Steuerermittlungen:Panama Papers? Nein, danke

Bundeskriminalamt in Wiesbaden

Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden hatte Ermittler aus 17 Ländern eingeladen - nur die Schweiz lehnte dankend ab.

(Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)
  • Im Zuge der Panama-Papers-Entwicklungen hat das Bundeskriminalamt Datenpakete zu Steuerbetrug und Korruption für Ermittler aus 17 Ländern zusammengestellt.
  • Allein die Schweizer Behörden wollen die angebotenen Daten nicht annehmen - obwohl sie viele Hinweise aus den aufgedeckten Skandalen betreffen dürften.

Von Thomas Knellwolf, Oliver Zihlmann und Frederik Obermaier

Am 20. September 2018 fand in Wiesbaden so etwas wie eine vorgezogene Weihnachtsbescherung für europäische Top-Ermittler statt. Auf Einladung des Bundeskriminalamtes (BKA) trafen sich Polizisten und Staatsanwälte aus 17 Ländern am Hauptsitz der Polizeibehörde. Für jeden Gaststaat lag eine Festplatte bereit. Darauf gespeichert waren Daten von Mossack Fonseca: jener panamaischen Skandalkanzlei, um die sich die Panama Papers drehten.

Ein anonymer Whistleblower hatte die Daten einst der Süddeutschen Zeitung zugespielt, später war das Bundeskriminalamt auch an Mossack-Fonseca-Daten gelangt. Nun sollten Ermittler aus der ganzen Welt jene Geschichten nachrecherchieren können, die etwa 400 Journalisten über Monate hinweg veröffentlicht hatten. Es ging darin um Steuerhinterziehung, Betrug und Korruption. Entsprechend griffen die Ermittler damals beim BKA zu.

Alle, bis auf einen: der Experte des Schweizer Bundesamtes für Polizei, kurz: Fedpol. Der Polizist erhielt Instruktionen aus Bern: Finger weg von den Panama Papers! Erst hieß es noch, die Schweizer Bundespolizei "prüfe", wie es weitergehe. Doch mittlerweile ist nach Recherchen von SZ und der Schweizer Mediengruppe Tamedia entschieden: Die Schweizer Behörden nehmen die angebotenen Daten nicht an - als einziges Land. "Wir können mitteilen, dass kein anderer Staat in der EU beziehungsweise der EU-assoziierten Staaten die Annahme der hiesigen Datenpakete verweigert hat", teilte das BKA mit.

Die Entscheidung verstärkt ein weiteres Mal den Eindruck, dass der Schweiz das vertrauliche Geschäft mit dem Geld aus aller Welt wichtiger ist als die Aufklärung von Straftaten. Dies ist besonders pikant, da in fast allen Skandalen, die durch die Panama Papers aufgedeckt wurden, Spuren in die Schweiz führten. So war es etwa im Fall des Cello-spielenden Putin-Vertrauten Sergei Roldugin, bei dem umstrittenen Unternehmer Beny Steinmetz und vielen anderen.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft begründet ihr Veto indes damit, an "gesetzliche Grundlagen betreffend Beweiserhebung und Beweisverwertbarkeit gebunden" zu sein. Von Privatpersonen erlangte Daten seien nur verwertbar, "wenn sie von den Strafverfolgungsbehörden auch rechtmäßig hätten erlangt werden können sowie darüber hinaus eine Interessenabwägung für deren Verwertbarkeit spricht." Dazu muss man wissen: Das BKA schweigt über die Herkunft; von der SZ haben die Ermittler die Daten nicht bekommen. In der Schweiz gebe es für Ermittler durchaus einen Ermessensspielraum, sagt David Zollinger, ein Ex-Mitglied der Aufsicht der Bundesanwaltschaft: "Das Gesetz regelt nicht, wie Bundesanwaltschaft oder Fedpol mit Beweisen umgehen dürfen, die von Privaten beschafft wurden."

Den Schweizer Ermittlern entgeht so wohl eine Menge Geld. Weltweit wurden aufgrund der Panama-Papers-Veröffentlichungen etliche Hundert Millionen Euro durch Strafzahlungen eingenommen. Dass die Unterlagen vielversprechend sind, ist längst bekannt: Journalisten fanden darin Informationen zu laufenden Verfahren, die den Schweizer Strafverfolgern offenbar fehlen. Oder, wie man nun wohl sagen muss: auch in Zukunft fehlen werden.

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