Spionage-Vorwürfe gegen Huawei:Riskanter Anschluss

Spionage-Vorwürfe gegen Huawei: Die Technik für eine flächendeckende Einführung des schnelleren Handynetzes 5G aufzustellen, ist für Deutschland mit Huawei einfacher als ohne Huawei.

Die Technik für eine flächendeckende Einführung des schnelleren Handynetzes 5G aufzustellen, ist für Deutschland mit Huawei einfacher als ohne Huawei.

(Foto: AFP)

Immer mehr Staaten warnen vor Huawei. Sie fürchten, ausspioniert zu werden. Beweise für Fehlverhalten gibt es nicht.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel, und Christoph Giesen, Peking

Es sollte ein freundlicher Neujahrs-Tweet werden, ein wenig gute Laune nach einem zuletzt eher turbulenten Jahr für Huawei, den chinesischen Telekomkonzern - es wurde ein Desaster. Kurz vor Mitternacht im alten Jahr setzte eine beauftragte Agentur die Nachricht ab: "Happy #2019 from all of us at Huawei". Soweit geplant, und doch wurde der Tweet rasch zum Gespött im Netz, unter den frommen Wünschen war nämlich zu lesen: "Via Twitter for iPhone". Ausgerechnet mit einem Smartphone des erbitterten Rivalen Apple hatte Huawei das Jahr begrüßt.

Sonderlich witzig fand man das in Shenzhen, in der Zentrale von Huawei, offenbar nicht. Der Tweet wurde gelöscht. Einem internen Memo zufolge sollen zwei Mitarbeiter degradiert worden sein und müssen Gehaltseinbußen hinnehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Das Unternehmen teilt dazu schmallippig mit: Man könne die Vorgänge "weder bestätigen noch dementieren noch weitergehend kommentieren." Die Dünnhäutigkeit hat wohl einen Grund: Die kommenden Monate werden entscheidend für die Zukunft des Unternehmens sein. In vielen Ländern stehen die staatlichen Versteigerungen der 5G-Mobilfunklizenzen an. Wer darf künftig senden und wer nicht? Darum geht es.

Und immer mehr Regierungen überlegen sich, beim Aufbau ihrer 5G-Netze ausdrücklich auf Huawei-Technik zu verzichten. Die Furcht ist groß, die chinesischen Behörden könnten eines Tages aus der Ferne Zugriff auf die Datenströme haben. "Wir weisen jegliche Anschuldigung, wir stellten eine Bedrohung für die nationale Sicherheit irgendeines Landes oder der EU dar, scharf und kategorisch zurück", sagt ein Huawei-Sprecher.

In den Vereinigten Staaten allerdings warnte der Kongress bereits vor Jahren vor dem Unternehmen, in den amerikanischen Netzen spielt Huawei daher praktisch keine Rolle. Vor wenigen Wochen folgten Australien, Neuseeland und Japan, dann Großbritannien, zuletzt Tschechien. In Deutschland war man bislang eher zurückhaltend. Inzwischen prüft aber auch die Telekom, bislang einer der besten Kunden des chinesischen Konzerns, die weitere Zusammenarbeit mit Huawei. Kurz vor Weihnachten dann war eine Delegation aus Washington zu Gesprächen in Berliner Ministerien unterwegs. In der Hauptstadt warb die chinesische Firma gleich am Flughafen dieser Tage keck mit einem Plakat: "Was wird in Berlin flächendeckender sein: 5G oder Hundehaufen?" Erdacht wurde dieser Slogan wohl, als die Debatte noch nicht so intensiv geführt wurde.

Seit die Huawei-Finanzchefin in Kanada festgenommen wurde, kocht in China der Volkszorn

Sollte sich auch Deutschland dafür entscheiden, Huawei zu bannen, dürfte es für den Konzern deutlich schwieriger werden, in Europa im Markt zu bleiben, zumal auch in Brüssel inzwischen heftig darüber diskutiert wird, ob und wie weit man der Technik aus China vertrauen soll - genau das ist die Frage. Bislang gibt es keinerlei Belege für ein Fehlverhalten des chinesischen Konzerns; die Frage ist aber, ob man darauf vertrauen will, dass das auch so bleibt. Innerhalb der Europäischen Kommission gibt es Bedenken: Digitalkommissar Andrus Ansip warnte im Dezember mit ungewöhnlich deutlichen Worten, Europa solle sich wegen des Geschäftsgebarens von Huawei und anderen chinesischen Firmen "Sorgen machen"; deren Anlagen könnten genutzt werden, "um unsere Geheimnisse zu bekommen".

In dieser Woche berichtete die Financial Times, die EU prüfe, Technologie aus China strenger auf Sicherheitsrisiken zu testen. Wie genau so eine Prüfung aussehen könnte, ist unklar - zumal für Belange der nationalen Sicherheit die Mitgliedstaaten selbst zuständig sind und Einmischung aus Brüssel nicht gern gesehen ist. Bei der Kommission heißt es dazu, man verfolge die Entwicklungen aufmerksam: "Die Kommission nimmt das Thema Cybersecurity sehr ernst und arbeitet daran, die Sicherheit weiter zu verbessern", sagt eine Sprecherin der Behörde. So haben sich die Kommission, das Parlament und die Mitgliedstaaten im Dezember auf neue Maßnahmen gegen Cyberangriffe verständigt - so soll die Agentur für Netz- und Informationssicherheit Enisa ausgebaut werden.

Überlagert wird die Debatte durch die Festnahme der Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou. Sie war am 1. Dezember in Vancouver verhaftet und später gegen Kaution freigelassen worden. Ihr droht eine Auslieferung in die Vereinigten Staaten. Ein Gericht in New York hatte den Haftbefehl erlassen, weil Huawei systematisch gegen Iran-Sanktionen verstoßen haben soll. Die Führung in Peking nennt Mengs Festnahme politisch motiviert. Auffällig viele Kanadier sind seitdem in China in Gewahrsam genommen worden. Wie das Außenministerium in Ottawa am Donnerstag mitteilte, sind seit Anfang Dezember insgesamt 13 kanadische Staatsbürger in der Volksrepublik festgenommen worden. Acht von ihnen wurden später wieder freigelassen. Wegen dieser Vorgänge hat nun auch das US-Außenministerium seine Reisehinweise für China verschärft. Amerikanern wird zu "verstärkter Vorsicht" in China geraten, eine offizielle Reisewarnung sprach Washington aber nicht aus. Das Ministerium warnt vor der "willkürlichen Durchsetzung örtlicher Gesetze", plötzlichen Ausreiseverboten und Schikanen gegen US-Bürger chinesischer Herkunft. Und das nicht ganz ohne Grund: In der Volksrepublik kocht der Volkszorn. Lautstark wird Mengs Freilassung gefordert, einige Firmen haben ihren Angestellten Zuschüsse beim Kauf von Huawei-Smartphones angeboten. Andere warnten ihre Beschäftigten gar vor dem Kauf von Apple-Produkten.

Die von Huawei beauftrage Twitter-Agentur hat sich offenbar nicht daran gehalten.

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