Pullach:Trügerische Idylle

Eine Ausstellung zieht Parallelen zwischen Pullachs NS-Siedlung und dem Obersalzberg

Von Michael Morosow, Pullach

Geschichtsunterricht kann sehr spannend sein, zumal wenn er außerhalb der Schule stattfindet. Zum Beispiel im Bürgerhaus Pullach, wo seit einer Woche die Ausstellung "Trügerische Idylle - Pullach und der Obersalzberg" gezeigt wird. Eine Schulklasse vom Otfried-Preußler-Gymnasium hat am Mittwoch die Ausstellung besucht, weitere würden folgen, und auch von der Jugendbildungsstätte Burg Schwaneck liege schon eine Anmeldung vor, sagte die Leiterin des Bürgerhauses, Hannah Stegmayer, die von einer insgesamt großen Nachfrage spricht.

Pullach: Zum Baubeginn des "Sonnenwinkels" 1936 stand kein Strauch.

Zum Baubeginn des "Sonnenwinkels" 1936 stand kein Strauch.

(Foto: Claus Schunk)

Die Ausstellung sei sehr gut angelaufen, berichtet auch Angelika Bahl-Benker, die Vorsitzende des Geschichtsforums Pullach, das neben der Gemeinde und dem Institut für Zeitgeschichte Mitveranstalter ist. Allein am vergangenen Sonntag seien circa 120 Besucher gezählt worden.

Die Ausstellung dokumentiert in vier Kapiteln die ähnliche Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Obersalzbergs und der Pullacher NS-Siedlung sowie die unterschiedliche Entwicklung beider Orte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Hier der Berghof am Obersalzberg, der zum "Führersperrgebiet" umgebaut wurde, dort die Siedlung "Sonnenwinkel" an der Pullacher Heilmannstraße, in der "die nationalsozialistische Utopie baulich umgesetzt werden sollte", wie es auf einem Flyer für die Ausstellung heißt.

Pullach: Noch bis in die 1960er-Jahre schützte viel Grün die BND-Spione vor neugierigen Blicken.

Noch bis in die 1960er-Jahre schützte viel Grün die BND-Spione vor neugierigen Blicken.

(Foto: Claus Schunk)

Dass beides Hitlers enger Vertrauter Martin Bormann in die Wege geleitet hatte und Bormann auch in anderen Dingen das verbindende Glied zwischen dem Obersalzberg und Pullach war, ist nur eine Gemeinsamkeit der beiden Orte. Die trügerische Idylle, die beide Orte ausstrahlten, während hinter den Mauern schlimmste Verbrechen vorbereitet und entschieden wurde, die andere. Ein umfangreiches Kapitel ist auch der Zeit nach Kriegsende gewidmet, da Pullach Sitz der "Organisation Gehlen", dem Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes, wurde, während sich der Obersalzberg zu einem Erholungsgebiet für US-Soldaten und Touristen entwickelte.

Pullach: Gleich am ersten Sonntag kommen 120 Besucher, um die Ausstellung anzuschauen.

Gleich am ersten Sonntag kommen 120 Besucher, um die Ausstellung anzuschauen.

(Foto: Claus Schunk)

Das Besondere an der Ausstellung ist die ständige Betreuung durch Mitglieder des Geschichtsforums. Zeit sollten die Besucher mitbringen. "Wer überfliegt, hat in einer Stunde alles gelesen", schätzt Hannah Stegmayer. Wer noch mehr wissen will, sollte am Mittwoch, 30. Januar, ins Bürgerhaus kommen, wo der Journalist Ulrich Chaussy erläutert, wie der Obersalzberg und die Pullacher NS-Siedlung zusammenhängen. Beginn des Vortrags ist um 19.30 Uhr. Die Ausstellung dauert noch bis Donnerstag, 7. Februar.

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