SPD wirbt für Autorenstipendium:Literaturwerkstatt Dachau

Die SPD-Fraktion will nach dem Vorbild Rottweils ein Autorenstipendium in der Großen Kreisstadt einführen. Die Schriftsteller sollen in der Ruckteschell-Villa wohnen und dazu ein vierstelliges Preisgeld erhalten

Von Viktoria Großmann, Dachau

Durch das jährliche Lesefest "Dachau liest" und die Veranstaltungsarbeit der Stadtbücherei hat sich die Große Kreisstadt bereits in der Vergangenheit um die Literatur verdient gemacht. Die SPD-Fraktion findet das ausbaufähig und schlägt nun vor, regelmäßig ein Autorenstipendium zu vergeben. Etwa alle drei Jahre könnte ein Schriftsteller für ein halbes Jahr in der Ruckteschell-Villa wohnen. So wie bereits jetzt regelmäßig Musiker und bildende Künstler. Dachau würde damit in die Reihe der deutschen Städte aufrücken, die sich einen Stadtschreiber leisten.

Mit Stadtschreiber ist natürlich nicht im jahrhundertealten Sinne ein Verwaltungsvorsteher und auch kein Chronist gemeint. Die Tradition der literarischen Stadtschreiber ist noch recht jung. Bergen-Enkheim vergab ein solches Stipendium 1974 das erste Mal. Die SPD-Fraktion hat sich als Vorbild die Stadt Rottweil in Baden-Württemberg angeschaut. Die Kleinstadt hat nur halb so viele Einwohner wie Dachau und leistet sich diese Art der Kulturförderung bereits seit 2001. Die aktuelle Ausschreibung läuft derzeit.

Rottweil, das sich selbst als älteste Stadt Baden-Württembergs bewirbt, will vor allem sehr junge Autoren ansprechen. Sie wohnen für drei Monate in einem Zimmer im Bischöflichen Konvikt. Mit dem Aufenthalt sind klare Aufgaben verbunden. "Der Aufenthalt in Rottweil mag inspirierend sein, ein Urlaub ist es mit Sicherheit nicht - dazu müssen die SchriftstellerInnen zu viele Termine absolvieren", heißt es auf der Homepage der Stadt.

Für Dachau möchte Stadtrat Sören Schneider zunächst nicht zu viele Bedingungen nennen. Doch auch er findet die Idee von Schreibwerkstätten, wie sie etwa in Rottweil dazu gehören, interessant. "Wir würden die Künstler nicht zu sehr einschränken wollen", sagt er. Idealerweise würden die Autoren natürlich an der Reihe "Dachau liest" teilnehmen oder auch außerhalb dieser Literaturtage Lesungen veranstalten. In Rottweil gehören literarische Stammtische und Diskussionen mit dem "Rottweiler Quartett" dazu.

Die Stadt Halle an der Saale, bekannt vor allem für ihre Händel-Festspiele, hat sich bereits kurz nach der Wende entschieden, Stadtschreiberstipendien zu vergeben. Seit 1991 erfolgte die Ausschreibung beinahe jährlich. Zunächst beschränkte man sich dabei auf die Förderung von Schriftstellern aus der Region. Seit 2017 dürfen sich Autoren aus ganz Deutschland bewerben. So fiel dann 2017 die Wahl auf die Jugendbuchautorin Anna Kuschnarowa aus Würzburg und 2018 auf den Wiener Lyriker Marko Dinic. Die Stipendiaten leben jeweils ein halbes Jahr in der Stadt.

In Dresden bleiben Stadtschreiber von Juni bis November, dürfen kostenfrei wohnen und erhalten 900 Euro im Monat. Erwartet wird, dass die Schriftsteller ihre Zeit "weitgehend" in Dresden verbringen, "die literarischen Traditionen dieser Kulturstadt bereichern und durch eigene Veranstaltungen der Bedeutung von Sprachkultur und Literatur Impulse verleihen". Konkret müssen sie aber nur eine Eröffnungslesung machen.

2016 hatte die sächsische Landeshauptstadt den Bachmann-Preisträger Peter Wawerzinek zu Gast. Der hatte schon Erfahrung, war vorher Stadtschreiber in Klagenfurt und Magdeburg. Wawerzinek war wohl auch einer der aktivsten und umtriebigsten Stadtschreiber. Er berichtete regelmäßig in Deutschlandfunk Kultur. Sein Ziel war damals, "Dresden von den Negativschlagzeilen zu befreien". Am Ende bekannte er allerdings ernüchtert: "Hat nicht funktioniert."

Die Dachauer SPD möchte sich einem Ein-Jahres-Rhythmus nicht anschließen. Ein Stadtschreiber alle drei Jahre genüge. "Es soll etwas besonderes sein." Anders als für die Ruckteschell-Stipendiaten soll es für die Schriftsteller einen richtigen Wettbewerb geben, erklärt Sören Schneider. Somit sei das Stipendium eher einem Literaturpreis verwandt. Den Musikern und bildenden Künstlern würden die Autoren nicht in die Quere kommen, sagt Schneider. Die Ruckteschell-Villa sei "nicht so überlaufen".

Üblicherweise finden die Städte Sponsoren für die Stipendien, örtliche Sparkassen etwa oder auch Stiftungen. Wie genau das Stipendium ausgestaltet und wie es dotiert sein könnte, dazu möchte die SPD-Fraktion einen Vorschlag von der Stadtverwaltung. Bisher hat sie neben der kostenfreien Wohnung ein "kleines vierstelliges Preisgeld" im Sinn. Der Verwaltungsvorschlag soll dann mit den Mitgliedern des Kulturausschusses diskutiert werden. Die SPD gehört zu den wenigen Fraktionen, die überhaupt Anträge im Kulturausschuss stellen. Ein Antrag zur Förderung junger Brauer durch ein jährliches Bier-Event fiel allerdings durch. Dafür hatte der Antrag auf einen Rückgabeautomaten an der Stadtbücherei Erfolg. Der Automat wurde im Mai 2018 installiert.

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