Russland-Affäre:Warum Trump-Freund Roger Stone auf der Anklagebank sitzt

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Roger Stone vor dem Gericht in Fort Lauderdale: Als sei er eben siegreich aus einer Schlacht heimgekehrt. (Foto: AP)
  • Am frühen Freitagmorgen haben FBI-Ermittler mit Waffen im Anschlag den langjährigen Trump-Berater festgenommen und Beweismittel gesichert.
  • In der 24-seitigen Anklageschrift von Sonderermittler Robert Mueller werden Stone Behinderung der Justiz, Falschaussagen vor dem Kongress und Zeugenbeeinflussung vorgeworfen.
  • Im Kern aber dreht sich alles um Stones Versuche, an Informationen über den Verbleib von Daten zu gelangen, die im Mai 2016 von Servern der demokratischen Partei gestohlen worden waren.

Von Thorsten Denkler, New York

Roger Stone steht vor dem Gericht in Fort Lauderdale, Florida, streckt beide Arme in Luft und spreizt Mittel- und Zeigefinger zum Victory-Zeichen. Als sei er eben siegreich aus einer Schlacht heimgekehrt. Dabei hat die Schlacht, wenn man im Bild bleiben will, für ihn gerade erst begonnen.

Am frühen Freitagmorgen, noch vor Sonnenaufgang, war ein gutes Dutzend FBI-Ermittler mit Waffen im Anschlag und kugelsicheren Westen ausgerüstet das Haus des Politikberaters eingedrungen. Sie haben den langjährigen Freund von Donald Trump kurzzeitig festgenommen und jede Menge Festplatten, Akten und andere Beweismittel aus dem Haus geschafft. Ein Aufgebot das zeigt: Hier geht es um mehr als ein nichtbezahltes Knöllchen.

Vom Gericht wurde Stone später gegen eine Kaution von 250 000 Dollar freigelassen. Er musste seinen Reisepass abgeben. Auf den Stufen zum Gericht warteten Reporter auf ihn. Und Demonstranten. Die Demonstranten riefen: "Sperrt ihn ein! Sperrt ihn ein!" Den Reportern sagte Stone, er werde auf nicht schuldig plädieren. Und auf gar keinen Fall werde er, um einen Deal mit dem FBI auszuhandeln, Lügen über den Mann erzählen, denn er wohl mit am meisten auf der Welt bewundert: US-Präsident Donald Trump.

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Trumps langjähriger Berater Roger Stone wird wegen Falschaussage und Zeugenbeeinflussung festgenommen. Er beschwert sich anschließend über das FBI und den Russland-Sonderermittler - und wird dabei ausgebuht.

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Stone dürfte Zeit gehabt haben, sich diese Sätze zurechtzulegen, denn völlig überrascht sollte er vom morgendlichen Besuch des FBI nicht gewesen sein. Seit Monaten halten sich Gerüchte, dass der Sonderermittler in der Russland-Affäre, Robert Mueller, auch gegen Stone vorgeht. Mueller untersucht, ob Trump oder dessen Wahlkampagne mit der russischen Regierung zusammengearbeitet hat, um die Wahl 2016 zu gewinnen.

Stone gehört, wie die bereits verurteilten ehemaligen Trump-Vertrauten Michael Cohen und Paul Manafort, zum inneren Zirkel von Trumps Netzwerk. Und das bis heute. Mit ihm hat sich Mueller besonders viel Zeit gelassen.

In der 24-seitigen Anklageschrift werden Stone diverse Vergehen vorgeworfen. Behinderung der Justiz etwa, Falschaussagen vor dem Kongress oder Zeugenbeeinflussung. Im Kern aber dreht sich alles um Stones Versuche, an Informationen über den Verbleib von Daten zu gelangen, die im Mai 2016 von Servern der demokratischen Partei gestohlen worden waren. Mitte Juni 2016 hatte die Partei erklärt, dass von der russischen Regierung beauftragte Hacker die Daten erbeutet hätten.

Die Daten wurden im Wahlkampf in mehreren Paketen auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht. Es handelte sich um E-Mails, die die damalige Präsidentschaftsbewerberin der Demokraten, Hillary Clinton, vor allem aber ihre Kampagne belasten sollten. In der Folge traten vier führende Mitarbeiter der Kampagne zurück, darunter Kampagnenleiterin Debbie Wasserman Schultz.

Roger Stone wusste verdächtig früh von den Wikileaks-Veröffentlichungen

Die Gerichtsakten legen jetzt nahe, dass in Trumps Kampagnen-Team schon vor der Veröffentlichung des ersten E-Mail-Paketes auf Wikileaks einige Personen wussten, dass für Clinton belastendes Material im Umlauf war. Zwischen Juni und Juli 2016 soll Stone gegenüber Trump-Mitarbeitern erwähnt haben, dass die gestohlenen Daten im Besitz von Wikileaks seien. Im Wahlkampf hatte er immer wieder auch öffentlich mit seinem angeblichen Wissen geprahlt, dass demnächst für Clinton belastende Daten veröffentlicht werden würden. Er hat sogar anklingen lassen, mit Wikileaks-Gründer Julian Assange persönlich gesprochen zu haben. Und sich später intern das Timing der Veröffentlichungen auf die Fahnen geschrieben. Die erste Charge war dann ab 22. Juli auf Wikileaks abrufbar.

Die Anklageschrift sagt nichts darüber aus, ob Trump selbst involviert gewesen ist oder ob sich Stone in dieser speziellen Sache strafbar gemacht hat. Aus dem Papier geht aber durchaus hervor, dass auf höchsten Ebenen der Trump-Kampagne ein Interesse an den gestohlenen Daten bestand. Nach der ersten Veröffentlichung am 22. Juli sei, so steht es in dem Dokument, ein ranghoher Trump-Mitarbeiter "angewiesen worden, Kontakt mit Stone bezüglich weiterer bevorstehender Veröffentlichungen" aufzunehmen und herauszufinden, "welche anderen belastenden Informationen Organisation 1 in Bezug auf die Clinton Kampagne hat". Mit "Organisation 1" ist Wikileaks gemeint.

Die Frage ist nun, wer diese Anweisung gegeben hat? Womöglich Trump selbst? Beide kennen einander schon lange. Stone hat Trump immer mal wieder in politischen Fragen beraten und war auch ganz am Anfang Teil von Trumps Wahlkampagne. Wegen inhaltlicher Differenzen verließ Stone das Team allerdings nach einigen Monaten wieder. Was aber nicht an ihrer Freundschaft rüttelte. Und auch nicht an Stones Bereitschaft, Trump als Berater zu dienen.

Insiderwissen oder "nur gut geraten"?

Auch weitere Details legen nahe, dass Stone Insiderwissen gehabt haben könnte: Es gibt einen Mailwechsel vom 4. Oktober 2016 zwischen ihm und dem damaligen Leiter der Trump-Kampagne, Steve Bannon. Darin erklärt Stone, dass die Wikileaks-Veröffentlichungen im Wochentakt erfolgen. Nur geraten, wie Stone jetzt behauptet.

Stone hatte in den Wochen vor der Wahl zudem über Twitter Kontakt zu einem Account namens "Guccifer 2.0". Von dem ist heute bekannt, dass sich hinter dem Pseudonym ein oder mehrere Personen verbargen, die dem russischen Geheimdienst zuzuordnen sind und wohl mit dem Diebstahl der Daten und deren Weiterleitung an Wikileaks zu tun hatten.

Und Trump? Der tat, was er immer tut, wenn mal wieder einer von seinen alten Getreuen wegen der Russland-Ermittlungen in Schwierigkeiten kommt: Er twitterte, das Ganze sei die " größte Hexenjagd in der Geschichte der Landes". Es habe "keine Geheimabsprachen" mit den Russen gegeben. Ob das stimmt wird womöglich der Bericht von Mueller zeigen. Er soll angeblich in absehbarer Zeit fertig sein.

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