Deutsche Bank:"Das ist nichts, was wir tracken"

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Der Geldwäschebeauftragte der Deutschen Bank steht den EU-Parlamentariern Rede und Antwort - und sagt dabei wenig. Die Abgeordneten in Straßburg sind empört über den Auftritt.

Von Jan Willmroth und Markus Zydra, Brüssel/Frankfurt

Man ist immer gut beraten, bei einem Auftritt vor Parlamentariern etwas Demut walten zu lassen. Schon gar, wenn es sich um einen Sonderausschuss handelt, ganz besonders, wenn dieser "EU-Fachausschuss für Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung" heißt. Öffentliche Empörung ist bei diesen Themen sicher. Da saß er also, Stephan Wilken, 50, Geldwäschebeauftragter der Deutschen Bank. Dunkler Anzug, weißes Hemd, dezente Krawatte. Die Haare raspelkurz, die Stirn hoch, die Hände gefaltet, das Kinn darauf aufgelegt, den Kopf leicht nach unten gesenkt.

Eigentlich war Konzernchef Christian Sewing eingeladen, doch der schickte den kaum bekannten Wilken, dessen Name auf dem Schild im Plenum falsch geschrieben war. Die Anhörung vor dem EU-Ausschuss ist eine freiwillige Veranstaltung. Kein Verhör, keine Vorladung. Ein lockerer Gesprächsrahmen. Doch das Thema war heikel. Die Parlamentarier wollten Grundsätzliches erfahren am Montagabend im Europäischen Parlament in Brüssel. Etwa: Was hat die Deutsche Bank getan, um Geldwäsche wie im Fall der dänischen Danske-Bank künftig zu verhindern? Wie viele Mitarbeiter hat sie wegen der kriminellen Aktivitäten entlassen? Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen, erbat zu Letzterem eine Zahl. "Eine kleine Anzahl", wandt sich Wilken. Der Politiker hakte nach: Die Zahl? Wilken schüttelte den Kopf: Wisse er nicht. "Das ist nichts, was wir tracken", sagte er.

Diese Episode beschreibt das Flair der Veranstaltung recht akkurat. Ob die Deutsche Bank im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Cum-Ex-Geschäften jemals eine Selbstanzeige erstattet hat? Wilken ignorierte die Frage, indem er zu anderen Themen Stellung bezog, auch auf Englisch. Niemand bei der Deutschen Bank sei daran interessiert, für Finanzkriminalität missbraucht zu werden, sagte er. Die Bank wolle künftig kein schlechtes Beispiel mehr geben. Diesen Vorsatz wollte man in dem Moment gar nicht hören. "Selbstanzeige?" Wilken, irritiert: "Davon weiß ich nichts."

Allerdings wusste er zu berichten, dass die Deutsche Bank in den vergangenen zwei Jahren die Geschäftsbeziehung zu 40 Prozent ihrer Partner im Korrespondenzbankengeschäft beendet und sich aus mehreren EU-Ländern zurückgezogen habe. Für die estnische Filiale der Danske Bank, die im Zentrum des größten Geldwäscheskandals der europäischen Geschichte steht, hatte das Frankfurter Institut bis 2015 Geschäfte in einem Volumen von rund 150 Milliarden Euro abgewickelt und die Zusammenarbeit vergleichsweise spät beendet. Inzwischen interessieren sich die US-Notenbank Fed und die deutsche Finanzaufsicht Bafin für die Rolle der Deutschen Bank im Fall Danske.

Rückfragen: Wie eng waren denn die Beziehungen zur Danske Bank, die im Zentrum des größten Geldwäscheskandals der Geschichte steht? Über Kundenbeziehungen dürfe er nichts sagen, meinte Wilken. Ein Parlamentarier verriet, er sei seit -zig Jahren Kunde und Aktionär der Bank und wundere sich, wie regelmäßig immer neue Vergehen bekannt würden. Wilken, seit 25 Jahren bei der Deutschen Bank, entgegnete, er sei auch Aktionär und nicht zufrieden. Aber die Bank habe Konsequenzen gezogen. So kümmerten sich nun exakt 1650 Mitarbeiter der Bank um den Kampf gegen Finanzkriminalität, viel mehr als früher.

Dann war es geschafft. Wilken nahm seine gelbe Mappe, schüttelte zum Abschied ein paar Hände und ging. EU-Parlamentarier Giegold hatte ihm kurz vorher gesagt: "Sie haben hier die verschlossenste Position eingenommen, die ich in diesem Ausschuss je erlebt habe."

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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