US-Regisseur:Darum geht es bei den Vorwürfen gegen Bryan Singer

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Bryan Singer weist die erneuten Vorwürfe zurück. (Foto: Matt Sayles/dpa)
  • Mehrere Männer behaupten, der Regisseur Singer habe sie als Minderjährige sexuell missbraucht.
  • Singer weist die Vorwürfe zurück; in einem Statement spricht er von Menschen, "die bereit sind, für Geld und Aufmerksamkeit zu lügen".
  • Ähnliche Vorwürfe tauchen seit Jahren auf. Im Dezember 2017 behauptete ein Mann, als 17-Jähriger vom Filmemacher vergewaltigt worden zu sein.

Von Jürgen Schmieder

Bryan Singer ist in dieser Woche nicht für den Oscar nominiert worden. Das ist einerseits überraschend, weil der Film "Bohemian Rhapsody" dann doch zu den besten des Jahres gehört und mit einem Academy Award ausgezeichnet werden könnte. Es ist dann aber auch wieder überhaupt nicht überraschend, weil die Verantwortlichen den Regisseur der Queen-Biographie bereits vor Fertigstellung des Films gefeuert haben. Im Dezember hatte es heftige Spekulationen gegeben, weil Singer nicht mehr zu den Dreharbeiten gekommen war: künstlerische Differenzen womöglich? Gesundheitliche Probleme? Ein Streit mit Rami Malek, als bester Hauptdarsteller übrigens für den Oscar nominiert?

Es gab ganz offensichtlich einen anderen Grund: einen Artikel im US-Magazin Atlantic, in dem heftige Vorwürfe gegen Singer erhoben werden. Gegen jenen Mann, dessen Filme wie The Usual Suspects, Valkyrie, Superman Returns oder vier Folgen der X-Men-Franchise an den Kinokassen mehr als drei Milliarden Dollar eingespielt haben und der deshalb zu den bekanntesten und auch mächtigsten Regisseuren in Hollywood gehört. Es geht in dem Artikel um Vergewaltigung und Sex mit Minderjährigen, und Singer wusste, dass es neue Enthüllungen über ihn geben würde.

Vorwürfe seit 1997

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Die Vorwürfe reichen zurück bis ins Jahr 1997. Mehrere Männer behaupten, damals mit Singer geschlafen zu haben oder von ihm missbraucht worden zu sein, obwohl sie damals minderjährig gewesen seien und Singer das gewusst habe. Ein mutmaßliches Opfer ist damals gerade mal 13 Jahre alt gewesen. Singer habe, wie der mittlerweile 34 Jahre alte Victor Valdovinos im Artikel zitiert wird, "meine Genitalien angepackt und damit masturbiert". Ein anderes mutmaßliches Opfer berichtet, im Jahr 2003 als damals 17-Jähriger von Singer vergewaltigt worden zu sein.

Ähnliche Vorwürfe gegen Singer tauchen seit Jahren auf. Im Dezember 2017 behauptete ein Mann, als 17-Jähriger vom Filmemacher vergewaltigt worden zu sein. Das Verfahren läuft derzeit noch. Im Artikel des Atlantic geht es auch darum, wie die Unterhaltungsindustrie einen Mann geschützt hat, der erfolgreich genug war, um sich quasi alles erlauben zu können.

Er wehrt sich öffentlich

"Ich weiß seit einiger Zeit, dass es einen negativen Artikel geben wird", schrieb Singer bereits im Oktober auf dem sozialen Netzwerk Instagram: "Die haben meine Freunde kontaktiert, meine Kollegen, und Leute, die ich noch nicht einmal kenne. In der heutigen Zeit werden Karrieren besudelt aufgrund von Anschuldigungen, dabei wird die Wahrheit mit Füßen getreten. Es werden Vermutungen aufgestellt, die völlig aus der Luft gegriffen sind und völlig verantwortungslos veröffentlicht werden."

Auch jetzt wehrte er sich öffentlich: Der Regisseur sprach in einem Statement von Menschen, "die bereit sind, für Geld und Aufmerksamkeit zu lügen".

Singer, 53, wird noch immer offiziell als Regisseur von "Bohemian Rhapsody" geführt, bei der Verleihung der Golden Globes - der Film wurde als bestes Drama ausgezeichnet - war er jedoch nicht anwesend, und es heißt, dass die Nicht-Berücksichtungung für die Oscars zumindest indirekt mit den Vorwürfen zu tun hat - weil er einerseits den Film nicht fertiggestellt habe, vor allem aber, weil die Oscar-Produzenten derzeit keinen Skandal gebrauchen können.

Dennoch gilt für Singer die Unschuldsvermutung. Auch in Hollywood. Er hat kürzlich einen Vertrag unterschrieben, für zehn Millionen Dollar die Adaption des Superhelden-Comicbuches Red Sonja zu verantworten. Pikantes Detail: Die Protagonistin dieser Geschichte ist sexuell missbraucht worden.

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