Hörenswert:Alte Kracher, neu gezündet

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Georg Ringsgwandls Album "Andacht & Radau"

Von Franz Kotteder, München

"Jessas", sagt man sich, "auf seine alten Tage macht er jetzt in AC/DC?" Tatsächlich beginnt die neue CD erst mit einer leisen Rückkopplung, in die ein kerniges Gitarrenriff hineinknattert und vom linken langsam hinüber zum rechten Lautsprecher wandert: gute, alte Metal-Schule. "Tage, Metal", heißt die Einstiegsnummer ins neue Ringsgwandl-Album auch ganz folgerichtig, es geht in der um furchtbare Zeiten im Leben, aus denen man dann aber auch wieder herauskommt. Das letzte Stück wiederum trägt den Titel "Tage, Vintage" und ist eine Unplugged-Version der gleichen Nummer, die gleich sehr viel zuversichtlichehörenswertr daherkommt. Beide Versionen verweisen damit auf den Titel der Platte: "Andacht & Radau", nur halt in umgekehrter Reihenfolge.

Vor kurzem konnte Georg Ringsgwandl seinen 70. Geburtstag feiern, und nun ist also seine neue CD erschienen, die auf schön verquere Weise eine kleine Lebensbilanz darstellt. Sie enthält nämlich vor allem Lieder, "die jeweils zwischen zwei Platten gefallen waren", wie Ringsgwandl im Booklet schreibt. Das heißt: Sie entstanden meist auf Tour, nachdem eine Platte gerade veröffentlicht war. Bis dann die nächste anstand, gab es schon wieder genug neues Material, das besser auf die CD passte. Und weil die hartnäckigen Konzertbesucher natürlich immer wieder fragen, warum es die Stücke, die man so gern live gehört hat, nicht auf Platte gibt, war jetzt einfach der Zeitpunkt gekommen, eine Platte daraus zu machen.

Es gibt auf "Andacht & Radau" Ringsgwandl-Klassiker, die sich mit den Widrigkeiten des modernen Lebens auseinandersetzen und die so schöne Titel tragen wie: "Mein Hund wird falsch ernährt", "I wui net Skifahren, aber i muaß" oder "Wos is mit de Leit los?" - Letzteres ist ohnehin eine zeitlose Frage, die sich förmlich aufdrängt. Es finden sich - typisch Ringsgwandl - hübsche Reime wie: "Gerechtigkeit, mein kleiner Schelm, die gibt's nur im Cowboyfilm", und schlüssige Beschreibungen des kriminellen Lebens im real existierenden Kapitalismus: "Der Richter sagt: Einbruchdiebstahl, dreihundert in bar, plus niedriger Beweggrund, das sind ganz genau drei Jahr."

Und weil Georg Ringsgwandl zwar ein abgeklärter Mensch ist, den nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringt, wird das alles noch kombiniert mit aufgeweckten Bluesrock-Gitarren und grundsolidem Rock'n'Roll ohne große Mätzchen. Dazwischen blitzt an manchen Stellen der Funk auf, und tatsächlich gibt es auch eine Coverversion, die ein bisschen an Ringsgwandls "Nix mitnehma" nach Bob Dylan und "Der Wind schreit scheiße" nach Jimi Hendrix erinnert. Hier handelt es sich um "A Few Old Memories" von der amerikanischen Liedermacherin Hazel J. Dickens, auf Deutsch: "Nur ein paar alte Sachen", und ein Stück, das am ehesten ins "Andacht"-Regal passt. Ebenfalls aus der Reihe fällt "Unzufrieden"; als Gastsänger ist der Schweizer Komödiant Ursli Pfister dabei. Schade, dass der bei der gerade begonnenen Tournee fehlt. Aber der Meister, das war schon beim Geburtstagskonzert Ende November in der Muffathalle zu spüren, wird auch so die Hallen rocken.

© SZ vom 12.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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