Trotz Niederlage:Warum Merz die CDU noch immer umtreibt

CDU-Politiker Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz

Auf der Regionalkonferenz in Düsseldort: Kramp-Karrenbauer und Merz

(Foto: REUTERS)
  • Manche in der CDU fordern einen Ministerposten für Merz. Doch das sei nicht nötig, sagt die neue Parteichefin Kramp-Karrenbauer nun.
  • Der Verlierer im Kampf um die CDU-Führung regt immer noch Fantasien in der Partei an.

Von Stefan Braun, Berlin

Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat in den vergangenen Monaten viele Qualitäten bewiesen. Sie kann kämpfen wie eine Löwin; das konnten viele Christdemokraten auf dem Hamburger Parteitag erleben. Sie kann die Nerven behalten; das erlebten die Saarländer, als es Wochen vor der jüngsten Landtagswahl für die CDU nicht wirklich gut aussah. Und sie kann offen zornig auftreten; das erlebte ein großes Fernsehpublikum, als der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki wie ein väterlicher Gönner sagte, dass er ihr eine gute Rede gar nicht zugetraut habe. AKK, wie sie in der CDU oft nur noch genannt wird, kann Zähne zeigen, das ist zuletzt deutlich geworden.

Der neueste Vorschlag für Merz' Zukunft lautet: Spitzenkandidat der CDU in Baden-Württemberg

Dass die Frau auch eine Meisterin des Spotts sein kann, beweist sie im jüngsten Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit. Und es spricht einiges dafür, dass diese Art des Spotts ebenfalls zu einem Markenzeichen der Partei-Erbin von Angela Merkel werden könnte. Angesprochen auf den von ihr bezwungenen Friedrich Merz und dessen Kabinettsambitionen, erklärte Kramp-Karrenbauer, sie habe "beim letzten Kabinettsfrühstück noch mal durchgezählt und festgestellt: das Kabinett war vollzählig". Entsprechend gebe es für die Kanzlerin "keinen Handlungsbedarf", irgendetwas zu ändern.

Merz hatte zuvor offen Lust gezeigt auf ein Ministeramt, allerdings hinzugefügt, eine Entscheidung darüber liege nicht in seinen Händen. Diese Einschätzung hat Kramp-Karrenbauer auf die ihr eigene Art noch einmal bestätigt.

Dass ihr dieser Umgang mit Konkurrenten nicht fremd ist, hatte sie schon zu Beginn des Duells mit Merz bestätigt. Als sie ihre Kandidatur das erste Mal offiziell ankündigte, betonte Kramp-Karrenbauer, es sei Zeit, den Bierdeckel beiseite zu legen, stattdessen könne sich Merz nach einer Niederlage vielleicht um eine Steuer-App kümmern. Damit nahm sie Bezug auf seine früheren Steuerreform-Vorschläge - und zeigte, wie sehr sich die Welt aus ihrer Sicht weitergedreht hat.

Spott allein freilich wird nicht helfen, um das tiefer liegende Problem zu lösen. Dass Merz trotz langer Abwesenheit fast CDU-Vorsitzender geworden wäre, hängt keineswegs an seiner Person alleine. Viel wichtiger sind politische Leerstellen, die in der CDU entstanden sind. Das gilt vor allem für die Innenpolitik und den Umgang mit Migration; und für die Frage, wie sich die CDU moderne Wirtschaftspolitik in Zeiten der Digitalisierung vorstellt.

Auch Merz selbst ließ bei diesen Themen fast alles unbeantwortet. Trotzdem bleibt die Frage hochaktuell - und wird für Kramp-Karrenbauer eine große Bewährungsprobe. Bislang herrscht an der Stelle Stille. Und so stürzen sich Teile der Partei weiter auf die Frage, was Merz werden könnte. Ganz so, als seien mit einem Amt alle inhaltlichen Mängel beseitigt.

Der jüngste Vorschlag dazu kam aus dem Landesverband Baden-Württemberg. Die Bild-Zeitung berichtete, im Südwesten gebe es Bestrebungen, Merz als Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl zu gewinnen.

Andere machten Schlagzeilen, weil sie die Kanzlerkandidatur offenhalten möchten

Das klingt auf den ersten Blick plausibel, weil Merz in der Landes-CDU von Anfang an besonderen Zuspruch erhielt. Es wirkt nichtsdestotrotz absurd, weil Merz mit dem Land Baden-Württemberg so gut wie nichts zu tun hat. Entsprechende Fantasien regt er gleichwohl an - und das lenkt den Blick nicht auf ihn, sondern auf die CDU im Südwesten. Zerstritten und gespalten wirkt sie bis heute, das ist ihre eigentliche Baustelle. Kein Wunder, dass mancher AKK-Unterstützer in Hamburg schon spottete, die CDU im Ländle sei zu kaputt, um sich noch einmal zu retten.

Andere machten über die Weihnachtstage Schlagzeilen, weil sie die Frage der Kanzlerkandidatur offenhalten möchten. So sagte der scheidende EU-Kommissar Günther Oettinger, er könne sich Merz nach wie vor als CDU-Frontmann vorstellen. Wem die Debatte wenige Wochen nach der Wahl der neuen Parteichefin nützen soll, ließ Oettinger offen. Das könnte daran liegen, dass solche Sätze in der CDU niemandem nutzen und allen schaden.

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