CSU:Markus Söder gibt Frontalunterricht

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Markus Söder zeigt sich am Montag zufrieden, als er erstmals als CSU-Chef, flankiert von Generalsekretär Markus Blume, die Sitzung eröffnet. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Teamgeist, Biss und Anwesenheit: In der ersten Vorstandssitzung skizziert der neue Parteichef seinen Führungsstil.

Von Wolfgang Wittl, München

Um 10.08 Uhr ertönt zum ersten Mal die Glocke des Parteivorsitzenden, mit der Markus Söder die neue Zeitrechnung in der CSU einläutet. "Scheint zu funktionieren", sagt er zufrieden. Auch sonst klappt alles so, wie der Chef sich das vorstellt. Wie am ersten Schultag nach den Ferien geht es am Montag in der Parteizentrale zu. Nach und nach trudeln die Mitglieder ein. Alle kennen sich, keiner weiß genau, was der neue Lehrer vorhat.

Eine Änderung lässt sich mit bloßem Auge erkennen. Alle Tische sind nach vorne gerichtet, direkt auf die Chefs. Unter dem Vorsitzenden Horst Seehofer saßen die Vorstandsmitglieder sich gegenüber, wer nach vorne schauen wollte, musste den Kopf drehen. Jetzt stehen die Tische in Reih und Glied, Frontalunterricht statt Grüppchenbildung. Mehr Konzentration erhofft sich Söder von der Sitzordnung, "die Sitzungen sollen kürzer werden".

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87,4 Prozent ist ein maues Ergebnis für einen Vorsitzenden, der die CSU zu alter Stärke führen soll. Söder muss nun beweisen, dass er Stimmungen nicht mehr ziellos hinterherläuft.

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Söder beginnt seinen Premierentag mit der ihm eigenen Energie. Schon um 7.30 Uhr trifft er in der Landesleitung ein. Er stellt sich Mitarbeitern vor, bespricht sich mit seinen Stellvertretern, wie Anwesende berichten. Zum ersten Mal seit drei Jahren wird auch eine Telefonschalte mit der CDU-Spitze arrangiert, die unter Seehofer und Angela Merkel eingeschlafen war. Es ist einer von vielen Bausteinen, um das Fundament der Unionsschwestern wieder stabiler werden zu lassen. An diesem Dienstag werden Söder und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gemeinsam in Berlin auftreten.

Eine, die kraft Amtes auch in der Besprechung des engsten CSU-Zirkels sitzen müsste, betritt die Parteizentrale erst später. In der Vorstandssitzung wird klar, warum. Daniela Ludwig wird ihr Amt verlieren. Söder schlägt Markus Blume zum Generalsekretär vor, seine Stellvertreterin Ludwig, 43, muss zugunsten eines anderen Bundestagsabgeordneten aus Oberbayern weichen. Mit Florian Hahn beruft Söder einen seiner engsten Vertrauten. Der kantige Hahn, 44, gilt in Söders Umfeld als sinnvolle Ergänzung zum Kopfmenschen Blume, er soll außenpolitisch Akzente setzen und die Kampagnenfähigkeit der Partei erhöhen. Dass die Parteispitze mit Hahn männlicher wird, obwohl Söder die CSU weiblicher machen will, nimmt er in Kauf, weil eine weitere Schlüsselposition an eine Frau geht.

Wie erwartet wird Carolin Schumacher zur Hauptgeschäftsführerin der CSU bestimmt. Sie löst Hans Michael Strepp ab, der als Amtschef ins Digitalministerium wechselt. Die Spitzenbeamtin Schumacher leitete zuletzt die Bayerische Vertretung in Berlin, sie gilt als durchsetzungsstark und organisatorisch versiert. Für die inhaltliche Ausrichtung dürfte allerdings eher Blume zuständig sein.

"Teamgeist heißt nicht Disziplinlosigkeit"

In der Vorstandssitzung skizziert Söder seinen Führungsstil. Er bitte um Mitarbeit, wünsche sich, "dass wir uns unterstützen und unterhaken", zitieren ihn Teilnehmer. Er stellt aber auch klar, was ihm nicht gefällt. "Teamgeist heißt nicht Disziplinlosigkeit." Dass der Parteitag mangels Beschlussfähigkeit vorzeitig beendet werden musste und die Fraktion im Landtag zuletzt eine Abstimmungsniederlage kassierte, weil so viele CSU-Abgeordnete fehlten, stieß ihm bitter auf. Anwesenheit sei Pflicht. "Die CSU braucht Biss", sagt Söder. Um die Disziplin zu erhöhen, sollen bei Parteitagen die Vorstandsmitglieder künftig wieder bei ihren Delegierten sitzen. Söders Worte kommen an: "Klare Ansprache, sehr strukturiert, richtig gut", lobt ein CSU-Mann nach der Sitzung.

Das Profil der CSU will Söder mit Arbeitsgruppen schärfen: Wirtschaft, Rente, Umwelt, Kultur, Digitalisierung und Außenpolitik - überall soll die Partei inhaltlich zulegen. Große Hoffnungen setzt die CSU in Manfred Weber, den Spitzenkandidaten für die Europawahl. Er steht bei der Pressekonferenz als einziger aller fünf Parteivizes neben Söder. Ein guter Start sei dessen erste Vorstandssitzung gewesen, lobt Weber, "wir wollen wieder Vertrauen zurückgewinnen". Die Abschlusskundgebung der christdemokratischen EVP-Fraktion werde am 24. Mai in München stattfinden, sagt Weber, denn vom europaweiten Finale in Bayern solle ein Signal ausgehen: "Der Kandidat denkt von seiner Heimat her."

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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