in digitaler Form hinzufügen. Über diese Karte wird dann die Zahlung abgewickelt. Nicht hinterlegen kann man, so heißt es, die Girocard - womöglich ein Nachteil für viele potenzielle Kunden: Denn in Deutschland besitzt nur gut jeder Dritte eine Kreditkarte, fast jeder aber eine Debitkarte. Meist handelt es sich dabei um die Girocard, die früher als EC-Karte firmierte.

Eine Alternative gibt es zumindest für all jene, die kein Konto bei einer der teilnehmenden Banken besitzen. Sie haben die Möglichkeit, den bankenunabhängigen Dienst Boon zu nutzen, der zum Dax-Konzern Wirecard gehört. In der Boon-App können etwa auch Kunden der Sparkasse oder der Volksbanken eine digitale Debit-Mastercard anlegen, automatisch aufladen und dann mit dem Apple-Gerät bezahlen.

Damit das auch wirklich funktioniert, muss der Händler die NFC-Technologie unterstützen. Die meisten Kassen sind inzwischen entsprechend umgerüstet, da die Technik auch beim kontaktlosen Bezahlen mit der Karte zum Zug kommt. Um eine Rechnung zu begleichen, hält die Kundin ihr Smartphone an das Terminal und muss sich mit dem Fingerabdruck oder Gesicht authentifizieren. Erst dann gilt der Bezahlvorgang als abgeschlossen. Auf diese Weise möchte Apple sicherstellen, dass Kriminelle nicht einfach mit einem gestohlenen Handy bezahlen können.

Generell ist das Bezahlen mit dem Smartphone, sei es nun mit einem iPhone oder einem Android-Gerät, sehr sicher. Der Käufer muss sich zumindest bei höheren Beträgen ausweisen, etwa mit dem Fingerabdruck oder via Face-ID, also Gesichtserkennung. Apple wirbt zudem damit, dass die persönlichen Daten nicht gespeichert werden - und versucht auf diese Weise, die sicherheitsbewussten Menschen hierzulande zu überzeugen.

Die Apple-Nutzer hatten den Bezahldienst auch deshalb sehnsüchtig erwartet, weil andere Anbieter wesentlich schneller gewesen waren. Die Lösung Google Pay, die auf Geräten mit dem Betriebssystem Android läuft, startete bereits im Sommer dieses Jahres mit großen Partnerbanken, darunter der Commerzbank. Seit einigen Wochen ist zudem Paypal als mächtiger Unterstützer an Bord.

Girocard kann bei anderen Apps hinterlegt werden

Die Volksbanken und Sparkassen haben, ebenso wie der Handel, eigene Apps entwickelt, über die Kunden an den Kassen von Aldi, Rewe oder Netto bezahlen können. Es ist allerdings fraglich, wie erfolgreich eine solche Silo-Lösung sein kann. Sparkassenkunden beispielsweise, die ein iPhone nutzen, können außer über Boon weiterhin nicht mit dem Smartphone bezahlen. Das Gleiche gilt für die Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken.

Die beiden Institutsgruppen wiederum können anders als Apple Pay damit punkten, dass sich bei ihnen die Girocard hinterlegen lässt. Bei den VR-Banken, die im August einen mobilen Bezahldienst auf den Weg brachten, haben nur 20 Prozent der Kunden ihre Kreditkarte hinterlegt, alle anderen nutzen die digitale Girocard.

Das zeigt, dass es Apple Pay in Deutschland schwer haben könnte, solange sich keine Girocard hinterlegen lässt. Nicht nur mit Kreditkarten fremdeln viele Menschen in Deutschland, auch mit dem mobilen Bezahlen generell halten sie sich bislang zurück. Nicht mal jeder Zehnte hat bisher eine Rechnung mit dem Smartphone beglichen, zeigen Zahlen der Bundesbank.

Viele meiden mobile Bezahldienste aus Sicherheitsgründen, die meisten Verbraucher sehen jedoch schlicht keinen Nutzen darin, mit dem Handy zu bezahlen. "Wirklich durchsetzen wird sich das mobile Bezahlen wohl erst, wenn die Kunden dadurch einen spürbaren Mehrwert erhalten", sagt Oliver Hommel, Experte für Zahlungsverkehr bei der Beratung Accenture. Das könnten Treuepunkte oder Sonderangebote sein, aber auch die Möglichkeit, ein Produkt vorab zu bestellen und mobil zu bezahlen, ohne sich in der Warteschlange einreihen zu müssen.

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