Immobilien:Jeder ist von der Grundsteuer betroffen

Die Reform der Abgabe birgt Zündstoff, denn sie entscheidet mit, wie teuer das Wohnen wird. Gut, dass es nun einen Minimalkonsens gibt.

Kommentar von Cerstin Gammelin

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer - aber Hoffnung darauf. So ist es auch mit der Grundsteuerreform und dem gerade zwischen Bund und Ländern erzielten Minimalkonsens dazu. Gemessen an der komplizierten Aufgabe, die Abgabe auf fast 36 Millionen Grundstücke zu reformieren, sind die Finanzminister nun einen wichtigen Schritt vorangekommen und haben sich auf eine Arbeitsgrundlage geeinigt. Das bewahrt die Chance, dass eine Reform bis Jahresende gelingt. So gut die Nachricht klingt, sie heißt auch: Sicher ist das nicht.

Die Herausforderung ist gewissermaßen eine dreidimensionale. Sie betrifft wirklich jeden Bürger, der wohnt. Alle zahlen Grundsteuer, unabhängig davon, ob sie in einer Mietwohnung leben oder in einem eigenen Haus. Und weil es um das Grundbedürfnis Wohnen geht, birgt die Reform gewaltigen Zündstoff. Stiege die Grundsteuer durch die Reform an, stiegen auch die Kosten fürs Wohnen. Die aber sind, gerade in Großstädten, schon heute ein Problem. Kein Politiker will dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie weiter anwachsen.

Die zweite Dimension betrifft die Kommunen. Sie sind auf die Einnahmen aus der Grundsteuer angewiesen. Sie ist neben der Gewerbesteuer eine wichtige Einnahmequelle von Städten und Gemeinden, spült ihnen rund 14 Milliarden Euro jährlich in die Kassen. Das Geld ist natürlich verplant. Deshalb schwebt die Grundsteuerreform wie ein Damoklesschwert über Städten und Dörfern. Gibt es bis Ende 2019 kein neues, gültiges Gesetz, fällt sie ab 1. Januar 2020 weg. Ersatzlos.

Das Bundesverfassungsgericht hat gut daran getan, die kurze Frist samt der bedrohlichen Konsequenz zu setzen. Ohne den Druck der Vorgaben würden Berlin und die Länder es wohl kaum schaffen, sich auf eine Reform zu verständigen. Man erinnere sich nur an das ewige Gestreite um die Erbschaftsteuerreform.

Möglichst keine Änderungen, vor allem finanziell

Das Bemerkenswerte an dem Minimalkonsens von Bund und Ländern ist, dass er vor allem diesen Geist atmet: Es soll sich so wenig wie möglich ändern, insbesondere finanziell. Dafür ist der Bundesfinanzminister sogar zu finanziellen Zugeständnissen bereit. Olaf Scholz verschließt sich nicht, einzelne Härtefälle abzufedern. Zusätzlich sollen die Länder betroffener Kommunen über den Finanzausgleich entschädigt werden.

Haben sich die Regierenden also wieder zulasten des Steuerzahlers geeinigt? In gewisser Weise schon. Aber wichtiger ist in diesem Fall, dass die Großzügigkeit von Scholz dazu beigetragen haben wird, sich mit den Ländern überhaupt auf eine Arbeitsgrundlage zu einigen. Und die wiederum ist ein akzeptabler Ansatz. Wie bisher soll sich die Grundsteuer auch weiter an Lage und Gebäudewert orientieren. Die beiden Indikatoren sollen anhand pauschaler Werte und Mieten bestimmt werden; nicht individuell für jede Wohnung. In München-Bogenhausen würden also 100 Quadratmeter höher bewertet als in Vorpommern. Das ist gerecht.

Bei allem Gezerre, was wohl von Bayern noch ausgehen wird, darf nicht vergessen werden: Das allerletzte Wort darüber, wie viel Grundsteuer jeder Haushalt zahlt, haben die Bürgermeister. Sie entscheiden schlussendlich über den sogenannten Hebesatz, - also einen Faktor, den sie selbst festlegen dürfen- wie viel Grundsteuer die Bürger bezahlen. Man kann es auch so sagen: Gelingt die Reform, gelingt ein föderales Meisterstück.

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