Paul von Hindenburg:Das Kreuz mit dem Zusatzschild

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Fürstenfeldbrucks Bürgermeister Erich Raff. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Mit knappen Informationstexten zu umstrittenen Namensgebern ist niemand zufrieden

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

In einer der Anwohnerversammlungen zu den belasteten Brucker Straßennamen im Sommer 2016 hatte eine Frau auf den Hindenburg-Geschichtspfad in Tölz als vorbildlich verwiesen. Man sollte über die Missetaten der Straßenpatrone vor und während der NS-Herrschaft aufklären, "gerade in Zeiten, in denen Nazigruppen wieder durch die Straßen ziehen", sagte sie unter Beifall. Ihr Vorschlag wurde von der Stadt in der Form aber nicht aufgegriffen. Stattdessen stritt der Arbeitskreis Straßennamen hinter den Kulissen über Formulierungen und Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) ließ unlängst schließlich jene knapp gehaltenen Tafeln anschrauben, die ihm einige Kritik eingebracht haben.

Die Fraktionen von Grünen und SPD kündigten am Freitag an, das eigenmächtige Vorgehen des OB von der Kommunalaufsicht im Landratsamt prüfen zu lassen. "Es muss festgestellt werden, dass das Verhalten so nicht in Ordnung war", sagte Jan Halbauer. Der Stadtrat hatte im Frühjahr 2018 beschlossen, dass für acht belastete Namen Informationstafeln entwickelt und dem Kultur- und Werkausschuss vorgelegt werden sollen. Anschließend wollte das Plenum darüber befinden. Halbauer geht davon aus, dass die Tafeln, die der OB anbringen ließ, wieder entfernt werden müssen. Raff sagte, er sehe den Vorgang gelassen. "Die Schilder hängen, wenn jemand meint, der Stadtrat muss beschließen oder es soll was anderes hin, wird das gemacht." Dass er eigenmächtig gehandelt hat, räumt der OB durchaus ein. "Wenn ich damit etwas vorangebracht habe, ist es mir recht."

Der ehemalige BBV-Stadtrat Klaus Zieglmeier, auf dessen Idee die Informationstafeln zurückgehen, kritisierte das Vorgehen des OB als Aktionismus und Ausdruck "souveräner Willkür". Inhaltlich sei der Text zur Hindenburgstraße mit der Note "ungenügend" zu bewerten. Er vermisse jede kritische Distanz, etwa den Hinweis, dass der Offizier mitverantwortlich war für sinnloses Opfern von Millionen Soldaten im Weltkrieg.

Unter dem Motto "Gegen das Vergessen", betrachtet Zieglmeier Informationstafeln als Beitrag zur Erinnerungskultur. Würde ein Zusatzschild, etwa bei Wernher von Braun, darauf hinweisen, dass er nicht nur ein Pionier der Raumfahrt war, sondern eindeutig in die Verbrechen der Nazis verstrickt war, würde aus der Ehre einer Straßenbenennung ein "Pranger der Schande". Auch die Hetze etwa des beliebten Ludwig Thoma sollte durch Hinweisschilder dem Vergessen entrissen werden, sagte Zieglmeier.

Dagegen favorisiert Margot Simoneit vom Bündnis "FFB ist bunt nicht braun" eine Umbenennung, auch weil es schwierig sei, aussagekräftige Texte zu formulieren. Sie plädiert dafür, umstrittene Straßenpatrone durch Namen von Personen zu ersetzen, die für Demokratie, Menschlichkeit und Frieden eingetreten sind. Erinnert werden sollte auch an etliche großartige Frauen, die zu Unrecht vergessen worden seien.

© SZ vom 19.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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