Endlich Zeit für...:Imposante Geröllhaufen

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Das neue Lichtung-Lesebuch erzählt Geschichten über Berge

Von Sabine Reithmaier

Ein Berg bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Den Eindruck vermittelt jedenfalls das neue Lichtung-Lesebuch. Kristina Pöschl und Eva Bauerfeind, die Chefinnen des kleinen Viechtacher Verlags, haben sich erneut ein Spezialthema für einen Sammelband vorgenommen. Der "Heimat" (2017) sind jetzt die "Berge" gefolgt. 25 Autoren wandern, klettern oder nähern sich nur in ihrer Fantasie diversen Gipfeln an. Zum Teil haben die Verlegerinnen auf schon veröffentlichte Geschichten zurückgegriffen, die meisten Beiträge aber wurden eigens für das Buch geschrieben. Das Themenspektrum ist breit. Ein Autor, auf dem Weg zur Lesung in einer Berghütte, verschwindet, löst sich in Luft aus, Ulrich Effenhauser komponiert aus den Mutmaßungen über diesen Vorfall eine feine Kurzgeschichte. Drehbuchautorin Karin Michalke schildert dagegen sehr erheiternd ihren Alltag als Sennerin bei Dauerregen.

Berge sind eben Sehnsuchtsorte. Und eigentlich, schreibt Gerd Holzheimer, sei jeder Berg ein heiliger Berg, weil man dem Himmel dort näher ist. Trotzdem landet er, wen wundert's bei einem Gautinger, in Andechs, "der Perle in der Rosenkranzkette heiliger Berge." Welcher Bayerwaldberg der schönste ist - darüber gehen die Ansichten im Buch übrigens weit auseinander. Für Karl-Heinz Reimeier, Kreisheimatpfleger im Landkreis Freyung-Grafenau, ist der Rachel "ein Magnet", auch weil der Wirt dort Akkordeon spielt "wie kein zweiter". Eberhard Kreuzer besingt den Arber, Friedrich Brandl würdigt in drei Gedichten den Lusen, den Joseph Berlinger nur für einen Stein- und Geröllhaufen hält. "Wenn auch ein sehr imposanter." Im Gegensatz dazu der Osser: zumindest von der südlichen Seite her "ein formvollendeter Berg. Für mich der schönste des Bayerischen Waldes". Kann sein, dass das nicht so ganz objektiv ist, Berlinger hat dort seine Kindheit verbracht im Wirtshaus seiner Eltern und erzählt in 24 Miniaturen lauter kleine Episoden rund um diesen Berg, auch davon wie es gelang, ihn vor dem Bau eines Pumpspeicherkraftwerks zu schützen.

Natürlich geht es auch ums Bergsteigen. Der britische Bergsteiger Georg Mallory (1886 - 1924) antwortete auf die Frage, warum er den Mount Everest besteigen wolle, lapidar: "Weil er da ist." Ihn zitiert Alpinjournalist Tom Dauer, der sich darüber Gedanken macht, ob Berge immer mehr zum "Ultimate Outdoor Playground" verkommen. Jörg Graser dagegen zählt auf, wen er schon alles abstürzen sah. Und Lucia Goldbach erzählt davon, wie es sich anfühlt, nach einer psychischen Erkrankung endlich überm Berg zu sein. "Nutzt aber nichts, wenn man sich mitten im Hochgebirge befindet."

© SZ vom 07.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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