Aus dem Landgericht München II:Kurzschluss oder versuchter Totschlag

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Ein Tiefbauer aus dem südlichen Landkreis und sein 27-jähriger Freund aus Waakirchen müssen sich vor Gericht verantworten, nachdem sie zwei Männer mit Radkreuzschlüssel und Schlagstock schwer verletzt haben sollen.

Von Andreas Salch, München/Bad Tölz

"Wir wollten nur reden." Das betont der Angeklagte, ein 27-Jähriger aus Waakirchen, ein ums andere Mal an diesem Montag vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II. Neben ihm auf der Anklagebank sitzt sein bester Freund, ein 24-jähriger Tiefbauer aus dem südlichen Landkreis. Am Abend des 17. November 2016 wollten beide angeblich den früheren Freund der Partnerin des Tiefbauers zur Rede stellen. Dieser soll den 24-Jährigen und dessen Lebensgefährtin beleidigt und bedroht haben. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage aber davon aus, dass die Angeklagten ihrem Opfer und dessen Bruder "eine Abreibung verpassen" wollten. Ein Gespräch unter den vier jungen Männern fand jedenfalls nicht statt. Stattdessen kam es zu einer Schlägerei, bei der zwei Beteiligte schwer verletzt wurden. Der Waakirchner und sein 24-jähriger Freund sind nun wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Zum Auftakt des Prozesses vor der Schwurgerichtskammer am Montag machte zunächst nur der 27-jährige Waakirchner Angaben. Er soll bei der Auseinandersetzung einem seiner Gegner mit einem Radkreuzschlüssel mehrmals auf den Kopf geschlagen haben. Den Ermittlungen zufolge soll der frühere Freund der Lebensgefährtin des Tiefbauers diesem vorgeworfen haben, er sei unreif und unfähig, Vater eines Kindes zu sein. Darüber soll der 24-Jährige in Wut geraten sein und den Entschluss gefasst haben, sich zu rächen.

Der Waakirchner und der Tiefbauer waren Arbeitskollegen. Am Abend der Tat seien die beiden zusammengesessen und hätten Bier getrunken, berichtete der 27-Jährige. Sein Freund sei aufgrund der angeblichen Beleidigungen völlig aufgebracht gewesen. Er habe versucht, ihn zu beruhigen. Schon in den Tagen zuvor hätte der 24-Jährige angekündigt, dass er etwas gegen seinen Widersacher unternehmen werde. Bei der Auswertung der Nachrichten auf dessen Mobiltelefon fanden Ermittler der Kriminalpolizei eine unverhohlene Drohung. Wenn er nicht an der Hand verletzt wäre, hatte der 24-Jährige seinem Freund aus Waakirchen erklärt, würde er allein zu dem früheren Freund seiner Partnerin gehen und diesen fertig machen. Als dieser in einer Voicemail auch noch behauptet habe, dass das Kind, das die Partnerin des 24-Jährigen erwartete, von einem anderen Mann sei, habe sein Freund nicht mehr an sich halten können, erklärte der Waakirchner. Dennoch hätten sie nicht vorgehabt, "eine Schlägerei anzuzetteln", sagte er.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft hatten die Angeklagten jedoch bereits vor der Fahrt nach Bad Tölz einen möglicherweise "tödlichen Ausgang der Auseinandersetzung billigend in Kauf" genommen. Der Tiefbauer soll sich mit einem Teleskopschlagstock und einem Messer, der Waakirchner mit einem mehr als 1300 Gramm schweren Radkreuzschlüssel bewaffnet haben. Unmittelbar nach der Ankunft der Angeklagten vor dem Anwesen des Kontrahenten soll die Situation eskaliert sein. Als ein Unbeteiligter das Haus verließ, soll der Tiefbauer diesen angebrüllt haben, ihm zu sagen, wo sich sein Widersacher aufhalte. Das Opfer wurde mit Schlägen und Tritten traktiert. Außerdem soll der Tiefbauer dem jungen Mann mit seinem Messer einen ein Zentimeter tiefen Stich in den Bauch versetzt haben. Mit dem Unbeteiligten hatten zwei weitere Männer das Haus verlassen - einer von ihnen war der Bruder des Mannes, der den Tiefbauer beleidigt haben soll. Auch sie hatten sich bewaffnet. Der eine von ihnen hatte einen Teleskopschlagstock bei sich, der andere einen hölzernen Besenstiel.

Der 27-jährige Waakirchner behauptete jedoch bei seiner Vernehmung, die drei Männer hätten sich sofort nach Verlassen des Hauses auf seinen Freund "gestürzt". Daraufhin sei es bei ihm zu einer "Kurzschlussreaktion" gekommen, so der 27-Jährige. Er sei zu seinem Auto gegangen, habe den Kofferraum geöffnet und "leider Gottes" den Radkreuzschlüssel herausgeholt, "um meinem Freund zu Hilfe zu kommen." Dann habe er die Augen zugemacht und wild um sich geschlagen. "Dann war es auf einmal still", sagte der Waakirchner. Für den Prozess hat das Gericht fünf weitere Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird für Ende Januar erwartet.

© SZ vom 08.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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