Starnberger See:Die mehr als 100 Jahre alte Lindenallee soll gefällt werden

Starnberger See: Die Lindenallee zwischen Seeshaupt und dem Schloss Seeseiten ist gefährdet.

Die Lindenallee zwischen Seeshaupt und dem Schloss Seeseiten ist gefährdet.

(Foto: Arlet Ulfers)

Ein Sachverständiger hat Schäden an 28 Bäumen zwischen Seeshaupt und Bernried entdeckt. Bürger und Urlauber wollen sie erhalten.

Von Manuela Warkocz

Vielfältige Reaktionen hat die Ankündigung von Bürgermeister Michael Bernwieser ausgelöst, dass die mehr als 100 Jahre alte Lindenallee zwischen Seeshaupt und dem Schloss Seeseiten aus Sicherheitsgründen gefällt werden soll. Nicht nur Seeshaupter und Bernrieder machen sich für den Erhalt der historischen Allee im Landschaftsschutzgebiet stark, unterstützt vom Bund Naturschutz, sondern auch aus Ingolstadt und Freising haben sich Menschen beim Verschönerungsverein gemeldet. Sie kennen die Allee an der Tutzinger Straße von Urlauben her und sorgen sich nun um sie. Ein Gutachter hat 28 Bäume als so morsch eingestuft, dass sie beseitigt werden sollen. Der Rathauschef sowie die Untere Naturschutzbehörde des zuständige Landkreises Weilheim-Schongau, die die Fällungen genehmigen muss, äußerten sich am Montag zurückhaltend. Entschieden sei noch gar nichts.

"Wir fragen uns, ob die Schäden wirklich so schlimm sind, dass alle Bäume weg müssen", sagt der Vorsitzende des Verschönerungsvereins, Wolfgang Franz. Die Nachricht habe über Seeshaupter Gemeindegrenzen hinaus große Wellen geschlagen, etwa bei Urlaubern vom Campingplatz. Der Verein wolle alles tun "für Bäume, die erhaltungswürdig sind". Der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Helmut Hermann, fordert eine artenschutzrechtliche Vorprüfung. Er schlägt vor, die Allee wie in Seefeld als Naturdenkmal auszuweisen. Dann übernehme das Landratsamt Unterhalt und Sicherung. Für Privatleute und Bauern sei das nicht tragbar. "Aber leider ist unser Landkreis da schlecht aufgestellt", bedauert Biologe Hermann.

Aus der Nachbargemeinde Bernried meldet sich Christina Voormann vom "Bernrieder Vorsprung" zu Wort, der dort historische Bäume bewahrt hat. Sie habe viele Anrufe und Mails wegen der angekündigten massiven Fällung erhalten, berichtet sie. Ihrer Erfahrung nach ließen sich mit verschiedenen Verfahren Bäume sichern und retten. In einem Schreiben an Bernwieser bietet sie Kooperation und Kontakte zu Experten an. 33 Bäume der Lindenallee hat der Tölzer Forstsachverständige Gerhard Schmutz begutachtet. Er wurde eingeschaltet, nachdem ein Sturm im Dezember eine Linde stark in Mitleidenschaft gezogen hatte.

Am 28. Dezember besichtigte der zertifizierte Baumkontrolleur die Bäume vom Boden aus, wie er der SZ sagte; am 16. Januar untersuchte er die bis zu 25 Meter hohen Exemplare einzeln mit einem Hubsteiger. Bei der vom Sturm beschädigten Linde und zwei weitere Bäumen riet der Gutachter zum sofortigen Fällen. Das genehmigte die Untere Naturschutzbehörde, die drei Linden sind beseitigt. Schmutz spricht von "Glück, dass die Natur uns mit dem abgebrochenen Stämmling einen Hinweis auf eine Vielzahl gefährlicher Fehler" an den Bäumen gegeben habe.

Der Fachmann entdeckte "Zwieselnähte", bei denen aus einem Stamm ein weiterer wächst und die als Schwachstellen gelten. Er spricht von Hohlräumen, Rissen, Pilzbefall, tiefer gehender Fäule und jungen Bäumen, die sich auf den Linden angesiedelt hätten - Gründe für eine dringende Fällanordnung. Eine Ursache für die Schäden sieht der Forstwirt darin, dass die Linden "viel zu eng aufeinander stehen". Einzelne befand er für intakt. Sie könnten stehen bleiben.

Bürgermeister Bernwieser versichert am Montag, dass es ihm "wehtut, wenn wir Hand an die Allee legen müssen". Er könne die alte Verbindungsstraße nach Bernried aber nicht einfach sperren lassen, um der Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde genüge zu tun. Denn Radler und Autofahrer ignorierten Absperrungen, wie sich mehrfach gezeigt habe. Was Bernwieser ärgert ist, dass die Gemeinde nach der Freigabe der neuen Umgehungsstraße die Allee vom Straßenbauamt Weilheim übernommen habe - mit der Zusicherung, dass die Bäume in Ordnung seien. Augenscheinlich sei aber nur Totholz entfernt worden.

Jetzt sei Seeshaupt mit den Eigentümern von Schloss Seeseiten - der Familie von Finck - verantwortlich. Denn etliche Bäume stehen genau auf der Gemeindegrenze. Seeshaupt hat erst am Montag den Fällungsantrag im Landratsamt eingereicht, die Behörde noch nicht darüber befunden. Das Baumgutachten kann man zu den Geschäftszeiten des Rathauses im Vorzimmer des Bürgermeisters einsehen. Veröffentlichen will es der Rathauschef nicht, damit möglicherweise ein Gegengutachter nicht beeinflusst wird.

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