Grundsteuer-Reform:Aufwendig und ungerecht - das geht auch anders!

Grundsteuer

Die Höhe der Grundsteuer sollte vom Bodenwert abhängen - aber nicht nur.

(Foto: dpa)

Union und SPD, Bund und Länder sollen sich lieber zu einer Reform durchringen, die diesen Namen auch verdient.

Kommentar von Thomas Öchsner

Mit bestimmten Entscheidungen können sich Politiker nur unbeliebt machen. Dazu gehört die Reform der Grundsteuer. Zu gewinnen gibt es für Bundesfinanzminister Olaf Scholz hier gar nichts. Der SPD-Politiker kann daran drehen, wie er will. Irgendjemandem muss er dabei wehtun. Deshalb sollte er erst gar nicht so tun, als ließe sich die Reform schmerzfrei durchziehen.

Die Grundsteuer zahlt jeder. Mieter genauso wie Eigentümer, die in ihrem Haus wohnen, oder Unternehmer mit betrieblich genutzten Immobilien. Jährlich ungefähr 175 Euro pro Kopf der Bevölkerung oder 14 Milliarden Euro springen dabei für die Kommunen heraus. Doch weil die Grundsteuer auf völlig veralteten Immobilienwerten beruht, teils sogar aus dem Jahr 1935, zahlen die einen zu viel und die anderen zu wenig.

Muss man nun wie Scholz die Steuer reformieren, kommt man also gar nicht herum, die einen mehr oder die anderen weniger zu belasten als früher. Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter hatten gefordert, die Steuer künftig nicht mehr willkürlich zu erheben. Bloß, wenn der Finanzminister und die Regierungskoalition schon an der Reform arbeiten, sollten sie die Chance nutzen, die Lasten dann auch gerechter zu verteilen.

Das von Scholz favorisierte Modell trägt dazu wenig bei. Der Finanzminister will die Höhe der neuen Grundsteuer von der Nettokaltmiete, der Wohnfläche, dem Baujahr und vor allem den Bodenrichtwerten abhängig machen. Außerdem schlägt er vor, die Werte alle sieben Jahre zu aktualisieren. Dieses Modell haben die Union und die Immobilienlobby in Berlin zu Recht zerpflückt.

Es wäre ein immenser Personalaufwand nötig, mehr als 36 Millionen Grundstücke, Häuser und Wohnungen neu zu bewerten. Schon jetzt sind kommunale Baubehörden wie Finanzämter überlastet. Solch eine wertbasierte Grundsteuer einzuführen, wäre - gemessen am Ertrag - zu aufwendig, völlig ineffizient, extrem streitanfällig und damit ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Anwälte und Gerichte. Außerdem hätte dieser übertriebene Perfektionismus bei der Wertbestimmung zur Folge, dass ausgerechnet in den Groß- und Universitätsstädten mit ihren ohnehin hohen Mietpreisen die Betriebskosten für die Mieter weiter steigen, weil Vermieter die Grundsteuer auf die Nutzer ihrer Wohnungen umlegen können.

Das Flächenmodell, das die Union bevorzugt, ist allerdings auch nicht besser. Die Steuer bemisst sich dann nach der Größe eines Grundstücks und Gebäudes, nicht nach dessen Wert. Das ist der bequemste Weg zu einer Reform, lässt sich fristgerecht einführen, ist deshalb aber noch lange nicht gerecht. Für eine Wohnung in Gelsenkirchen in einem Viertel mit vielen Arbeitslosen wäre dann eine ebenso hohe Grundsteuer zu zahlen wie für die gleich große, sanierte Altbauwohnung in München-Schwabing, obwohl das Münchner Objekt locker zehn Mal so viel wert sein kann. Eine solche Reform folgt dem Prinzip, möglichst wenig Widerstand zu erzeugen, sie missachtet aber das Urteil der Verfassungsrichter, das ja aufgrund ungleicher Besteuerung erging.

Von steigenden Bodenwerten sollten auch die Kommunen profitieren

Union und SPD, Bund und Länder sollen sich lieber zu einer Reform durchringen, die diesen Namen auch verdient. Diese muss am Bodenwert ansetzen - und nicht am aufwendig zu ermittelten Immobilienwert. Investoren haben dann einen stärkeren Anreiz, mit ihren unbebauten Grundstücken nicht zu spekulieren, sondern zu bauen und so das zu knappe Wohnungsangebot zu erhöhen. Zugleich können die Kommunen zumindest einen Teil der Gewinne abschöpfen, die Eigentümer mit teilweise rasant steigenden Bodenpreisen erzielen. Das wäre nur fair, Hausbesitzer profitieren schließlich davon, dass ihre Immobilie gut angebunden ist und die Infrastruktur drumherum ausgebaut ist und funktioniert.

Man sollte dann allerdings ehrlich sein: Eine reine Bodenwertsteuer könnte gerade in den angesagten Städten Eigentümer oder Mieter stärker belasten. Helfen könnte es hier, bei der Bemessung der Steuer Bodenwert und Bodenfläche zu kombinieren. Außerdem bleibt eine grundsätzliche Frage zu klären: Warum dürfen Vermieter eigentlich die Grundsteuer, die eine Steuer aufs Eigentum ist, komplett ihren Mietern aufbürden? Gerecht ist auch das nicht.

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