Faszination American Football:"Mittlerweile schaue ich gar keinen Fußball mehr"

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Matthias Hacker verfolgte live ein Spiel seiner Lieblingsmannschaft der Pittsburgh Steelers in Amerika.

(Foto: Privat)

In Deutschland versammeln sich immer mehr Leute vor dem Fernseher, um nachts American Football zu schauen. Fans berichten, was sie am Super Bowl und der NFL so fasziniert.

Protokolle von Sina Götz

Am Sonntag treffen im 53. Super Bowl in Atlanta die New England Patriots auf die Los Angeles Rams. Im vergangenen Jahr sahen rund 103 Millionen Zuschauer weltweit das entscheidende Spiel um die Vince-Lombardi-Trophy live im Fernsehen. Der Super Bowl ist damit einer der größten Sportveranstaltungen der Welt. Allein in Amerika werden am Super-Bowl-Sonntag rund 4000 Tonnen Popcorn, 14 000 Tonnen Chips und 120 Millionen Liter Bier vertilgt. Solche Ausmaße nehmen die Super-Bowl-Partys in Deutschland noch nicht an. Der Hype um die Lieblingsportart der Amerikaner wird aber auch hierzulande immer größer. Fans und ein Spieler erklären uns, warum.

Lisa Spornraft, 23, Physiotherapeutin:

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Nach dem Darts ist vor dem Football. Lisa Spornraft (Mitte) und ihre Clique lieben den Super Bowl.

(Foto: Privat)

Meine Clique und ich sind richtige Sportfans. Von Darts bis Football - wir fiebern überall mit. Der Sonntagabend ist bei uns zum Sportabend mutiert. Meistens schauen wir die Spiele auf dem Beamer im Partykeller meiner Eltern. Auch regeltechnisch kenne ich mich inzwischen schon besser aus. Dieses Jahr habe ich Urlaub und kann den Super Bowl zum ersten Mal live sehen. Mit Maroon 5 tritt auch noch eine meiner Lieblingsbands bei der Halftimeshow auf. Bei Football stimmt einfach das ganze Programm: Sport, gemischt mit Entertainment. Das macht es für mich aus.

Niklas Schabert, 22, Avioniker:

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Niklas Schabert freut sich auf die Super-Bowl-Party in seinem Heimatort.

(Foto: Privat)

Vor zwei Jahren war ich mit Freunden in London beim NFL-Spiel der Minnesota Vikings gegen die Cleveland Browns. Als ich die Mannschaften live im ausverkauften Wembley-Stadion gesehen habe, hat mich das Football-Fieber so richtig gepackt. Seitdem verpasse ich kein Spiel mehr. Im Jugendzentrum in meinem Heimatort treffe ich mich mit meinen Freunden und schaue die Spiele an. Dann trinken wir Bier und diskutieren die Taktiken. Mittlerweile versteht auch jeder die Regeln, das braucht seine Zeit. Mein Highlight der Footballsaison ist unsere jährliche Super-Bowl-Party. Den Montag danach habe ich sicherheitshalber frei. Ein richtiges Lieblingsteam habe ich nicht. Eigentlich war ich für die Steelers oder die Saints. Die Saints wurden gegen die Rams von den Schiedsrichtern benachteiligt, deshalb gönne ich jetzt den Patriots den Sieg.

Benjamin Achter, 30, Spieler bei den Ingolstadt Dukes und hauptberuflich Lehrer:

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Benjamin Achter spielt seit 14 Jahren Football.

(Foto: Privat)

Vor 14 Jahren bin ich zum Football gekommen. Mich hat der harte Körperkontakt fasziniert. Und die Größe der Mannschaft. Das sind ganz andere Dimensionen als bei anderen Sportarten. Football ist extrem komplex. Das körperliche Geschick und Fitness spielen eine entscheidende Rolle. Wir in der GFL (German Football League) merken nicht viel vom NFL-Hype in Deutschland. Aber in der Schule bekomme ich dafür umso mehr davon mit. Meine Schüler werden immer interessierter. Sie tragen NFL-Caps und kennen mittlerweile auch Namen der Spieler. Natürlich gehöre auch ich zu den NFL-Fans. Die Spiele sind immer spannend und ausgeglichen, da macht das Zuschauen richtig Spaß. Mein Lieblingsteam - die Washington Redskins - sind leider nicht im Super Bowl dabei, aber den lasse ich mir trotzdem nicht entgehen und werde ihn mit meinem Team schauen.

Hubert Haas, 63, Inhaber eines Musiklabels:

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Hubert Haas ist schon seit vielen Jahren der Faszination Football verfallen.

(Foto: Privat)

Die jungen Leute zelebrieren die Footballabende mittlerweile, so was hätte ich mir auch gewünscht. Aber ich bin ein alter Hase, was das Fansein in Deutschland angeht. Mein erstes Spiel habe ich vor 37 Jahren gesehen. Und zwar live in San Francisco. Da hat mich die Faszination gepackt, wie euphorisch mir die Jugendlichen aus Kalifornien den komplizierten Sport erklärt haben. Wenn ich mir heute Bundesligaspiele der Bayern ansehe, dann kommt mir das fast schon vor wie in Zeitlupe. In einem Footballspiel ist so viel mehr los und es ist taktisch interessanter. Früher habe ich bei einer dubiosen Firma die NFL-Spiele auf VHS-Kassette bestellt. Einige Tage nach den Spielen habe ich mir dann die besten Spielzüge zu Hause angeschaut. Das muss ich heute zum Glück nicht mehr machen. Beim Super Bowl werde ich es handhaben wie die letzten Jahre: Die erste Halbzeit schaue ich an, die zweite nehme ich auf. Trotz meiner Liebe zu Football schlafe ich spätestens nach der Halbzeitshow ein.

Matthias Hacker, 31, Radiomoderator:

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Matthias Hacker verfolgte live ein Spiel seiner Lieblingsmannschaft der Pittsburgh Steelers in Amerika.

(Foto: Privat)

Im Supermarkt wurde ich vor Kurzem auf meine Steelers-Cap angesprochen. Man merkt, dass in Deutschland der Football-Hype größer wird. Ein paar meiner Mannschaftskameraden aus meinem Fußballverein haben mich vor vier Jahren mit dem NFL-Virus infiziert. Mittlerweile schaue ich gar keinen Fußball mehr. Ich glaube, ich wurde in den vergangenen Jahren einfach überdrüssig, mit all den Champions-League-, Pokal- und Bundesligaspielen. Die Footballsaison dauert nur ein halbes Jahr. Da ist die Vorfreude viel größer. Für mich als Sport wäre Football trotzdem nichts, das ist mir zu hart. Aber die Taktik, die Athletik und die Technik faszinieren mich. Gerade diskutierte ich noch mit meinen Freunden in unserer NFL-Whatsapp-Gruppe, was es bei unserer Super-Bowl-Party zu essen gibt. Letztes Jahr haben wir natürlich passend zur Teilnahme der Philadelphia Eagles Philly-Cheese-Steaks gemacht.

Rebecca Bauer, 29, Projektmanagerin bei der Super-Bowl-Party in der TonHalle München:

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1200 Footballfans finden in der Münchner Tonhalle Platz.

(Foto: Privat)

Die letzten Jahre hat sich die Fanszene enorm entwickelt. Vor elf Jahren waren zwei Bierbänke besetzt, nun haben rund 1200 Leute in der Münchner TonHalle Platz. Man merkt, dass unsere Gäste richtige Football-Fans geworden sind. Voll ausgerüstet mit Trikots und Caps, reservieren viele schon vorzeitig ihre Plätze, wir haben auch Stammgäste, die jedes Jahr dabei sind.

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