Frauen machen Politik:Gleichberechtigung ist ein Gewinn für Männer

Stadt-Shilouette von München bei Sonnenuntergang, Rathaus

Das Münchner Rathaus bei Sonnenuntergang. Bisher saß hier keine Frau, um die Stadt als Oberbürgermeisterin zu regieren.

(Foto: Foto: Alessandra Schellnegger)

Dass Frauen gleichermaßen in der Politik vertreten sind, müsste eine Selbstverständlichkeit sein. Die Forderung polarisiert aber noch immer. Dabei würden alle davon profitieren.

Kommentar von Melanie Staudinger

Mehr Frauen in die Aufsichtsräte, eine verbindliche Frauenquote für die Wahllisten aller Parteien, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie - diese Themen sind oft und lange diskutiert worden. Eigentlich müsste es unstrittig sein, dass Frauen gleiche Rechte wie Männer haben und daher politische Gremien genauso wie die Chefetagen von Firmen paritätisch besetzt sein müssten. Und dass es jetzt nur noch um die Umsetzung geht, darum, mehr Frauen für die Politik zu begeistern. Doch das stimmt so nicht. Im Jahr 2019 sind Teile der Gesellschaft noch immer nicht bereit, Frauen in der Politik als selbstverständlich zu akzeptieren. Die Forderung nach einer vollständigen Gleichstellung polarisiert nach wie vor.

Eines vorweg: Die Situation in einer Großstadt wie München ist besser als auf dem Land. Die Frauenquote im Stadtrat ist höher als die im Landtag oder im Bundestag. In München steht der SPD eine Frau vor, den Grünen und Linken wegen des Prinzips der Doppelspitze sowieso, die CSU schickt wie die Grünen eine Kandidatin ins Rennen um das Oberbürgermeister-Amt, auch die Freien Wähler denken verstärkt über eine strengere Frauenquote nach. Doch das alles kann nur ein Anfang sein.

Denn von einer tatsächlichen Gleichberechtigung ist das vergleichsweise fortschrittliche München noch entfernt. Männer müssen endlich einsehen, dass ein höherer Frauenanteil kein Selbstzweck für karrierebewusste Politikerinnen ist, die einen steilen Aufstieg wittern. Es ist ein gemeinsames Projekt beider Geschlechter und hätte Vorteile für alle.

In elf Folgen hat die SZ-Serie "Frauen machen Politik" (hier zum Nachlesen) gezeigt, dass männerdominierte Bünde die Interessen der weiblichen Hälfte der Gesellschaft nur unzureichend vertreten, dass Politikerinnen generell zu eher pragmatischen Entscheidungen neigen, tendenziell lieber auf die große Bühne zur Selbstdarstellung verzichten und dass sie ohne großes Aufsehen an sachlichen Lösungen arbeiten. Mehr Frauen bringen auch eine weniger konfrontative politische Kultur mit sich, in der nicht der gewinnt, der am lautesten schreit, sondern der, der die guten Argumente auf seiner Seite hat. Davon würden auch viele Männer profitieren.

Das gibt es aber nicht umsonst: Denn wer mehr Frauen in der Politik und damit einen anderen Stil und Schwerpunkte haben will, muss ihnen auch einen Platz einräumen. Und das geht logischerweise erst einmal auf Kosten der Männer, die Macht teilen und Posten aufgeben müssen. Lohnen würde es sich.

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Adelheid Schmidt-Thomé

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