Schüler für den Klimaschutz:Informieren statt demonstrieren

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Unterricht schwänzen ist verboten, auch wenn es einem guten Zweck dient. Das Effner-Gymnasium findet einen Kompromiss

Von Anna-Elisa Jakob, Dachau

Um für den Klimaschutz und ihre Zukunft zu demonstrieren, gingen in den vergangenen Wochen bayernweit mehrere tausend Schüler auf die Straßen, in München versammelten sich allein am vergangenen Freitag etwa 3500 Demonstranten am Marienplatz. Im Landkreis Dachau beobachten die Schulleiter bislang jedoch ein geringes Interesse unter den Schülern, Anträge zur Befreiung während der Schulzeit hätten nur Einzelne gestellt.

"Für die erste Demo hat ein Schüler diese als Grund auf seine Entschuldigung geschrieben", sagt Erwin Lenz, Schulleiter des Ignaz-Taschner-Gymnasiums in Dachau. Zuvor habe die Schülervertretung bei ihm angefragt, ob es möglich wäre, Schüler aufgrund der Demonstrationen vom Unterricht zu befreien - der Schulleiter hat sich dem aber strikt entgegen gestellt. Eine Befreiung für die Demonstrationen werde es vonseiten der Schule nicht geben. Der oben genannte Demonstrant - der einzige, der der Schulleitung bislang bekannt ist - erhielt eine Belehrung. Geht er noch einmal während der Schulzeit auf eine Demonstration, muss er mit weiteren Strafen rechnen.

Doch hier stehen die Schulen vor einem Problem: "Wenn sich Schüler krank melden und dann auf die Demo gehen, können wir das natürlich nicht überprüfen", erklärt Peter Mareis, Schulleiter des Josef-Effner-Gymnasiums. Auch an seiner Schule hätten sich nur wenige Schüler mit ihm in Verbindung gesetzt, um einen Antrag zu stellen, die Demo während der Schulzeit besuchen zu dürfen. Nach Vorgabe des Kultusministeriums könne er einen solchen Antrag nicht genehmigen, so Mareis.

Vorbild der weltweiten Schülerstreiks ist die Schwedin Greta Thunberg: Die 16-Jährige bezeichnet sich selbst als Umweltaktivistin und erregte mit ihrem Schulstreik gegen die Klimapolitik der Erwachsenen weltweites Aufsehen. Sie gehe freitags nicht zur Schule, sondern demonstriere für den Klimaschutz, teilte die Schülerin auf den sozialen Netzwerken mit. Unter dem Hashtag #FridaysForFuture machen es ihr viele nach. Doch haben Schüler das Recht zu streiken? Das bayerische Kultusministerium verweist auf die Schulpflicht, die Schulleiter im Landkreis stimmen zu. "Für mich regelt das die Schulpflicht ganz klar", erklärt Angelika Rogg, Leiterin der Realschule in Dachau. Dass Schüler für ihre Zukunft demonstrieren, finde sie grundsätzlich eine gute Sache. "Doch ich frage mich, ob genauso viele demonstrieren würden, wenn es nicht während der Schulzeit wäre", sagt die Schulleiterin.

All das beschreibt das Dilemma, in dem sich die Schulen befinden: Wie sollen Schüler sanktioniert werden, die sich gegen die Politik der Erwachsenen wehren und sich für ihre Zukunft einsetzen möchten? Peter Mareis möchte gemeinsam mit den Lehrern des Josef-Effner-Gymnasiums eine neue Strategie ausarbeiten, um an dieser Stelle eine geeignete Balance zwischen Dialog und Disziplin zu finden. "Wir könnten einen Verweis erteilen, aber das tun wir nicht", sagt der Schulleiter.

Schüler, die während der Unterrichtszeit eine Demo besucht hatten, müssen an zusätzlichen Unterrichtsstunden am Nachmittag teilnehmen. Diese sollen sich den Themen widmen, die die demonstrierenden Schüler umtreiben: Geografie- und Biologie-Lehrer werden über Klimawandel und Klimaschutz sprechen. Ethik- und Sozialkunde-Lehrer sollen die Schüler über das Streikrecht aufklären und sich mit der Frage beschäftigen, wieso das nicht auch für Schüler während der Unterrichtszeit gelten darf - und wie sie selbst in solchen Situationen reagieren können, um sich auch als Minderjährige für ihre Rechte und bürgerlichen Überzeugungen einzusetzen.

Der Workshop soll aber nicht nur als Strafe dienen, sondern für alle interessierten Schüler angeboten werden. Es ginge darum, dass sich die Schüler weiter Gedanken um das Thema machen und dabei merken, dass es neben dem Streik auch andere Möglichkeiten gebe, sich für den Klimaschutz zu engagieren, erklärt Schulleiter Mareis. Er fügt hinzu: "Wir freuen uns, dass die jungen Menschen der Politik klar ihre Meinung sagen. Wir wollen sie ja zu mündigen Bürgern bilden." Dass das allerdings nicht während der Schulzeit passieren dürfe, müsse er als Schulleiter deutlich vermitteln.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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