Ticketpreise:Die Bahn ist nicht zu billig, sondern zu teuer

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Der große Vorteil der Bahn, die Flexibilität, darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. (Foto: imago/Stefan Zeitz)

Die Forderung des Bahnbeauftragten Ferlemann ist falsch: Die Bahn braucht nicht höhere Ticketpreise, sondern ein besseres Angebot - und zwar auf Kosten des Bundes.

Kommentar von Caspar Busse

In Flugzeugen fast aller Airlines ist das heute Alltag: Da sitzt ein Passagier mit einem Billigticket für 39 Euro neben einem, der möglicherweise mehr als 300 Euro gezahlt hat - für dieselbe Strecke und dieselbe Leistung. Die Fluggesellschaften haben nämlich mittlerweile ein ausgeklügeltes System für ihre Ticketpreise, sie setzen dazu komplizierte und für viele Kunden undurchschaubare Algorithmen ein. Eine Grundregel: Wer besonders früh bucht, zahlt am wenigsten, wer kurzfristig dran ist, am meisten. Aber es gibt auch viele andere Kriterien. Das Ziel: Die Maschinen müssen möglichst voll werden, der Erlös dabei maximiert werden.

Es wäre ein großer Fehler, wenn auch die Deutsche Bahn dieses System übernehmen würde. Der große Vorteil der Eisenbahn ist es ja gerade, dass sie als Alternative immer verfügbar ist, bis kurz vor Abfahrt des Zuges. Diese von vielen geschätzte Flexibilität darf sie nicht aufs Spiel setzen. Die Bahnmanager sollten es den Passagieren leicht machen und ein einfaches und transparentes Preissystem anbieten.

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Für 19 Euro mit der Bahn quer durch Deutschland zu fahren, dürfe nicht der Normalfall sein, meint Enak Ferlemann, Bundes-Bahnbeauftragter. Er fordert höhere Ticketpreise, um Investitionen finanzieren zu können. Geht Bahnfahren nur teuer?

Vor diesem Hintergrund ist auch die Forderung des CDU-Politikers Enak Ferlemann falsch. Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr hat gefordert, dass die Bahn ihre Preise anheben und die Sondertarife reduzieren soll. Die Deutsche Bahn ist aber nicht zu billig, sie ist - gerade auch in Konkurrenz zu Fernbussen und Billigfliegern - noch immer zu teuer. Wer zum Beispiel von München nach Berlin fahren will, findet oft bei Flixbus oder Easyjet günstigere Angebote. Und die oft kritisierten 19-Euro-Tickets, mit denen die Bahn wirbt und mit denen sie leere Züge füllen will, sind nur selten erhältlich.

Höhere Ticketpreise auf breiter Front würden das große Ziel, möglichst viele Menschen in die Züge zu locken, die Bahn attraktiver zu machen und die Umwelt zu entlasten, konterkarieren. Viel wichtiger ist, das Angebot zu verbessern. Dazu gehören mehr Pünktlichkeit, mehr Züge auf attraktiven Strecken wie München-Berlin, schnellere Verbindungen, mehr Kundenservice.

Natürlich wird all das kosten. Doch die nötigen Investitionen dürfen nicht die Passagiere über höhere Ticketpreise zahlen, sondern die muss der Eigentümer der Deutschen Bahn tragen, und das ist der Bund. Der immerhin ist auch dafür verantwortlich, dass in den vergangenen Jahren bei der Bahn vor allem gespart wurde und möglichst hohe Gewinne ausgeschüttet werden sollten.

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