Im Fernsehen:Der Liebe letzter Akt

Bist du glücklich?

Noch verliebt oder schon entfremdet? Sonja (Laura Tonke) und Marc (Ronald Zehrfeld) kommen die Gemeinsamkeiten abhanden.

(Foto: Bettina Müller/HR)

Einfache Idee, wunderbar umgesetzt: Der ARD-Film "Bist du glücklich?" erzählt eine kitschfreie Trennungsgeschichte auf unterschiedlichen Zeitebenen.

Von Claudia Tieschky

Nach dreizehn Jahren, da sei Marc und Sonja die Liebe abhandengekommen "wie anderen Leuten ein Stock oder Hut", schreibt die ARD über ihren Film. Das ist eine sehr schöne Wendung von Erich Kästner, nur stimmt sie hier überhaupt nicht. Denn fast ganz zum Schluss von Bist du glücklich? erfährt man in einer erstaunlichen Pointe, dass es ein solides Geheimnis gibt, das vermutlich der Anfang von Entfremdung und Trennung war.

Allerdings würde man auch nach dieser Szene, wenn man als Zuschauer plötzlich den Durchblick hat, keinesfalls die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Wahrheit zwischen den beiden noch auf den Tisch kommt, denen man dabei zusieht, wie sie eine letzte gemeinsame Autoreise unternehmen: dem bärenhaften Beschützer Marc (Ronald Zehrfeld), der jetzt kein Beschützer mehr sein darf und deshalb oft unnütz bärenhaft in der Gegend steht, und der sehr verletzten Sonja, bei der die Verletztheit zu einer absolut hinreißenden Unberechenbarkeit führt (Laura Tonke erinnert in dieser Rolle bemerkenswerterweise an die junge Diane Keaton). Vielleicht ist es einfach zu spät und die Wahrheit deshalb auch egal. Marc ist ausgezogen und hat eine neue Freundin, die Wohnungsschlüssel sind abgegeben, bleibt nur noch das Wochenendhaus, das wird jetzt verkauft. Letzter Akt einer Trennung.

Drehbuchautor David Ungureit arbeitet mit einer ebenso einfachen wie effizienten Idee: Sonja und Marc fahren zu diesem Wochenendhaus - und in Rückblenden sieht man sie denselben Weg ein paar Jahre vorher nehmen, als sie selber das Haus kauften. Sie fahren sogar aneinander vorbei, das absurd verknallte Paar von früher und das neue Nicht-mehr-Paar, sie überholen sich gelegentlich gegenseitig in ihren Autos - damals eine Landschaftsgärtnerin und ein Vermessungstechniker im dreckigen Pick-up, jetzt zwei Arrivierte im dunklen SUV. Diese konsequent die Zeiten wechselnde Form ist für einen Mittwochabendfilm vielleicht ungewöhnlich, sie wirkt aber nie künstlich, sondern funktioniert perfekt. Sie erlaubt es dem Zuschauer, wie Sonja und Marc beim Fahren mit den Gedanken abzuschweifen und in Erinnerungen zu versinken.

Einmal sind beide einig, dass sie in dem Dorfwirtshaus halten müssen, wo sie das "sensationellste Chili der Welt" aßen. Der Raum ist noch derselbe, die Wirtin ist dieselbe, das Chili steht noch auf der Karte. Aber schon die Frage, an welchem Tisch man damals saß, wird zum Paarkampf um Sein oder Nichtsein, ein Katastrophenstrudel aus Vorwürfen. Als Zuschauer hat man die Rückblende gesehen und weiß: Ja, sie aßen damals das gleiche Chili, und es war sensationell wegen des fröhlich erschöpfenden Gevögels vorher im Auto.

Der eigentlich schwer deprimierenden Konstellation gewinnt Regisseur Max Zähle etwas sehr Charmantes ab, das zwischendurch sogar kurz Paarkomödie sein darf, aber die Balance im Ungefähren doch hält, also keine knuddelnde Versöhnung nahelegt. Ein Für-immer-Auseinandergehen aber auch nicht. Ein kitschfreier Liebesfilm, bittersüß.

Bist du glücklich?, Das Erste, 20.15 Uhr.

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