Högel-Prozess:Ermittler zweifeln an Zeugenaussagen

Prozess um Patientenmorde

Er lüge nach wie vor, sagte ein Ermittler über Niels Högel.

(Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa)
  • Im Högel-Prozess werfen Ermittler dem Personal der Kliniken vor, die Aufklärung zu blockieren.
  • Ein Polizist warf auch der Oldenburger Staatsanwaltschaft vor, viele Hinweise nach Högels Festnahme zunächst ignoriert zu haben.
  • Einigen Zeugen droht selbst ein Prozess.

Von Peter Burghardt, Oldenburg

Im Prozess gegen den Massenmörder Niels Högel werfen Ermittler dem Personal der Kliniken vor, die Aufklärung weiterhin zu blockieren. Er habe "den Eindruck, dass sie Informationen zurückhalten", sagte ein Mitglied der ehemaligen Sonderkommission "Kardio" am Freitag vor dem Landgericht Oldenburg. Das gilt offenbar vor allem für Mitarbeiter des Krankenhauses in Oldenburg, die bei den Befragungen immer einen vom Klinikum bezahlten Anwalt dabeigehabt hätten.

Die Sonderkommission "Kardio" untersuchte zwischen 2014 und 2017 den Fall Högel neu. Die Soko-Mitglieder hatten 134 Gräber öffnen und Körper auf toxische Spuren untersuchen lassen, bei den vielen Feuerbestatteten war das aber nicht möglich.

Hinweise nach Högels Festnahme ignoriert

Bei zahlreichen Zeugen sei "das Aussageverhalten reduziert" gewesen, sagte ein Polizist. Er habe immer das Gefühl gehabt, "dass Zeugen, aus welchem Grund auch immer, nicht die Wahrheit erzählen oder zumindest Teile der Wahrheit zurückhalten." Auch soll Högel einen Monat lang aus dem Dienstplan verschwunden, aber gearbeitet und inklusive Zulagen für Spätschichten bezahlt worden sein.

Der Oldenburger Staatsanwaltschaft warf der Polizist vor, viele Hinweise nach Högels Festnahme im Juni 2015 zunächst ignoriert zu haben. Högel wurde erst wegen eines Mordes angeklagt und 2015 dann wegen weiterer fünf Morde oder Mordversuche zu lebenslanger Haft verurteilt. Seit Ende Oktober 2018 steht er erneut vor dem Landgericht Oldenburg. Er selbst gibt seine Taten nur teilweise zu.

Der ehemalige Krankenpfleger Niels Högel war von Juni 1999 bis Oktober 2002 in Oldenburg angestellt, allein auf der kardiologischen Intensivstation soll er dort 64 Menschen getötet haben. Von Dezember 2002 bis Juni 2005 soll er dann bei drei Viertel aller Sterbefälle im Delmenhorster Klinikum im Dienst gewesen sein - der Verbrauch des bei Überdosen tödlichen Herzmedikaments Gilurytmal sei dort derweil um das bis zu Vierfache gestiegen, wie ein Polizist recherchierte.

Ende Januar ist Krankenhauspersonal vor dem Oldenburger Landgericht geladen, einigen dieser Zeugen könnte irgendwann selbst der Prozess gemacht werden. Das neue Urteil für Niels Högel wird im Mai erwartet - 14 Jahre nach seiner Verhaftung.

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