Deutsche Handballer besiegen Korea:"Für den Auftakt war das super heute"

Deutsche Handballer besiegen Korea: Tankt sich durch: Paul Drux (Mitte) gegen zwei Koreaner.

Tankt sich durch: Paul Drux (Mitte) gegen zwei Koreaner.

(Foto: AFP)

Von Joachim Mölter, Berlin

Christian Prokop hätte natürlich über Taktik referieren und Fehler analysieren können, so wie nach jedem anderen Handballspiel auch. Aber der Bundestrainer sagte: "Ich will nicht über verworfene Bälle reden." Er wusste, dass er kein gewöhnliches Spiel hinter sich hatte an diesem Donnerstagabend. "Es waren viele Emotionen drin", resümierte er, "für Korea war es historisch, für uns der Start in die Heim-WM."

Prokop und die Auswahlspieler des Deutschen Handballbundes (DHB) waren sichtlich froh, dass sie diesen Start erfolgreich bewältigt hatten mit dem 30:19 (17:10) über eine Mannschaft aus Korea, deretwegen das Eröffnungsspiel dieser von Deutschland und Dänemark gemeinsam ausgerichteten Weltmeisterschaft bedeutungsschwer aufgeladen gewesen war. Zuletzt hatte der DHB fünf hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt, nur um die protokollarischen Fragen zu regeln.

Unter den 13 500 Zuschauern in der Berliner Mercedes-Benz-Arena tummelten sich ja jede Menge hochrangige Gäste: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Außenminister Heiko Maas, Innenminister Horst Seehofer, dazu Altkanzler Gerhard Schröder mit seiner südkoreanischen Frau Schröder-Kim So-yeon sowie Delegationen aus den Botschaften von Süd- und Nordkorea, zwei Ländern, die sich offiziell immer noch im Kriegszustand befinden. Aber sie vertragen sich mittlerweile immerhin wieder so weit, dass sie eine gemeinsame Mannschaft zu diesem Turnier schicken: Die sportlich qualifizierten Südkoreaner wurden mit Spielern des Nachbarn ergänzt. DHB-Präsident Andreas Michelmann hält das für "eine Möglichkeit, ein kleines bisschen an der Weltgeschichte mitzudrehen". Nämlich die Annäherung zwischen Nord- und Südkorea auf der weltpolitischen Bühne voranzutreiben.

"Es ist nicht Aufgabe des Sports und des Handballs, Gräben zu ziehen", erinnerte Michelmann, "sondern Brücken zu bauen und Mauern einzureißen." Und welcher Ort wäre dafür symbolträchtiger als die deutsche Hauptstadt? "Gerade Berlin ist ein Symbol für Friede und Einheit", sagte der Cheftrainer des koreanischen Teams, Cho Young-shin, in Erinnerung an den Fall den Mauer. Für diese WM einigten sich die zwei Koreas, unter dem Länderkürzel COR anzutreten sowie mit einer weiß-blauen Flagge, die ein vereintes Land symbolisieren soll. Statt einer Nationalhymne wurde vor der Partie ein koreanisches Volkslied gespielt namens "Arirang", eine dank ihrer weiß-blauen T-Shirts als Koreaner erkennbare Gruppe sang auf der Tribüne laut mit.

Auf der sportpolitischen Ebene wird mit dem gemeinsamen Handball-Team die Friedensmission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) fortgesetzt, die bei den Winterspielen vor einem Jahr in Pyeongchang (Südkorea) mit einem gemeinsamen koreanischen Frauen-Team im Eishockey begann. IOC-Präsident Thomas Bach saß am Donnerstag ebenfalls auf der Tribüne in Berlin, neben dem IHF-Präsidenten Hassan Moustafa, der um die olympische Existenzberechtigung seines Sports kämpft: Die 26. WM ist ja bereits die 22., die auf europäischem Boden stattfindet. Ein bisschen mehr Globalität schadet da nicht, schon gar nicht, wenn man sich zudem als Friedensstifter in Sachen Korea profilieren kann. Im Sinne der höheren Sache erlaubte der Weltverband IHF den Koreanern eine Ausnahme: Ihr Team besteht aus 16 Sportlern aus dem Süden und vier aus dem Norden, insgesamt also 20 Männern; alle anderen WM-Teilnehmer müssen mit 16 auskommen.

Am übersichtlichsten in dieser Gemengelage war noch die sportliche Ebene. Südkoreas Handballer befinden sich nach den verpassten Weltmeisterschaften 2015 und 2017 im Neuaufbau; ob ihnen das nordkoreanische Quartett dabei hilft, sind sie nicht gefragt worden. Für die WM hatten die Koreaner gegen zwei Drittligisten getestet: Beim VfL Potsdam verloren sie 26:30, beim Oranienburger HC gewannen sie 34:29.

Am Samstag geht es weiter, dann gegen Brasilien

Bundestrainer Prokop hatte seine Mannschaft dennoch mit der gewohnten Akribie vorbereitet. "Wir haben mehrere Videos analysiert, einige von den Asienspielen im vergangenen Sommer, aber auch einige aktuelle", berichtete er vor dem WM-Auftakt. Seine Erkenntnisse: "Die Mannschaft kommt über den Teamgeist, man spürt, dass es für sie eine historische Aufgabe ist." Und weil die Koreaner allesamt eher klein sind, warnte er seine Spieler noch, dass sie "viel unten rum spielen", also eher auf Kniehöhe werfen.

Derart mit Informationen versorgt, hatten die deutschen Handballer dann keine Mühe, Prokop konnte allen seinen Männern Spielpraxis verschaffen, "das war das Ziel", sagte er: "Alle Spieler ins Turnier reinzukriegen." Die nächste Partie findet gegen Brasilien statt, am Samstag (18.15 Uhr/ZDF). Die ist dann tatsächlich in erster Linie sportlich von Bedeutung, danach kann er dann wieder über Taktik und Fehler reden.

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