Abtreibungen:SPD-Abgeordnete kritisieren Kompromiss bei Paragraf 219a

Pressekonfernz zum ß218

Justizministerin Barley (m.), Familienministerin Giffey (l.), (beide SPD), Gesundheitsminister Spahn und Kanzleramtschef Braun (r.), (beide CDU), sowie Innenminister Seehofer (CSU), (2.v.r.) wollen den umstrittenen Paragraf 219a nicht aus dem Strafgesetzbuch streichen, sondern nur ergänzen.

(Foto: dpa)
  • In der SPD kritisieren viele den Kompromiss der Koalition zum Paragrafen 219a.
  • In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zu den Eckpunkten heißt es, "dem können die SPD-Frauen niemals zustimmen."
  • Die ASF bemängelt, das Wort "Werbung" suggeriere, "Frauen würden sich zur Abtreibung locken lassen, weil sie heute gerade nichts Anderes zu tun hätten.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Der Kompromissvorschlag der Koalition zum Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche stößt bei der Opposition auf Kritik - und auch innerhalb der SPD. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zu den Eckpunkten heißt es, "dem können die SPD-Frauen niemals zustimmen."

Denn Justizministerin Katarina Barley, Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) wollen den umstrittenen Paragrafen 219a nicht aus dem Strafgesetzbuch streichen, sondern nur ergänzen. Werbung für Schwangerschaftsabbrüche soll weiter verboten bleiben.

Die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sollen aber beauftragt werden, neutrale Informationen zur Verfügung zu stellen, welche Ärzte und Einrichtungen Abtreibungen vornehmen. Dieser Informationsauftrag soll im Paragrafen 219a verankert werden. Details wurden für Januar angekündigt.

ASF kritisiert das Wort "Werbung"

Die ASF kritisiert, das Wort "Werbung" suggeriere, "Frauen würden sich zur Abtreibung locken lassen, weil sie heute gerade nichts anderes zu tun hätten. Dies ist und bleibt zynisch." Auch die Vorsitzende des "Forums Demokratische Linke 21" innerhalb der SPD, Hilde Mattheis, kritisierte das Papier der fünf Minister. Es sei "ein weiteres Beispiel dafür, wie versucht wird, unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe von Union und SPD mit Formelkompromissen zu übertünchen".

Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Sebastian Hartmann, sagte, Frauen müssten umfassende Information erhalten und Ärzte vor Strafverfolgung geschützt werden. Er forderte "im Januar endlich eine gute Regelung". Hartmann hatte zuvor noch gefordert, die SPD müsse "jetzt die Gelegenheit ergreifen, eine parlamentarische Mehrheit zur Streichung des Paragrafen 219a zu organisieren" - und zwar mit einer Gewissensentscheidung der Abgeordneten, also unter Aufhebung der Fraktionsdisziplin. Nun schließt er sich jedoch Parteichefin Andrea Nahles an, die am Mittwochabend gesagt hatte, man werde jetzt den genauen Gesetzestext abwarten und ihn dann im Januar bewerten.

Lauterbach: "Schritt in die richtige Richtung"

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach nannte den Kompromissvorschlag im Bundestag einen "Schritt in die richtige Richtung". Denn am Donnerstagnachmittag debattierte auch das Plenum über Schwangerschaftsabbrüche. Die AfD-Fraktion hatte einen Beschluss der Jusos zur Legalisierung von Abbrüchen zum Anlass genommen, eine Aktuelle Stunde einzuberufen. Fraktionsvize Beatrix von Storch sprach darin von einer "Babymörderfraktion" innerhalb der Jusos und wurde für diese Wortwahl von der Vizepräsidentin des Bundestages, Petra Pau (Linke), ermahnt. Grüne, Linke und FDP warfen der SPD vor, bei dem Kompromiss eingeknickt zu sein. Die FDP wollte mit einem Antrag am Donnerstagabend eine Abstimmung über die Streichung des Werbeverbots erzwingen. Die Koalition wollte dies jedoch abwenden, indem sie für eine Überweisung des Kompromisses in den Rechtsausschuss stimmt, hieß es aus der SPD-Fraktion.

Kritik an dem Kompromissvorschlag kam auch von der auf Grundlage des Paragrafen 219a verurteilten Ärztin Kristina Hänel aus Gießen. Sie hatte vor einem Jahr die Diskussion angestoßen und sagte jetzt, sie sei über den Vorschlag der Minister "entsetzt". Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery dagegen begrüßte die Einigung: Offenkundig bemühten sich die Koalitionsfraktionen um eine konstruktive Lösung. Auch die Kirchen bewerteten die Eckpunkte positiv. Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer twitterte: "Der Schutz des Lebens, ungeborenes und geborenes, hat für CDU überragende Bedeutung. Deshalb gut, dass Werbeverbot bleibt."

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Die zuständigen Minister der großen Koalition einigen sich auf eine Novelle des umstrittenen Paragrafen. Ärzte sollen ein Recht zur Information erhalten. Näheres wird im Januar geregelt.

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