München:Noch nicht spuckreif

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München zeigt wenig Interesse, den Augsburger Modellversuch mit speziellen Kaugummikästen zu übernehmen

Von Jutta Czeguhn

Die Ausspuckschwerpunkte sind klar auszumachen: An den Bushaltestellen nahe dem Pasinger Bahnhof und in etwa zwei Metern Umkreis der Mülleimer versuchen die Leute offenbar, ihre Kaugummis loszuwerden. Dort ist das Pflaster übersät von kleinen, runden Placken, die farblich je nach Dauer ihres platt getretenen Daseins von weiß- bis dunkelgrau changieren. Haben sie sich einmal festgekrallt ins Trottoir, kann ihnen die Straßenreinigung nur mit Hochdruckreinigern zu Leibe rücken. Das ist sehr aufwendig und teuer. Die SPD-Fraktion im Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing hatte deshalb den Vorschlag gemacht, spezielle Kaugummi-Müllkästen nach Augsburger Vorbild aufzustellen. Als "Erprobungsgebiet" schlugen sie gleich mal Pasing vor. Die Mehrheit im Gremium wollte sich auf diese "Kaugummi-Challenge" aber nicht einlassen. Zu unrepräsentativ und noch nicht ausreichend evaluiert seien die Ergebnisse des Augsburger Modellversuchs.

Die Sozialdemokraten wollten mit ihrem Antrag "nicht belehren und nur Fehlverhalten aufzeigen, sondern auf die Menschen zugehen", wie Fraktionsmitglied Rüdiger Schaar sagt. Scheinen sich doch die Wenigsten im Klaren darüber zu sein, dass es nach Paragraf 1, Absatz 1.6 der städtischen Reinhaltungsverordnung verboten ist, auf den Gehweg zu spucken. Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen. Das Augsburger Modell, das die CSU und die Grünen im Bezirksausschuss nicht überzeugte, erscheint der SPD trotz allem nachahmenswert zu sein.

Auf Initiative des Augsburger Umweltreferenten Reiner Erben (Grüne) hatten sich Kommunikationsdesign-Studenten der Hochschule Augsburg kreative Lösungen für das Kaugummi-Problem überlegt. Das Ganze mündete in einen Modellversuch, der von Mitte Oktober bis Mitte November 2018 stattfand: Zum einen gab es die Aktion "Kaugummizettel", bei der an insgesamt sechs Standorten in Augsburg, vor allem in Haltestellenbereichen, Abreiß-Zettel angebracht wurden. Laut Umweltreferent Erben waren die Studenten mit dem Verlauf der Aktion "sehr zufrieden". Die Kaugummizettel seien zwei Mal pro Woche gewechselt worden, da fast immer alle Zettel aufgebraucht waren. "Nicht nachvollziehbar ist allerdings, ob die Zettel auch wirklich zur Entsorgung der Kaugummis benutzt wurden. Besonders bedauerlich fanden die Studenten, dass vier der insgesamt sechs Klemmbretter, auf denen die Kaugummizettel angebracht waren, entwendet wurden", muss er einräumen. Dennoch sei die Resonanz auf die Aktion "durchwegs positiv", sagt Erben und erklärt: "Die Augsburger Bürgerinnen und Bürger zeigten starkes Interesse vor Ort und auch in den sozialen Medien wurden die Kaugummizettel zahlreich geteilt."

Bei der zweiten Aktion wurden weiße Kästen, die an Vogelhäuschen erinnern, an vier Kaugummi-Brennpunkten in der Augsburger Innenstadt installiert. "Um auf das Problem aufmerksam zu machen, sind die achtlos weggespuckten und bereits auf dem Boden klebenden Kaugummis mit auffallendem magentafarbenen Lack bemalt worden", erzählt der Umweltreferent. Auch diese Aktion verlief nicht reibungslos: Zwei der Kästen, so Erben, seien bereits nach wenigen Tagen gestohlen worden. "Die beiden anderen Kästen wurden von den Studenten wöchentlich geleert und enthielten circa zehn bis 20 Kaugummis pro Woche", kann er berichten. Zusammenfassend wertet Augsburgs Umweltreferent die Projekte "Kaugummizettel" und "Kaugummikästen" als vollen Erfolg wegen ihrer "enorme Außenwirkung". Man habe den Bürgern nicht nur eine nachhaltige Entsorgungsmöglichkeit für Kaugummis aufgezeigt, sondern auf besondere Weise die Problematik vor Augen geführt. Allerdings macht der Umweltreferent keine Angaben darüber, ob die einmonatige "Kaugummi-Challenge" bleibende Rückstände hinterlassen hat, also ob die Zettel und Kästen nun womöglich flächendeckend in Augsburg installiert werden.

In der Landeshauptstadt München ist die Abteilung "Straßenreinigung" im Baureferat zuständig in der Kaugummi-Problematik: Sprecherin Monika Großkopf berichtet von negativen Erfahrungen mit einem Pilotprojekt, das in eine ähnliche Richtung gehen sollte: An U-Bahnhöfen wurden Aschenbecher aufgestellt, "die in der Regel zweckentfremdet und mit anderweitigen Abfällen verstopft würden". Die Ansätze des Baureferat zielten deswegen eher auf die allgemeine Sensibilisierung der Menschen, was die richtige Entsorgung von Abfällen betreffe. Großkopf verweist etwa auf die Kampagne "Rein. Und sauber", deren Ziel es sei, "dass am Ende jeglicher Müll - auch Kaugummis - eben nicht auf dem Boden, sondern in einem Abfallbehälter landet".

© SZ vom 19.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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