Partnersuche im Internet:Blondinen bevorzugt

Seit drei Jahren ist der Single Robert in Online-Portalen auf der Suche nach der richtigen Partnerin. Bisher hat der 52-Jährige bei seinen Dates oft Enttäuschungen erlebt. Aufgeben will er aber nicht und hofft auf 2019.

Von Claudia Wessel, Neubiberg

"Hey, hast du mal einen Treffer gemacht", frohlockte Robert Karl (Name geändert), 52, im heißen Sommer 2018. Er hatte ein Date, mal wieder. Diesmal stimmten so viele Vorzeichen. Sie war schlank, sie hatte lange blonde Haare, aber das Allerbeste: Sie war 37 Jahre jung. An einem Sonntagnachmittag war der große Augenblick gekommen. Im Café Detterbeck in München in der Fürstenrieder Straße hatte der Neubiberger zwei Plätze reserviert. Diesmal stammte die Dame von einem Tinder Match. Zahlreiche Dates hatte Robert aber auch schon durch Lovoo und die Münchner Singles.

Schon vor der Zeit lungerte Robert vor dem Café herum, mit Sonnenbrille. Denn er wollte, nach leidvollen Erfahrungen, erst einen Blick auf die Dame werfen, bevor er sich zu erkennen gab. Eine suchend schauende Blondine traf dann auch ein. "Sie sah gut aus, aus dem gewissen Abstand", erinnert sich Robert. Sie ging voraus ins Café, er folgte ihr und kam ihr immer näher. Dann drehte sie sich um, und das war der erste Schock. "Sie war sowas von zugeschminkt", sagt Robert. Einfach total übertrieben, wie eine Puppe. Fast wollte er umkehren, dann blieb er doch.

Als er sich zu erkennen gab, war auch ihm sofort alles klar. An ihrem Blick sah er, dass er nicht das war, was sie erwartet hatte. Sie sagte dann auch gleich als erstes: "Ich habe nur eine Stunde Zeit." Viel mehr sprach sie dann überhaupt nicht mehr. "Wenn ich nicht so viel reden würde, wären wir total schweigsam dagesessen", sagt Robert. Dann hatten sie aber wenigstens etwas zu schauen, denn plötzlich fiel am Nebentisch ein Mann leblos vom Stuhl, Aufruhr, Sanitäter kamen. "Wir schauten zu und sagten auch weiter kein Wort." Als der Rettungswagen weg war, sagte die Blondine. "Ich muss dann jetzt auch gehen."

Kaum war sie weg, kam die Bedienung an den Tisch und sagte: "Na, das war wohl nichts." Sie habe doch sofort gesehen, dass das nicht zusammen passe. Robert unterhielt sich noch eine Weile mit ihr und sie amüsierten sich, dann ging Robert nochmal auf die Toilette. Als er wieder hochkam, saß die Blondine wieder da. An einem anderen Tisch - und mit einem neuen Herrn.

60000 Personen sind bei den "Münchner Singles" unterwegs

Eine von vielen Frust-Varianten, die der Techniker, der seit 36 Jahren bei einer Pullacher Firma arbeitet - soviel zum Thema Treue - durch seine Online-Liebessuche erlebt hat. Seit seiner Scheidung ist er in diversen Dating-Portalen registriert, was übrigens offenbar viele so machen. "Ich sehe überall immer wieder dieselben Frauen", sagt er. Am meisten Dates hat er durch die Münchner Singles, eine der bekanntesten Dating-Websites in und um München, die es seit 1999 gibt. Hier ist Robert unterwegs. In dieser lokalen Online-Community kann man sich nicht nur verabreden, sondern auch an zahlreichen Events und Unternehmungen teilnehmen oder selbst solche vorschlagen. 60 000 Personen sind aktuell in dem Portal aktiv, gibt Sprecherin Laura Schlag Auskunft. 2018 verschickten diese Singles mehr als 800 000 Smiles, quasi lächelnde Sympathie für eine Person, organisierten seit 1999 mehr als 100 000 Events.

Robert Karl hat es bisher nicht auf eine solche Veranstaltung geschafft. Zum einen nimmt ihn seine Arbeit im IT-Bereich in Anspruch, zum anderen seine sportlichen Hobbys - Wandern, Klettern, Tauchen, Fitnessstudio - und nicht zuletzt die Damen, die er trotz aller Enttäuschungen immer wieder trifft.

Auch kurz vor Weihnachten gibt er zu: "Aktuell habe ich gerade wieder eine Frustphase. Es passiert immer dasselbe." Nämlich was? "Die Damen stellen Fotos in ihre Profile, auf denen sie viel jünger sind. Wenn ich sie dann treffe, erkenne ich sie oft gar nicht." Kürzlich hatte er die Nase voll und sprach das Thema bei einer Verabredung an. "Ist es so schlimm?" fragte die Betroffene, die wohl fand, sie habe sich in zehn Jahren doch kaum verändert. Dieser Ansicht war Robert nicht. Die betreffende Frau hat inzwischen aktuelle Fotos eingestellt. "Wenn ich die vorher gesehen hätte, hätte ich ihr natürlich nicht geschrieben." Inzwischen hat er sich angewöhnt zu fragen: "Wie alt sind deine Fotos?"

Doch selbst wenn die Bilder aktuell sind, gibt es immer wieder Missverständnisse. Robert zeigt das Profil einer Teilnehmerin, die er bereits getroffen hat. Ihre blonden Haare sind halblang, sie hält den Kopf schräg und wirkt weiblich-hingebungsvoll. Damit hat sie Robert angesprochen, denn das ist sein Traumtyp. "Beim Treffen aber war sie total forsch", sagt Robert. Und sie sah auch nicht so jung aus wie auf dem Foto. "Es gibt ja auch Photoshop." Und manche Menschen sind eben einfach fotogen.

Robert will das Sagen in der Beziehung haben

Robert zeigt auf seinem Smartphone seine Favoritenliste. Anfang bis Mitte 40, lange Haare, nicht größer als 168 Zentimeter, sehr schlank, sportlich, feminin. Eine Beziehung auf Augenhöhe wünscht er sich. Aufgrund des ersten Eindrucks von ihm könnte man da Zweifel haben. Hat nicht in jeder Beziehung einer von beiden das Sagen? Okay, ja, das gibt er zu. Und "als Stier habe ich das eigentlich auch gerne". Zu den anderen Attributen kommt also noch die Fähigkeit, ihm - zumindest offiziell - das Sagen zu lassen. Ach ja, und da wäre noch etwas. Falls sie Kinder hat, sollten diese schon aus dem Haus sein.

Treffe all dies zu, werde die Frau belohnt, verspricht Robert. Denn er sei treu und tue alles für seine Freundin, versichert er. Auch bevorzuge er langfristige Beziehungen und lehne Affären ab. Großzügig sei er sowieso, habe bisher alle beim Date eingeladen. Wobei er auch das jetzt ganz ernsthaft überdenkt. "Wenn ich sofort sehe, das wird nichts, wieso soll ich dann eigentlich zahlen?"

Bei so vielen Enttäuschungen, wäre es da nicht besser, im wahren Leben zu suchen? Es gibt einiges, was laut Robert dagegen spricht: "Wenn ich eine Frau anspreche, weiß ich ja nicht, ob sie einen Freund hat." Dagegen spreche auch, dass viele Frauen in Gruppen unterwegs seien und er dann nicht an sie rankomme. Und es spreche dagegen, dass etwa im Fitnesscenter alle inzwischen mit Kopfhörer trainierten und man gar keine Chance habe, sie anzusprechen.

Online kann er auch auf dem Sofa nach einer Frau suchen

Für die Online-Suche dagegen spreche: "Man kann es überall machen, auch daheim auf dem Sofa." Dafür spreche, dass alle angeschriebenen Damen auch auf der Suche seien. Dafür spreche, dass es in seinem Bekanntenkreis mehrere Paare gebe, die sich online kennengelernt haben.

Dagegen spricht, dass gerade die Damen, die seinem Wunschbild entsprechen, ihm fast nie antworten und er sich dann doch wieder mit der zweiten Garde trifft. Bilanz einer fast dreijährigen Suche: "Ein einziges Mal war es bei mir Liebe auf den ersten Blick." Leider dauerte das Glück nur zweieinhalb Monate.

Trotzdem macht Robert weiter. Schon am nächsten Tag hat er wieder ein Date. Ihr Profil auf seiner App: Zart und weiblich flirtet sie mit der Kamera. Hoffentlich auch mit Robert. 2019 stehen die Sterne bestimmt besser.

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