Chinesische Investoren:Ein Gesetz hätte die Kuka-Übernahme kaum verhindert

FILE PHOTO: A Kuka technician programs a robot arm of German industrial robot maker Kuka in Hanover

Kuka steht wie kaum ein anderes deutsches Unternehmen für die Fertigung von Robotern. Die Übernahme durch chinesische Investoren versetzte die deutsche Wirtschaft und Politik in Aufruhr.

(Foto: Wolfgang Rattay/Reuters)

Das Außenwirtschaftsgesetz soll verschärft werden, um sicherheitsrelevante Firmen vor chinesischen Investoren zu schützen. Viel ändern wird sich dadurch nicht.

Kommentar von Elisabeth Dostert

Es gibt eine Reihe von Begriffen, auf die reagieren Politiker, Beschäftigte, Gewerkschafter, Unternehmer und ihre Lobbyisten wie die Pawlow'schen Hunde. Sie fühlen sich gereizt und reagieren auf die erlernte Weise, auch wenn nicht viel passiert ist, wie Pawlows Hunde. Der russische Wissenschaftler hatte um das Jahr 1900 Zwingerhunde so konditioniert, dass sie schon auf die Schritte ihres Herrn mit Speichelfluss reagierten, obwohl noch kein Futter in Sicht war.

In der Wirtschaft lösen chinesische Investoren regelmäßig Pawlow'sche Reflexe aus. Jede ihrer Annäherungen an eine deutsche Firma wird argwöhnisch betrachtet. Es gab Übernahmen wie Putzmeister oder Kiekert, die nur wenige aufregten, aber seit sich der chinesische Hausgerätehersteller Midea 2016 an den Augsburger Roboterhersteller Kuka ranmachte, ist Deutschland bestens konditioniert. Die Offerte von Midea versetzte Politik und Wirtschaft in Aufruhr. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und der EU-Kommissar Günther Oettinger befürchteten den Ausverkauf deutscher Spitzentechnologie, weil Kuka wie kaum ein anderes deutsches Unternehmen für Roboter stand, ohne die die digitale Fabrik mit ihrer vernetzen Produktion nicht möglich ist. Politiker und Industrielle versuchten, ein Gegenangebot zu orchestrieren. Vergeblich. Den Preis von Midea, 115 Euro pro Aktie, wollte keiner überbieten.

Die Trennung von Vorstandschef Till Reuter Ende November, noch nicht einmal zwei Jahre nach dem Vollzug der Übernahme von Kuka durch Midea im Januar 2017, wirkt wie eine Bestätigung aller Ängste vor dem rigiden Einfluss chinesischer Aktionäre: Die neuen Eigentümer schauen eine Weile zu und greifen dann durch. Wer nicht spurt, geht schneller.

Solche Ängste kann auch die geplante neuerliche Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes nicht zerstreuen. Der Entwurf der Novelle soll an diesem Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden. An der generellen "Prüfeintrittsschwelle" von 25 Prozent ändert sich nichts. Nur in besonderen Fällen, wenn es um verteidigungs- oder sicherheitsrelevante Unternehmen geht, wird die Schwelle auf zehn Prozent gesenkt. Als sicherheitsrelevant gelten "kritische Infrastrukturen", Energieversorger, Lebensmittelhersteller ab einer bestimmten Größe, aber auch Medienunternehmen. Die Bundesregierung kann auch weiterhin Übernahmen nur untersagen, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt.

Die Eigentümer der Firmen sind mächtiger als jedes Gesetz

Gut möglich also, dass die Bundesregierung wegen der niedrigeren Schwelle künftig mehr Übernahmen prüfen wird, ob sie sehr viel mehr verhindern wird, ist fraglich. Eine Übernahme eines deutschen Verlags durch Chinesen würde wohl verboten. Allerdings genießen Medienhäuser, anders als Robotik-Firmen, im Fünfjahresplan der Volksrepublik keine Priorität. Die Übernahme eines Stromnetzes würde dagegen leichter zu untersagen sein. Verhindern konnte sie die Bundesregierung allerdings schon jetzt, wie das Beispiel des Netzbetreibers 50 Hertz zeigte. Statt des Versorgers State Grid Corporation of China übernahm die staatliche KfW-Bank ein Fünftel der Anteile.

Hätte ein Außenwirtschaftsgesetz in der geplanten neuen Form die Kuka-Übernahme verhindert? Eher nein. Die Augsburger stellen Roboter her, zu den großen Abnehmern zählen Autohersteller. Die Sicherheitsrelevanz ließe sich wohl kaum ordentlich begründen. Allzu fadenscheinig darf die Begründung nicht sein, wollen es sich die Deutschen mit dem wichtigen Handelspartner China nicht verderben und protektionistische Gegenschläge provozieren. Und, auch das will die Bundesregierung, Deutschland soll ein attraktiver Investitionsstandort bleiben.

In einer vernetzten Weltwirtschaft ist es ohnehin schwierig, den Einfluss ausländischer Unternehmen einzudämmen. Er findet häufig viel subtiler statt als über teure Übernahmen. Der Netzwerkausrüster Huawei, undurchsichtig wie viele Konzerne aus China, ist ein gutes Beispiel. Er hat sich als wichtiger Zulieferer der Telekommunikationsunternehmen still und heimlich und ohne eine einzige Übernahme in das deutsche Telekommunikationsnetz eingeschlichen.

Mächtiger als jedes Gesetz sind die Käufer von Produkten und Eigentümer von Firmen. Sie entscheiden über Kauf und Verkauf. Wenn sie weniger ihre eigenen Interessen im Blick gehabt hätten, hätten die Eigentümer die Kuka-Übernahme verhindern können. Niemand hat die Familienkonzerne Voith oder Loh gezwungen, ihre Aktien an Midea zu verkaufen. Sie hätten ihre Papiere einfach behalten können. Aber der Reiz des Geldes war wohl größer.

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