Bildung:Die flexible Einschulung soll so schnell wie möglich kommen

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Künftig können Mädchen und Buben ein Jahr später als bisher eingeschult werden. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Das will Schulminister Michael Piazolo. Die Lehrer fühlen sich überrannt.

Von Anna Günther, München

Kaum hundert Tage im Amt muss Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) seinen ersten Sturm meistern: Die Einführung des geplanten Einschulungskorridors löst an vielen bayerischen Grundschulen große Aufregung aus. Zugleich bezweifeln die Grünen im Landtag, dass es Piazolo wirklich ernst damit ist, den Stichtag zur Einschulung abzuschaffen und fordern rasch eine "klare Ansage".

Der Korridor soll mehr Flexibilität bringen. Bei allen Kindern, die zwischen 1. Juli und Ende September eines Jahres sechs Jahre alt werden, sollen künftig - nach Beratung durch die Schulen - die Eltern entscheiden, ob ihre Söhne und Töchter schon reif sind für die Grundschule. Oder noch ein Jahr länger im Kindergarten bleiben. Bisher sind in Bayern alle Kinder schulpflichtig, die am 30. September sechs Jahre alt sind.

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Sie bringen sogar Eltern und Lehrkräfte mit: Tausende Jugendliche haben am Freitag die Schule geschwänzt, um in Berlin für den Klimaschutz zu demonstrieren. Und zwar mit harschen Parolen.

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Wie sehr das Thema bewegt, zeigen 6100 Kommentare und 20 000 Unterzeichner der Online-Petition "Stoppt die Früheinschulung", die eine Münchner Mutter im Juni 2018 initiierte. Sie fordert, dass Eltern das letzte Wort haben. Schon Ende Juni 2018 hatte Piazolo den Einschulungskorridor in den Landtag eingebracht, damals noch als bildungspolitischer Sprecher einer Oppositionspartei. Jetzt ist er Minister und will unbedingt liefern: "Der Korridor steht im Koalitionsvertrag, die Leute wollen das unbedingt haben, also muss das jetzt zügig kommen", sagte er der SZ.

Am vergangenen Freitag stimmte der Ministerrat der Änderung des Unterrichtsgesetzes zu, am Montag ging der Gesetzesentwurf an die Verbände. Vielen Lehrern geht das alles zu schnell. Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), spricht von großem Ärger an den Grundschulen und von Leuten, die Schikane vermuten, zumal die Schulen gerade ohnehin unter Krankheitswellen und unbesetzten Stellen litten. "Weil er es versprochen hat, muss jetzt ein nicht ausgegorenes Konzept mit Vollgas ins Feld, aber das war noch nie gut", sagt Fleischmann. Die übereilte Einführung des G 8 sei nur ein Beispiel. Sie hofft, dass der Korridor erst 2020 kommt.

Problem der Lehrer ist die fehlende Planbarkeit: Die Informationsabende zur Einschulung laufen, im März müssen die Schulen erste Schätzungen ans Ministerium melden. Von der Zahl der Schüler hängt ab, wie viele Klassen gebildet und wie viele Lehrer benötigt werden. Falls aber bis zu einem Viertel der Kinder im Herbst doch nicht eingeschult wird, sondern im Kindergarten bleibt, wäre die Planung obsolet. "Die Kindergärten sind auch nicht darauf vorbereitet", sagt Fleischmann. Schon jetzt fehlen Erzieher. Schlimmer noch ist für Fleischmann, dass die Meinung vieler Eltern, Kinder müssten vor Schule geschützt werden, womöglich noch bestärkt wird.

Auch im Gesetzentwurf ist von möglichen "Verschiebungen bei den Fallzahlen" die Rede. Aber bisher seien 80 Prozent der Juli-, 70 Prozent der August- und 50 Prozent der Septemberkinder regulär eingeschult worden. "Ein Trend, wie Eltern ihr Entscheidungsrecht ausüben", sei nicht abzusehen, heißt es im Entwurf. Auch der Minister versteht die Aufregung nicht: Eltern würden wie bisher beraten und es sei unwahrscheinlich, dass alle Kinder zurückgestellt werden. Die Details zum Korridor will Piazolo am kommenden Freitag bekannt geben.

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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